Zugang

Römer 5,1-2; Epheser 2,18; Epheser 3,12

«Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir mittels des Glaubens auch den Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes» (Röm 5,1.2).

«Denn durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater» (Eph 2,18).

«Christus Jesus, unser Herr, in welchem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn» (Eph 3,12).

Geben wir uns genügend Rechenschaft, was es heisst, Zugang zu haben zu der Gnade des allmächtigen Gottes, Zugang zu dem, der uns das Recht gegeben hat, seine Kinder zu sein, Zugang zum Vater? Dass wir, die gefallenen Geschöpfe, die von dem Angesicht Gottes in Eden weggetrieben waren, aufgenommen werden konnten durch diesen selben Gott, in seine Gunst? Wie unendlich gross ist dieses Vorrecht! Es ist den Kindern Gottes vorbehalten, d.h. denen, die in den Augen Gottes gerechtfertigt sind und Frieden mit Ihm haben, weil sie an den Namen des Sohnes Gottes glauben.

Für die Menschen ist es ein schwieriges Unternehmen, bei den höchst gestellten Persönlichkeiten eines Landes auch nur für einige Augenblicke Zugang zu bekommen. Da muss man eine Audienz verlangen und anerkannte, gültige Beweggründe haben, um zugelassen zu werden. Man muss der betreffenden Persönlichkeit eine wichtige Angelegenheit zu unterbreiten haben oder selbst eine bedeutende Persönlichkeit sein. Bis eine solche Audienz zustande kommt, können Tage oder Wochen verstreichen.

Wenn es sich nun gar um den Zugang zu Gott handelt, so könnte uns ein solches Vorhaben ganz unmöglich erscheinen. So wagen ja Millionen von Menschen nicht, sich direkt an Gott zu wenden und meinen, dies nur durch Vermittlung der Heiligen oder einer geweihten Priesterschaft tun zu können. Doch sagt das Evangelium: Freimütigkeit und Zugang in Zuversicht! Nicht Freimütigkeit aus menschlicher Kühnheit, nicht Vertrauen in uns selbst, sondern Freimütigkeit und Zugang in Ihm und durch Ihn. Beachte, dass uns in den drei angeführten Stellen der Zugang durch Jesus Christus, unseren Herrn, und in Jesus Christus gegeben ist. Dieser Zugang ist für Juden und Griechen durch einen Geist. Wenn unter dem Gesetz nur der Jude Gott nahen konnte, durch die Vermittlung des Hohenpriesters, und das nicht ohne Blut, so vereinigt der Heilige Geist jetzt Juden und Griechen auf demselben Boden, in der gemeinsamen Beziehung von Kindern, die Zugang zum Vater haben.

Dies geschieht durch Glauben, wie in Hebräer 10 gerade im Blick auf den Zugang gesagt wird, der uns durch den Vorhang hin geöffnet ist: «Lasst uns hinzutreten … in voller Gewissheit des Glaubens!» (Heb 10,22). Noch sehen wir den Herrn nur durch den Glauben, aber während der Pilgerschaft des Gläubigen hier auf der Erde ist es sein unermessliches Vorrecht zu wissen, dass er bald in den Wohnungen des Vaters in den Himmeln eingeführt werden wird, wo er mit eigenen Augen die Person seines geliebten Heilandes in der ganzen Fülle ihrer Wirklichkeit sehen darf. Bis dahin können wir dieses Vorrecht durch Glauben geniessen, und ist der Glaube für unsere Herzen nicht eine grosse Wirklichkeit?

Unsere Stellen reden vom Zugang «zu dieser Gnade, in welcher wir stehen» und vom «Zugang zum Vater». Diese Gnade ist die Gnade des Vaters. Haben wir in seinen Augen Gunst gefunden, so sind wir in seine Gegenwart aufgenommen, «angenehm gemacht in dem Geliebten». Wir dürfen uns bei Ihm aufhalten, weil Jesus Christus, der Gerechte, beim Vater ist, Er, der die Sühnung ist für unsere Sünden!

