Wie Aquila und Priszilla als Ehepaar dem Herrn dienten

Apostelgeschichte 18,2.18.26; Römer 16,3-5; 1. Korinther 16,19; 2. Timotheus 4,19

Der Apostel gibt diesen beiden den ersten Platz in der Liste der Geschwister in Rom, die er am Ende des Römerbriefes grüsst (Röm 16,3-5). Er hatte einen zweifachen Grund dafür. Erstens schrieb er diesen Brief von Korinth aus, der Stadt, wo er einst mit Aquila und Priszilla Bekanntschaft machte. Zweitens hatten sie ihm einen besonderen Dienst erwiesen, den er in dankbarer Erinnerung hielt und nun auch in diesem inspirierten Brief erwähnte.

Historische Einzelheiten

In Apostelgeschichte 18 erfahren wir, dass zur Zeit des ersten Besuchs des Apostels in Korinth Aquila, ein Jude, aus Pontus gebürtig, mit seiner Frau Priszilla (abgekürzt Priska) kürzlich von Italien herkommend, dort eingetroffen waren. Sie mussten den Wohnort wechseln, weil Kaiser Claudius ein Dekret erlassen hatte, wonach alle Juden Rom zu verlassen hatten.

Aquila war, wie Paulus, von Beruf Zeltmacher, und während seines Aufenthaltes in Korinth von ungefähr achtzehn Monaten übte der Apostel sein Handwerk mit seinen neugewonnenen Freunden zusammen aus. Er arbeitete nach seiner Gewohnheit «Nacht und Tag», da er niemand beschwerlich fallen wollte (1. Thes 2,9), aber gleichzeitig predigte er Christus in der Synagoge und in der angrenzenden Nachbarschaft.

Aus der Erzählung des Lukas (Apg 18,18) scheint hervorzugehen, dass Aquila und Priszilla die ganze Zeit, in der Paulus in Korinth war, dort geblieben sind und die Stadt erst verliessen, als der Apostel nach Syrien segelte. Darauf durchquerten auch sie das Mittelmeer von Europa nach Kleinasien, denn nachher wird ihre Gegenwart in Ephesus festgestellt (Apg 18,26). Dort nahmen sie ein persönliches Interesse am geistlichen Wohlergehen des Apollos, einem alexandrinischen Juden. Sie nahmen ihn zu sich, um ihm den Weg Gottes, wie er im Christentum offenbart ist, genauer auszulegen; denn er kannte nur den Dienst Johannes des Täufers.

Diese Begebenheit in Ephesus scheint die Natur ihres gemeinsamen Dienstes für den Herrn zu kennzeichnen. Der Bereich ihrer Tätigkeit war im Verborgenen, deshalb aber nicht weniger wirksam und wertvoll. Apollos wurde dadurch in die gottselige Atmosphäre ihres christlichen Hauses eingeführt. Hier redeten Aquila und seine Frau von Angesicht zu Angesicht mit ihm, mit aller Freimütigkeit und allem Eifer, vom Werk, vom Tod und der Auferstehung des Herrn Jesus und vom Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten, wie auch von den vielen Wahrheiten, die damit in Verbindung stehen.

Nach Ephesus müssen Aquila und Priszilla wieder nach Rom gezogen sein; denn der Römerbrief, der die Grüsse des Apostels an sie enthält (Röm 16,3-5), ist erst nach ihrem Aufenthalt in Ephesus verfasst worden. Im letzten Brief aber (2. Tim 4,19), den Paulus aus Rom absandte, bestellte er ihnen durch Timotheus Grüsse an einen anderen Ort. Sie hatten also, möglicherweise wieder wegen einer Verfolgung, Rom ein zweites Mal verlassen; vielleicht taten sie es auch in Ausübung ihres Berufes. Wie dem auch sei, wir sehen aus diesen Hinweisen, dass der Apostel seine tiefe Zuneigung für dieses treue und eifrige Ehepaar sein ganzes Leben lang aufrecht hielt.

