Seid nicht besorgt! Fürchtet euch nicht! Seid nicht in Unruhe!

Einleitung

Das Lukas-Evangelium stellt uns den Herrn Jesus als Sohn des Menschen vor. Als solcher hat Er in seinem Leben auf der Erde das ganze Elend des in Sünde gefallenen Menschen aus Erfahrung kennen gelernt, obwohl Er ohne Sünde ist. Deshalb kann Er vollkommenes Mitgefühl mit uns in unseren Erprobungen haben. «Denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde, vermag er denen zu helfen, die versucht werden» (Heb 2,18). Aus diesem Grund entfaltet uns dieses Evangelium wiederholt die Gnade Gottes gegenüber dem Sünder.

Dieses Buch des Neuen Testaments spricht auch am häufigsten von der Freude. Es geht nicht um die Freude an den Umständen, die oft keinen Anlass dazu geben. Es ist die Freude im Herrn, der uns sein göttliches Mitgefühl und seine Gnade bezeugt. Das Lukas-Evangelium ist sozusagen eingerahmt von den Ausdrücken «grosse Freude» und «mit grosser Freude». Der erste wird bei der Geburt des Herrn erwähnt. Den zweiten finden wir nach seiner Aufnahme in die Herrlichkeit, nachdem Er das Werk der Erlösung vollbracht hatte (Kap. 2,10; 24,52).

Es ist daher nicht erstaunlich, dass wir in diesem Evangelium der Gnade und des Mitgefühls im Grundtext siebenmal das Wort Sorge/besorgt sein (Substantiv oder Verb) finden (Kap. 8,14; 10,41; 12,11.22.25.26; 21,34). Jesus Christus als vollkommener Mensch ist da, um auf die Sorgen zu antworten und voll Mitempfinden auf sie einzugehen. In der Anzahl sieben liegt sicher eine Absicht des Heiligen Geistes. Das Wort, das mit «Sorge» übersetzt wird, hat seine Wurzel in einem Verb, das bedeutet: in verschiedene Richtungen ziehen oder ablenken. Im weiteren Sinn deutet es die Ängstlichkeit an, die eine Sorge auslöst.

Der Ausdruck in Kapitel 10,40: «Kümmert es dich nicht?» oder «Liegt dir nichts daran?» enthält auch den Gedanken des Sich-sorgens und wird manchmal auch so übersetzt («ne te soucies-tu pas?»). Doch es geht dabei nicht um eine Ängstlichkeit, sondern um das Interesse, um die Sorge, die man um ein Person hat.

Im Grundtext von 1. Petrus 5,7 kommen diese beiden Worte vor: «Indem ihr all eure Sorge auf ihn werft; denn er ist besorgt für euch» oder «ihm liegt an euch». «Eure Sorge» meint die Ablenkung in verschiedene Richtungen und unsere Ängstlichkeit. «Er ist besorgt für euch» zeigt das Interesse Gottes an uns.

Kurzer Überblick über das Lukas-Evangelium

Der erste Teil (Kap. 1,1 – 4,13) beschreibt die Geburt des Herrn (mit allen Begleitumständen) und seine Jugendzeit.

Dann folgt der Bericht über seinen Dienst in Galiläa (Kap. 4,14 – 9,50). Dieser zweite Teil umfasst ungefähr 3 Jahre seines Lebens.

Die drei weiteren Teile zeigen nacheinander das Hinaufgehen des Herrn nach Jerusalem (Kap. 9,51 – 19,27), das Vollbringen seines Dienstes und Werkes in dieser Stadt (Kap. 19,28 – 23,56) und schliesslich seine Auferstehung und seine Auffahrt in den Himmel (Kap. 24,1-53).

Die Kapitel 10 – 23 umfassen eine sehr kurze Zeit des Lebens unseres Heilands, nur ungefähr zwei Wochen. Gerade in der kurzen Periode, da der Herr das Kreuz vor sich hatte, dachte Er mitfühlend an die Sorgen der anderen. Berührt uns dies nicht? Sechs der sieben Erwähnungen der Sorgen bei Lukas fallen in diese Zeit.

