Noah liess sich nicht aufhalten

1. Mose 6,5.9.12

In der Bibel sind die Lebensbeschreibungen der Männer Gottes oft sehr kurz, aber dennoch eindrücklich. So beginnt der Bericht über Noah erst bei seinem Alter von rund fünfhundert Jahren (1. Mo 5,32), aber gleich mit einem schönen Zeugnis des Heiligen Geistes: «Noah war ein gerechter, vollkommener Mann unter seinen Zeitgenossen; Noah wandelte mit Gott» (1. Mo 6,9).

Wie später Abraham, von dem gesagt wird. «Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet» (Röm 4,3), war auch Noah durch Glauben an Gottes Aussprüche zu dieser Gerechtigkeit gelangt. Weil er im Glauben mit Gott verbunden war, begehrte er von Herzen, die ihm so geschenkte Gerechtigkeit alle Tage praktisch auszuleben, indem er Ihm gehorchte, gemäss dem, was Gott bis dahin offenbart und mitgeteilt hatte. Deshalb konnte der Heilige Geist von Noah aussagen, dass er «ein gerechter, vollkommener (untadeliger, redlicher) Mann war unter seinen Zeitgenossen». In Hesekiel 14,14 und 20 wird er wegen seiner Gerechtigkeit an die Seite von Daniel und Hiob gestellt.

An welchem Zeitpunkt seines Lebens er sich Gott zuwandte, wird uns nicht gesagt. Wir wissen nicht, wann er begann, «aus Glauben zu leben». Möglich ist aber, dass er dies schon von Jugend an tat. Denn er gehörte nicht zum Geschlecht Kains, das Gott den Rücken zugewandt hatte (1. Mose 4), sondern zur Linie der Vorfahren, die die Kunde von Gott, dem Schöpfer und Erhalter der Menschen, vom Vater zum Sohn weitertrugen (1. Mose 5). Wenn von Henoch gesagt werden konnte, dass er nach der Geburt seines ersten Sohnes dreihundert Jahre lang, bis zu seiner Entrückung, mit Gott gewandelt habe (Vers 22), so wird von Noah noch im Alter von fünfhundert Jahren dasselbe bezeugt.

Niemand denke, der Pfad des Glaubens in der damaligen Welt sei weniger schmal und schwierig gewesen. Die Zeitgenossen Noahs wandelten auf dem breiten Weg, der zum Verderben führt. Die Menschheit war reif zum Gericht. Als die Flut kam, waren seine Vorväter gestorben, und es gab ausser seiner eigenen Familie keine Menschen mehr, die Gott glaubten. Am Tag des Einzugs in die Arche waren es nur acht Personen, die sich dadurch retten liessen.

Unser Herr Jesus beschrieb das Leben der Zeitgenossen Noahs mit den Worten: «Sie assen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet, bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging» (Lk 17,27). Ist denn das verkehrt? Das taten die Söhne Noahs ja auch! So mögen wir denken. Aber die anderen lebten ohne Gott, nach dem eigenen Willen, nach den Beweggründen des verdorbenen Fleisches. Schlimm war auch, dass sie sich nicht vor dem kommenden Gericht warnen liessen. Das Wort Gottes durch Noah verwarfen sie. Sie liessen sich in ihrem Leben der Gottlosigkeit, das ihnen so normal schien, durch seine Weherufe nicht stören. – Sind nicht auch Gläubige unserer Tage oft in Gefahr, das Tun der Kinder dieser Welt in seinen ansprechenden Formen als normal und harmlos und schön zu bezeichnen und es nachzuahmen?