Eine schöne Illustration dieser Gunst und von diesem Zugang haben wir in Esther 5: Die Gemahlin tritt königlich gekleidet in den inneren Hof des Hauses des Königs – und sogleich sieht sie der König; sie erlangt Gnade in seinen Augen und er reicht ihr das goldene Zepter entgegen: «Was hast du, Königin Esther, und was ist dein Begehr?» Durch dieses Symbol königlicher Oberhoheit wird der Zugang aufgetan, und welche Vertrautheit besteht nun zwischen dem grossen König und seiner Gemahlin! Und denken wir daran, dass die Geschichte von Esther ein Bild von der wiedererlangten Gunst des Volkes Israel bei Gott ist; das Teil der Kirche, der Braut des Lammes ist noch viel inniger und kostbarer! In der Tat, dieses Teil ist uns in Christus gegeben,

  • in dem wir gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern,
  • in dem wir auserwählt worden sind vor Grundlegung der Welt,
  • in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut,
  • in dem wir zu Erben gemacht sind und
  • in dem wir auch unsere Hoffnung haben.

Wir haben Zugang zu allen diesen Dingen, Zugang zum Vater, Zugang zu unzähligen Vorrechten und Segnungen, die seiner Gegenwart entspringen, und dies alles in Jesus, der selbst beim Vater ist, und durch Jesus, der diese Wunder durch seine Leiden, durch seinen Tod, durch seine Auferstehung, durch sein Leben und durch seine Liebe gewirkt hat!

Jesus Christus hat uns also den Zugang zu der Gnade Gottes und zu dem Vater finden lassen. Das sind zwei verschiedene Dinge, und die angeführte Stelle in Hebräer 10 illustriert dies sehr deutlich. Dort wird uns gesagt: «Wir haben Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum», und als Folge dieser Freimütigkeit werden wir aufgefordert: «Lasst uns hinzutreten». Die Gunst Gottes, seine völlige Annahme des Werkes am Kreuz – und infolgedessen die völlige Annahme jedes Erlösten in Christus – gibt uns die Möglichkeit, uns so in der Gegenwart Gottes aufzuhalten, wie Christus selbst, nicht nur ohne Furcht vor einem verdienten Gericht, das uns nie mehr erreichen kann, sondern als angenehm gemacht in dem Geliebten – das bedeutet völlige Freiheit. Und in das Heiligtum eingetreten, können wir dem Vater nahen, unserem Vater durch Jesus Christus. Wunderbare Nähe! Kostbares Vorrecht! Beim Vater sein, wie Jesus beim Vater ist!

Mose, mit dem doch Gott von Angesicht zu Angesicht redete wie mit einem Freund, hatte keinen Zutritt zum brennenden Dornbusch: «Tritt nicht näher herzu!», rief Er ihm zu. Und Mose musste seine Schuhe ausziehen. Aber in der Zwischenzeit ist das Werk Christi zwischen Gott und den Glaubenden getreten, sein vergossenes Blut hat den Weg geöffnet durch den nun zerrissenen Vorhang hin; wir dürfen Ihm ganz nahe kommen, in dem Bewusstsein, keine Fremdlinge mehr zu sein, sondern Hausgenossen Gottes, Kinder eines Vaters, der uns in Jesus liebt. Lasst uns also hinzutreten unter dem Eindruck der Heiligkeit dessen, der uns berufen hat, aber auch mit voller Freimütigkeit.

Der Psalmist sagte: «Ich will lieber an der Schwelle stehen in dem Haus meines Gottes» (Ps 84,11), und gewiss, das war ein gesegneter Platz. Der Vater aber will seine Kinder bei Ihm im Haus haben, an dem besten Platz und nicht auf der Schwelle. Welche Segnung! Machen wir daher Gebrauch von dieser Freiheit; lasst uns voll Vertrauen eintreten und beim Vater leben. Wir verlassen Ihn so leicht, wir sind viel öfter auf der Erde und in der Welt als an diesem gesegneten Ort, wo wir Zugang haben. Ist es nicht so?

Gebe Gott, dass wir die Tatsache des Zugangs zum Vater besser verwirklichen, nicht nur, um Bitten und Flehen an Ihn zu richten – wie in Hebräer 4,16 («Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade») – sondern um bei Ihm zu sein, um seine Gemeinschaft zu geniessen, um etwas von Ihm zu lernen.