Zu unserer Ermunterung und zu unserer Warnung wollen wir die sieben Stellen kurz ansehen:

Die Sorgen des Lebens

In Kapitel 8 stellt der Herr das Gleichnis vom Sämann vor. Dabei erklärt Er, dass die Samenkörner unter die Dornen fallen können. Dieser Ackerboden symbolisiert Menschen, «die gehört haben und hingehen und durch Sorgen und Reichtum und Vergnügungen des Lebens erstickt werden und nichts zur Reife bringen» (V. 14). Wir wollen diesen Vers praktisch auf uns anwenden. Wie leicht machen wir uns viele Sorgen, oft wegen Kleinigkeiten! Anstatt sie auf den Herrn zu werfen, lassen wir die Sorgen zwischen uns und Ihn kommen. Ist uns genügend bewusst, dass das Wort Gottes dadurch in uns erstickt werden kann? Die Folge ist, dass wir keine Frucht für Gott bringen. Wir wollen uns durch diesen Vers ermahnen lassen.

Um vieles besorgt

Die zweite Stelle über die Sorgen finden wir in Kapitel 10,41.42: «Martha, Martha! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eins aber ist nötig. Denn Maria hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden wird.»

Während es von Maria heisst: «Die sich auch zu den Füssen Jesu niedersetzte und seinem Wort zuhörte», mühte sich Martha nur mit ihrem Dienst ab. Maria hing an den Lippen des Herrn, um sich kein Wort von Ihm entgehen zu lassen. Vielleicht hörte Martha im Vorbeigehen auch etwas davon. Doch es drang nicht in ihr Herz. Anstatt nur an ihren Dienst zu denken, hätte sie sich auch für Den Zeit nehmen sollen, dem sie diente.

Wohl hatte sie den Herrn Jesus in ihr Haus aufgenommen (V. 38). Sie setzte alles daran, es Ihm so gut und angenehm wie möglich zu machen. Vielleicht war Martha eifersüchtig und dachte, Maria könnte ihr besser helfen, als sich zu Ihm zu setzen und nichts zu tun.

Doch das Wort unterstreicht, dass Maria eine gute Wahl getroffen hat. Sie war sich sicher bewusst, dass ihre Schwester ihre Hilfe wünschte. Aber sie hat eine andere Priorität gesetzt. Ihr Herz sagte ihr, dass ihr göttlicher Gast weggehen würde. Sie muss es gemerkt haben. Vielleicht hatte sie vernommen, dass der Sohn des Menschen vieles leiden und getötet werden müsse (Lk 9,22). Sie war deshalb bemüht, Ihm ihre Zuneigung zu bezeugen: Sie setzte sich demütig zu seinen Füssen nieder, genoss seine Gemeinschaft und nahm seine Worte auf. Bald würde sie Ihn nicht mehr hören können.

Der Herr gab ihr seine Zustimmung. Er antwortete Martha: «Maria hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden wird.»

Es ist nicht einfach, an einem ausgefüllten Tag Momente der glücklichen Gemeinschaft mit dem Herrn zu finden. Nehmen wir uns Zeit, persönlich die Bibel zu lesen und so auf seine Stimme zu hören, ohne dabei unsere häuslichen Aufgaben zu vernachlässigen! Wir wollen nicht auf jene eifersüchtig sein, denen es besser gelingt, solche Momente zu finden oder die generell mehr Zeit dafür haben.

Vier Ermahnungen, sich keine Sorgen zu machen, in Lukas 12

In Lukas 12,1-34 finden wir die Sorgen vier weitere Male erwähnt. Der Herr ist bereits von seinem Volk verworfen. Da bereitet Er seine Jünger nach und nach auf die grosse Veränderung vor, die sein Tod am Kreuz, seine Auferstehung und seine Rückkehr in den Himmel für sie mit sich bringen würde.