Wie nötig haben wir doch, unsere so leicht abweichenden Ansichten allezeit dem unwandelbaren Urteil Gottes über die Welt, die seinen Sohn verworfen hat, angepasst zu halten! Für Ihn gibt es im Leben der Sünder, die ohne Ihn wandeln, keine harmlosen Dinge, keine Helligkeitsskala von hellgrau bis schwarz. Die in Römer 3 durch seinen Geist inspirierten Worte sind deutlich: «Alle sind abgewichen … da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer … es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen.» So lesen wir im Neuen Testament, und so war es auch zur Zeit Noahs: «Der HERR sah, dass die Bosheit des Menschen gross war auf der Erde, und alles Gebilde seines Herzens nur böse den ganzen Tag … alles Fleisch hatte seinen Weg verdorben auf der Erde» (1. Mo 6,5 und 12).

Das also war die Umgebung, in der Noah lebte. Im Kreis solcher Menschen begann er, Gottes Auftrag auszuführen: «Durch Glauben bereitete Noah, als er einen göttlichen Ausspruch über das, was noch nicht zu sehen war, empfangen hatte, von Furcht bewegt, eine Arche zur Rettung seines Hauses, durch die er die Welt verurteilte …» (Heb 11,7). Und dieses Werk nahm ihn manche Jahrzehnte lang, Tag für Tag, voll in Anspruch. Dadurch war er eine deutliche Predigt gegenüber den Menschen rings um ihn her: von ihrem Verderben, vom göttlichen Gericht über die unbußfertigen Sünder, von der möglichen Rettung durch die Arche.

So war Noah durch Gnade ein Licht unter seinen Zeitgenossen. Aber damals wie heute haben die Menschen «die Finsternis mehr geliebt als das Licht» (Joh 3,19-21). Statt in sich zu gehen und Buße zu tun, greifen sie die an, die selber in das göttliche Licht gekommen sind und es verbreiten. «Das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit» (1. Kor 1,18). Für ungezählte Tausende um uns her ist das so, und viele sagen es offen.

Doch Noah liess sich weder durch den Widerspruch der Sünder, noch durch ihre raffinierten, geistreichen Einwände, noch durch ihren Hohn und ihre Verachtung aufhalten. Als noch nichts von der Flut zu sehen war, baute er in einfachem Glauben unentwegt an der Arche weiter, Jahrzehnte um Jahrzehnte.

Wäre sein Blick nicht Tag um Tag voll Vertrauen auf Gott gerichtet gewesen, hätte er das ihm aufgetragene Werk bald unterbrochen. Wie leicht hätte, statt der Güte Gottes, die Welt und was in der Welt ist, in irgendeiner Form manchmal sein Herz erfüllen können, und dann wäre seine «Predigt» solange wirkungslos gewesen oder ganz verstummt. Denn wer vermag gegen die Welt zu zeugen, wenn sie sein Inneres beherrscht? Doch Noah wandelte mit Gott. Er war in der ganzen Zeitspanne ein Prediger der Gerechtigkeit (2. Pet 2,5) und hielt sich gleichzeitig vom bösen Treiben der Menschen um ihn her abgesondert, bis er in die Arche einging und die Flut kam.

Wenn wir bei diesem Mann Gottes mit Staunen wahrnehmen, wie treu er seine Aufgabe in der Welt ausführte und sich von ihr bis zum Ziel in keiner Weise aufhalten oder ablenken liess – dann fragen wir uns als Gläubige: gleichen wir ihm?

Auch wir sind «aus der gegenwärtigen bösen Welt» herausgenommen (Gal 1,4). Der Herr Jesus sagt von uns: «Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin» (Joh 17,14). Das ist unsere Stellung hier auf der Erde, die wir praktisch verwirklichen, wenn wir «mit Gott wandeln». Anderseits will uns die Liebe Christi drängen. Angesichts des herannahenden Gerichts über diese Welt, dessen Schatten immer dunkler werden, will Er uns hier benützen als «Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!» (2. Kor 5,14 und 20).

Wie können wir in Treue in dieser Stellung ausharren und diesen Dienst tun? Nur dann, wenn wir in unseren Herzen ohne Unterbruch den vertrauten, persönlichen Umgang mit unserem Herrn pflegen. Er sagt uns: «Bleibt in mir und ich in euch … denn ausser mir könnt ihr nichts tun» (Joh 15,4.5).