Abhängigkeit

Die einzig richtige Stellung, die dem Christen zusteht, ist Abhängigkeit. Sobald wir den Boden der Abhängigkeit von Gott verlassen, können wir gewiss sein, dass dies schmerzliche Folgen nach sich ziehen wird.

Petrus verliess den Boden der Abhängigkeit, als er voller Selbstvertrauen sagte: «Mein Leben will ich für dich lassen» (Joh 13,37). Ach! Bald darauf musste er durch bittere Erfahrungen lernen, dass er in sich selbst keinerlei Kraft besass, um in der Stunde der Prüfung standzuhalten.

So ist es auch mit uns. Sobald wir meinen, wir seien stark und fähig genug, um dem Feind gegenüberzutreten, gerade dann sind wir in einer äusserst gefährlichen Lage. Gott erlaubt manchmal, dass wir gesichtet werden, um uns zu zeigen, dass wir nichts sind und unsere ganze Kraft in Ihm ist.

Für einen Diener Gottes hat selbst der Erfolg im Werk des Herrn seine Gefahren. Ein solcher kann dazu neigen, sich selbst etwas von dem zuzuschreiben, was Gott durch ihn gewirkt hat und zu meinen, er selbst habe Anteil an dem ausgeführten Werk. Da ist es gut, sich daran zu erinnern, dass die Apostel, als sie von einer der gesegnetsten Missionsreisen zurückkehrten, nicht von dem erzählten, was sie getan hatten, sondern von dem, was Gott mit ihnen getan hatte (Apg 14,27; 15,4.12).

Nur in der Gegenwart und Nähe des Herrn verschwindet das Ich; nur da ist eine fortwährende Abhängigkeit von Ihm möglich, die so nötig ist zum Leben, zum Wandel und zum christlichen Dienst. Die Beschäftigung mit sich selbst aber ist der erste Schritt auf der schiefen Ebene, die sicher zum Unglück führt, wenn man nicht Buße tut.

Unser treuer Herr ist uns auch in dieser Stellung das vollkommene Beispiel. Niemals und keinen Augenblick lang verliess Er den Pfad der unbedingten Abhängigkeit vom Vater. Da, wo der erste Adam gefehlt hat, blieb der letzte Adam aufrecht. Keinerlei Verführung vonseiten Satans, so fein und versteckt sie auch gewesen sein mochte, konnte Ihn dazu verleiten, einen unabhängigen Willen zu haben und den Boden einfachen Gehorsams aufzugeben.

Er konnte sagen: «Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat» (Joh 6,38). «Ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat» (Joh 5,30). «Ich tue allezeit das ihm Wohlgefällige» (Joh 8,29). Er antwortete Satan: «Es steht geschrieben.» Er lebte «des Vaters wegen» und «von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht». Sein Pfad war der eines vollkommenen Gehorsams, einer völligen Abhängigkeit und Unterwerfung unter den Willen des Vaters, und folglich ein Pfad vollkommenen Lichts und innerer Freude, was immer auch für Leiden Ihm von aussen zugefügt wurden.

Oh, mehr von seiner Gnade kennenzulernen! Wie nötig haben wir es, im Pfad des demütigen und sanftmütigen Menschen Jesus zu bleiben, der in der Tiefe seiner Selbstentäusserung das Zeugnis erlangte: «Du, meine Seele, hast zu dem HERRN gesagt: Du bist der Herr; meine Güte reicht nicht zu dir hinauf. Du hast zu den Heiligen gesagt, die auf der Erde sind, und zu den Herrlichen: An ihnen ist all mein Gefallen» (Ps 16,2.3). Welch ein Platz völliger Unterwerfung und völliger Abhängigkeit!

War unser Herr nicht wahrhaftig und wirklich Der, «welcher über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit» (Röm 9,5)? Gewiss, aber auf seinem Weg hier auf der Erde, der uns im 16. Psalm beschrieben ist, nahm Er nicht diese Stellung ein. Er hat als Mensch in gesegneter Weise für uns den Gott wohlgefälligen Weg bezeichnet und die wahren Wesenszüge des göttlichen Lebens offenbart auf seinem Pfad der Abhängigkeit von Gott.

Teurer Herr! Dass wir doch von Dir lernten und mehr mit Dir beschäftigt wären! Ja, lass uns das elende Ich, das uns so hartnäckig begleitet, in Gegenwart Deiner vollkommenen Gnade, Deiner unbedingten Hingabe und Deiner demütigen Unterwerfung unter den Willen des Vaters in allen Dingen vergessen!