In den Versen 1-12 geht es um die veränderte Situation nach seinem Tod für sie als seine Zeugen. Hinter ihrem Zeugnis würde nicht mehr die Kraft des auf der Erde gegenwärtigen Herrn stehen. Es sollte ein Zeugnis in der Kraft des kommenden Heiligen Geistes sein. Doch dieses Zeugnis würde den ständigen Widerstand der Welt hervorrufen. Mit dieser Perspektive vor sich ermuntert der Herr seine Jünger in dreierlei Hinsicht:

  • Zuerst versichert Er ihnen, dass Er für die geringsten Einzelheiten in ihrem Leben besorgt sein werde. «Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht … Selbst die Haare eures Hauptes sind alle gezählt. So fürchtet euch nicht» (V. 4-7).
  • Dann sagt Er ihnen, Er werde die Treue ihres Zeugnisses, das sie während seiner Abwesenheit auf der Erde ablegen, im Himmel anerkennen. «Jeder, der irgend sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird auch der Sohn des Menschen sich vor den Engeln Gottes bekennen» (V. 8).
  • Schliesslich ist die Wichtigkeit ihrer Mission so wertvoll in seinen Augen, dass das Verwerfen ihres Zeugnisses zu einem schwereren Gericht führen wird als die Verwerfung seiner eigenen Person (V. 10).

Ein treues Zeugnis für den Herrn kann für den Gläubigen Verfolgung bedeuten. Aber auch dann, «wenn sie euch vor die Synagogen und die Obrigkeiten und die Gewalten führen, so seid nicht besorgt, wie oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt» (V. 11).

«So fürchtet euch nicht! … Seid nicht besorgt!» Welch kostbare Ermutigungen für seine Jünger und für uns!

In den Versen 13-21 zeigt der Herr den Jüngern noch deutlicher die veränderte Stellung, in der sie sich durch seine Verwerfung befinden. Ab Vers 22 stellt Er ihnen dann die Grundsätze ihres Lebens in der Zeit seiner Abwesenheit vor: Im Blick auf Essen, Trinken und Kleidung sollten sie nicht an den nächsten Tag denken, sondern auf Gott vertrauen, der ihnen ein guter und liebevoll besorgter Vater sein will (V. 30-32).

«Seid nicht besorgt für das Leben, was ihr essen, noch für den Leib, was ihr anziehen sollt.»

«Wer aber unter euch vermag mit Sorgen seiner Grösse eine Elle zuzufügen? Wenn ihr nun auch das Geringste nicht vermögt, warum seid ihr um das Übrige besorgt?»

«Trachtet nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und seid nicht in Unruheeuer Vater aber weiss, dass ihr dies nötig habt.»

Und schliesslich: «Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben … Macht euch Geldbeutel, die nicht veralten, einen Schatz, unvergänglich, in den Himmeln.»

Dreierlei wird den Jüngern als Antriebskraft für ihren Glauben vorgestellt, um die Sorgen dieser Erprobungen zu überwinden:

  • Ihr Gott ist ein Vater, dessen Hilfsquellen weit über ihre Bedürfnisse hinausgehen. Er verheisst seinen Kindern, die im Moment verfolgt werden, sogar das Reich.
  • Obwohl sie auf der Erde wegen ihres Glaubens Entbehrungen erleiden müssen, haben sie einen wirklichen Schatz, aber nicht hier, sondern im Himmel. Dort in der Höhe wird er, von den Angriffen des Feindes geschützt, aufbewahrt.
  • Ab Vers 35 wird das Wiederkommen des Herrn als eine glückselige Hoffnung vor ihre Blicke gestellt.