Ehe und christlicher Dienst

In Aquila und Priszilla haben wir ein deutliches Beispiel des gesegneten und wirksamen Einflusses, der von einem Ehepaar ausgehen kann, das sich den Interessen Christi weiht. Sie werden miteinander erwähnt, entweder als Aquila und Priska, oder auch als Priska und Aquila, nie aber einer allein.

Diese Einmütigkeit im Ziel und im Handeln ist das Merkmal der idealen Ehe nach der Schrift. Die Ehe ist die älteste göttliche Einrichtung für den Menschen (1. Mo 2,24); und Einheit war der Ehe von Anfang an aufgeprägt. «Sie werden ein Fleisch sein», war der Wille Gottes bezüglich des ersten und aller nachfolgenden Ehepaare. Als Vertreter der Regierung Gottes über die Erde sollten Adam und Eva zum Nutzen aller lebendigen Wesen, die ihrer Herrschaft unterstellt waren, einmütig handeln.

Aber schon im Garten Eden war die Einheit dieses Paares entstellt worden. Statt Einmütigkeit im Handeln nach Gottes Gedanken zu zeigen, einigten sich der Mann und seine Frau zu ungehorsamer Missachtung des göttlichen Verbotes. Ach, wir können durch die ganze Geschichte der Menschheit hindurch feststellen, dass die eheliche Verbindung immer wieder zu schlechten Zielen und Zwecken benützt worden ist. Selbst in den ersten Tagen der Versammlung waren Ananias und Sapphira, durch Satan verleitet, übereingekommen, den Geist des Herrn zu versuchen. In gleicher Weise betrogen, gleicherweise schuldig, wurden sie beide in gleicher Weise bestraft durch plötzliche Abberufung (Apg 5,1-11).

Gegenüber diesem Beispiel ehelicher Verdorbenheit in Jerusalem bildet das gemeinsame Verhalten von Aquila und Priszilla einen schönen Gegensatz. Sie sahen nicht auf das Ihre, in selbstsüchtiger Ausschliesslichkeit, sondern auf das, was die anderen betraf, in freudiger Selbstaufopferung. Ihre Neigung zur Hingebung und Selbstverleugnung war so auffallend, dass sie überall die Versammlungen Christi beeindruckte.

Dieses würdige Paar verwirklichte, dass sie «ein Fleisch» waren, nicht nur im Zeltmachen und anderen irdischen Angelegenheiten, sondern vor allem darin, dass sie eins waren «in Christus», um die «Frucht des Geistes» zu entfalten. Sie waren überzeugt, dass die Dinge des Herrn allezeit Vorrang haben mussten. Sie dachten beide dasselbe. Jeder erhöhte die Vortrefflichkeiten des anderen, und der eine ergänzte die Mangelhaftigkeit des anderen. Auf diese Weise war jeder das Gegenstück und das Gegengewicht des anderen, immer eins im Ziel und eins in der Ausführung.

Der Prediger sagt ganz allgemein, ohne besonders an die Verheirateten zu denken (Pred 4,9): «Zwei sind besser daran als einer, weil sie eine gute Belohnung für ihre Mühe haben.» Aber Aquila und Priszilla zeigen, dass zwei, die sich zu einer christlichen Ehe vereinigen, noch viel besser daran sind. Solche Verbindungen sind zum Wohl beider durch den Herrn geheiligt, im Gebet und im Dienst. Kein Mann und keine Frau sind in dieser Beziehung vollkommen. Aber eine Ehefrau, die ihrem Mann eine wahre Hilfe ist, ist die Ergänzung ihres Gatten, die taktvoll seine Fehler berichtigt, ohne es ihn merken zu lassen. Die gegenseitige Hilfsbereitschaft, die sie in der Verborgenheit ihres Heimes ausüben, erhöht in unberechenbarem Mass die Nützlichkeit beider für andere.