Welch eine Fülle von Ermutigungen finden wir in den ersten 34 Versen von Lukas 12! Nach dem Tod des Herrn am Kreuz und dem Herniederkommen des Heiligen Geistes würde sich die Situation der Jünger grundlegend verändern und eine neue Zeit anbrechen. Im Blick auf diese nahe bevorstehenden Veränderungen ermahnt der Herr sie dreimal, sich nicht zu fürchten (V. 4.7.32). Viermal ermuntert Er sie, sich keine Sorgen zu machen (V. 11.22.25.26). In einer achten Ermahnung fordert Er sie auf, nicht in Unruhe zu sein (V. 29). Wir leben am Ende dieser Zeitperiode – es ist die Zeit der Gnade. Doch wir dürfen diese Fülle von Ermunterungen genauso für uns nehmen.

Noch einmal die Sorgen des Lebens

Die siebte Stelle über die Sorgen im Lukas-Evangelium finden wir in Kapitel 21,34: «Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht etwa beschwert werden durch Rausch und Trinkgelage und Lebenssorgen und jener Tag plötzlich über euch hereinbreche.»

In Kapitel 8,14 standen die Sorgen des Lebens auf der gleichen Linie wie der Reichtum und die Vergnügungen. Sie alle bilden Hindernisse, wenn es darum geht, das Evangelium ins Herz aufzunehmen. Hier werden die Sorgen des Lebens im gleichen Satz mit übermässigem Genuss von Speisen und Alkohol genannt.

In Kapitel 12 führte die Furcht, nicht genug zum Leben zu haben, zu einer natürlichen Sorge, die unser Interesse am Reich Gottes zu ersticken droht. Hier ruft der übermässige Genuss ebenfalls Sorgen hervor. Aber diesmal haben sie eine andere Wirkung. Sie erfüllen die Herzen und verdrängen die nötige Wachsamkeit. Der treue Überrest in der Endzeit wird mit diesen Worten gewarnt. Sie sollen nicht wie die übrigen Menschen vom Kommen des Herrn in Herrlichkeit – wenn Er sein Reich aufrichten und das Gericht über die Lebenden ausführen wird – überrascht werden.

Wir wollen diesen Aufruf zur Wachsamkeit auf unser praktisches Leben übertragen, und zwar im Blick auf das Kommen des Herrn zu unserer Entrückung. Sowohl die Sorgen des Lebens als auch der übermässige Genuss unseres Wohlstands können unser Warten auf Ihn beeinträchtigen. Wie schnell gehen Wachsamkeit und Nüchternheit verloren. Doch der Herr hat ein Recht darauf. Denn Er hat uns so geliebt, und durch seine Gnade dürfen wir zu seiner himmlischen Braut gehören.

Zusammenfassung

Gerade in diesem Evangelium, in dem die Gnade und die Freude vorherrschen, wird der vollkommene Mensch, unser Heiland Jesus Christus, vor unsere Herzen gestellt. Er ist wie kein anderer der Mann der Schmerzen, und Er erwähnt an sieben Stellen das Thema der Sorgen. Trotz den Schwierigkeiten unseres Lebens oder den Folgen eines treuen Zeugnisses für Ihn während seiner Abwesenheit sollen wir uns keine Sorgen machen. Er fordert uns auch zu Wachsamkeit auf. Er möchte nicht, dass die Sorgen das Wort, das wir hören, in unseren Herzen ersticken oder die Erwartung seines Kommens unterdrücken.

An verschiedenen weiteren Stellen ermuntert Er uns, uns nicht zu fürchten und uns nicht zu beunruhigen. Sein Vater, der aus Gnade unser liebender Vater geworden ist, hat vollkommene Kenntnis von allen unseren Umständen. «Euer Vater aber weiss, dass ihr dies nötig habt» (Kap. 12,30). Zudem ist Er auch der allmächtige Gott, der «euch alles Nötige geben wird nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus. Unserem Gott und Vater aber sei die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen» (Phil 4,19.20). Darum: «Werft all eure Sorge auf ihn; denn er ist besorgt für euch» (1. Pet 5,7).