Einige, die zuerst gut vorangingen, ermüdeten und versagten schliesslich ganz. Aber die gemeinsame Energie Aquilas und Priszillas in den Dingen des Herrn war nicht vorübergehend, sondern blieb während vieler Jahre unverändert. Die Hinweise darauf, anfangend in der Apostelgeschichte bis zum zweiten Brief an Timotheus, zeigen ihre Beständigkeit in guten Werken.

Mitarbeiter in Christus Jesus

«Grüsst Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus (die für mein Leben ihren eigenen Hals preisgegeben haben, denen nicht allein ich danke, sondern auch alle Versammlungen der Nationen) und die Versammlung in ihrem Haus» (Röm 16,3-5). Priska wird zuerst genannt, aber beide, sowohl der Ehemann als auch seine Frau, figurieren auf der Liste der Mitarbeiter des Apostels in Christus Jesus.

Paulus verwendet den ehrenvollen Titel «Mitarbeiter» sehr oft in seinen Briefen. Er wendet ihn auf folgende Personen an:

  • Urbanus (Röm 16,9);
  • Timotheus (Röm 16,21; 1. Thes 3,2);
  • Titus (2. Kor 8,23);
  • Epaphroditus (Phil 2,25);
  • Clemens und andere (Phil 4,3);
  • Aristarchus, Markus, Justus (Kol 4,10. 11);
  • Philemon (Phlm 1);
  • Markus, Aristarchus, Demas, Lukas (Phlm 24).

Diese alle waren Arbeiter im christlichen Bienenhaus, nicht Drohnen. Der Apostel fand immer ein herzliches Wort der Anerkennung für alle, die in irgendeiner Weise im Werk des Herrn mitarbeiteten. Er nahm von jedem Helfer Notiz. So lesen wir zum Beispiel in 1. Korinther 16,16: «Dass auch ihr euch solchen unterordnet und jedem, der mitwirkt und arbeitet.»

Paulus verwendete zudem, wenn auch weniger häufig, den ähnlichen Ausdruck «Mitknecht». Er nannte Epaphras «unseren geliebten Mitknecht» (Kol 1,7), und Tychikus seinen treuen Diener und Mitknecht im Herrn (Kol 4,7). Dieser Begriff bringt die Natur der Beziehungen des Gläubigen zum Herrn zum Ausdruck. So bezeichnet sich Paulus selbst in Römer 1,1 und anderswo als «Knecht Jesu Christi». Im Wort «Mitarbeiter» liegt die Betonung auf der Tatsache, dass die Arbeit für den Herrn getan wird, in Gemeinschaft mit anderen. Ein träger Knecht kann überhaupt nicht Arbeiter genannt werden.

Ihr selbstverleugnender Dienst für Paulus selbst

Priska und Aquila hatten zu einem gewissen Zeitpunkt ihre eigene Sicherheit und ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um Paulus zu retten: Sie gaben ihren eigenen Hals preis. Er sagt nicht, wann dies stattfand, noch können wir es mit Sicherheit feststellen. Aber der Apostel machte die Gläubigen in Rom darauf aufmerksam, wie reichlich die Liebe Gottes in diesem gottseligen Ehepaar wohnte, so dass sie selbst ihr Leben für ihn, als einem Bruder, hingaben (1. Joh 3,16). Der Geist der Selbstaufopferung für andere war in jenen ersten Tagen der Christenheit nicht nur ein Gefühl.

  • Barnabas und Paulus waren Männer, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus (Apg 15,26).
  • Paulus nahm keine Rücksicht auf sein Leben, als teuer für sich selbst (Apg 20,24).
  • Epaphroditus war um des Werkes Christi willen dem Tod nahe gekommen, indem er sein Leben wagte (Phil 2,30).

Priska und Aquila gaben ihren eigenen Hals, als wie einen Hals dem Henkerbeil preis, indem sie nicht auf das Ihre sahen, sondern auf das, was Paulus betraf. Dieser Zwischenfall trug sich möglicherweise zu, als der grosse Aufruhr gegen den Apostel in Ephesus stattfand (Apg 19). Dankbarkeit gegenüber Gott wird in den Briefen oft erwähnt, aber hier finden wir zum einzigen Mal einen Dank gegenüber Menschen. Dieses Beispiel sollte aber nicht übersehen werden. Der Dienst, den ein Bruder einem anderen erweist, darf vom Empfänger wohl mit einem Wort des Dankes entgegengenommen werden. Der Apostel tat es, und tat es öffentlich. Wir alle empfangen Hilfe von den Geschwistern, in dieser oder jener Weise; lasst uns nicht vergessen, dies mit Dankbarkeit anzuerkennen, sei es mündlich oder schriftlich, wie in diesem Fall. (Vgl. damit auch die Verse 5 und 6 im dritten Brief des Johannes an Gajus.)

Nicht nur Paulus war ihnen dankbar, sondern auch alle Versammlungen der Nationen sollten es sein, im Bewusstsein, dass durch das Tun Priskas und Aquilas das Leben des Apostels zu weiterem Wirken unter ihnen erhalten blieb; denn er war ja berufen, besonders den Nationen zu dienen (Röm 1,5). In Römer 15,16 wird Paulus «Diener Christi Jesu … für die Nationen» genannt. In Galater 1,22 begegnen wir dem Ausdruck: «Die Versammlungen von Judäa»; alle übrigen waren Versammlungen der Nationen. Diese befanden sich auf dem Gebiet der Nationen, doch gab es auch Juden unter ihnen.

Die Versammlung in ihrem Haus

Im Brief, der an die Geliebten Gottes in Rom gerichtet war, fügt der Apostel einen besonderen Gruss an die Versammlung im Haus von Priska und Aquila hinzu: «Grüsst Priska und Aquila … und die Versammlung in ihrem Haus» (Röm 16,5).

Um Zelte herzustellen, brauchte Aquila ein genügend grosses Haus mit Räumen für seine Arbeit, nebst Kammern für seine private Unterkunft. Offensichtlich wurden ein oder mehrere Räume für die Zusammenkünfte der Geschwister zur Verfügung gestellt. Diese Tatsache war Paulus bekannt, als er den Gläubigen in Rom schrieb, und er sandte diesen Gruss denen, die sich in Aquilas Haus zusammenzufinden pflegten.

Aquila und Priszilla zeigten in Ephesus dasselbe Interesse für das Wohlergehen der Heiligen wie in Rom. Von Ephesus aus schrieb Paulus nach Korinth: «Es grüssen euch vielmals im Herrn Aquila und Priszilla samt der Versammlung in ihrem Haus» (1. Kor 16,19). In diesem Fall waren sie Absender von Grüssen, in Rom aber Empfänger. Dieses vortreffliche Ehepaar stellte sein Haus dem Dienst des Herrn zur Verfügung, sowohl in Rom als auch in Ephesus. Ohne Zweifel taten sie es auch in Korinth, als Paulus bei ihnen einquartiert war (Apg 18,3).1

Möge dieses gottesfürchtige, eifrige und glückliche Ehepaar uns allen zum Ansporn sein.

  • 1Auch andere gaben sich diesem Dienst hin: Der ungenannte Jünger in Jerusalem, der dem Herrn den Obersaal oder das Gastzimmer zur Verfügung stellte, damit Er mit den Seinen das Passah dort essen konnte, bevor Er litt; und dort hat der Herr das Abendmahl eingesetzt (Mk 14,15; Lk 22,12). Im Haus Marias, der Mutter des Johannes Markus, waren viele zum Gebet versammelt (Apg 12). So öffneten noch viele andere der ersten Gläubigen, gedrungen von der Liebe Christi, ihre Häuser für die Zusammenkünfte der Heiligen (vgl. Kol 4,15; Phlm 2).