Der Brief an die Hebräer (13)

Hebräer 7,18-28

Vers 18

Das Gebot, das der Aufrichtung des vollkommenen Priestertums vorausgegangen ist, das gesetzliche System, das sich an den Menschen im Fleisch richtete, ist abgeschafft worden, «seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit wegen». Es war schwach, denn Gott blieb hinter dem Vorhang verborgen, und nichts in diesem System vermochte den Menschen fähig zu machen, einzutreten und Gott zu nahen. Zu diesem Zweck war es also nutzlos, und somit war deutlich geworden, dass «das Gesetz nichts zur Vollendung gebracht hat».

Vers 19

Wenn nun die alte Ordnung der Dinge beiseitegesetzt worden ist, weil sie nichts zur Vollendung bringen konnte, so hat das Priestertum Christi «eine bessere Hoffnung» eingeführt, «durch die wir Gott nahen.» Hierbei handelt es sich nicht mehr um ein Gebot, das der Mensch, der fern von Gott war, zu halten hatte, sondern um eine Hoffnung, um ein auf die göttliche Verheissung und Gnade gegründetes Vertrauen, das uns erlaubt, Gott zu nahen und uns ohne Furcht in seiner Gegenwart aufzuhalten. Das ist einer der Hauptpunkte, auf den der Schreiber des Briefs immer wieder zurückkommt: die Tatsache des Herzunahens, als einem christlichen Vorrecht (siehe Heb 4,16; 7,19.25; 10,1.22). Welch kostbare Gnade ist uns zuteilgeworden!

Verse 20-22

«Insofern ist Jesus auch Bürge eines besseren Bundes geworden.» Mit dem aaronitischen Priestertum war ein Bund auf dem Grundsatz des Gehorsams verbunden; aber in Verbindung mit dem Priestertum Christi wird mit dem Volk Israel ein neuer Bund, «ein besserer Bund», aufgerichtet. Christus ist der Bürge dieses besseren Bundes, der nicht auf einem Grundsatz beruht, der von einem fleischlichen Volk Gehorsam fordert, sondern auf Christus selbst und seinem Werk. Erinnern wir uns daran, dass der Schreiber Hebräer vor sich hat, die Christen geworden waren, und dass sich die Bündnisse auf Israel beziehen.

Die Vortrefflichkeit und die Erhabenheit dieses neuen Bundes kommt darin zum Ausdruck, dass sein Bürge mit einem Eidschwur zum Priester eingesetzt worden ist, «durch den, der zu ihm sprach: ‹Der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks›». Die Priester nach der Ordnung Aarons waren im Gegensatz dazu einfach durch eine Verordnung Gottes eingesetzt worden, ohne dass ein Eidschwur getan worden wäre, der ihre ununterbrochene Fortdauer gesichert hätte.

Verse 23.24

Hier haben wir einen neuen Gegensatz zwischen dem levitischen Priestertum und dem Priestertum Christi: Es ist der Gegensatz zwischen dem Tod und dem Leben. Im ersten gab es «mehrere Priester». Als sterbliche Menschen blieben sie nicht, sondern folgten einer auf den anderen; Christus aber, der ein unvergängliches Leben besitzt, ist und bleibt alleiniger Priester. Er hat ein unübertragbares und unveränderliches Priestertum. Es ist fest und hat ewige Dauer.

Vers 25

Daraus ergibt sich für uns eine unendlich kostbare Folge. Beachten wir zuerst den Ausdruck: «die durch ihn Gott nahen». Eine besondere Klasse von Personen wird damit gekennzeichnet. Es sind die Gläubigen, die errettet worden sind, die Nutzniesser des durch Christus vollbrachten Werkes. Durch Ihn besitzen sie diese Gunst, die ihnen weder das Gesetz noch die jüdischen Opfer zu geben vermochten: Sie dürfen Gott nahen.

Welches weitere Vorrecht geht für sie aus dem unübertragbaren, ewigen Priestertum Christi hervor?

Er vermag sie völlig oder bis zur Vollendung zu erretten. Wir sind durch das am Kreuz vollbrachte Werk vollkommen gerettet, das heisst, von unseren Sünden gewaschen und vom Gericht befreit. Aber wir müssen nun noch die Wüste dieser Welt durchqueren mit ihren Gefahren und ihren Mühen. Bis unser Lauf vollendet ist, wird Er uns durch alles hindurch erretten, befreien und sicherstellen. Aber aufgrund von was? Aufgrund der Tatsache, dass Er immerdar lebt, mit einem Leben, das in seiner Tätigkeit durch nichts unterbrochen werden kann, und dass Er sich in diesem Leben für uns verwendet. Seiner fortwährenden Fürsprache haben wir es also zu verdanken, dass wir bis zur Vollendung unseres Laufes hier auf der Erde errettet werden. So wie einst die zur Fürsprache vor dem HERRN erhobenen Hände Moses, die von Aaron und Hur unterstützt wurden (2. Mose 17) Israel einen völligen Sieg über seine Feinde bewirkten, so führt uns auch Jesus, der immerdar lebt, zum Sieg über alle Hindernisse, die unserem Lauf entgegenstehen könnten.

Verse 26-28

Hier wird uns noch ein weiterer Beweis gegeben, der durch Gegenüberstellung die unendliche Erhabenheit des Priestertums Christi gegenüber dem Priestertum Aarons offenbar macht. Die aus den Menschen hervorgegangenen Hohenpriester waren in der Schwachheit, wie die, für die sie eingesetzt wurden. Sie waren sündige Menschen, die Schlachtopfer darzubringen hatten, zuerst für die eigenen Sünden, dann auch für die des Volkes; und zu diesem Zweck gingen sie in die irdische Hütte hinein, in die das Volk nicht eintreten durfte. Wir aber, die durch das Opfer Christi errettet sind, der sich selbst ein für alle Mal geopfert hat, treten vor Gott im himmlischen Heiligtum, wo nichts Unreines, nichts Beflecktes eintreten darf. Da ist unser Platz. Wir waren Sünder; da wir jetzt aber errettet sind, sind wir Heilige. Als solchen geziemt es uns, einen Hohenpriester zu haben, wie ihn die Herrlichkeit und die Reinheit des Himmels erfordern: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern. Es geziemt uns, Ihn da zu haben, wo wir einzutreten berufen sind: «Höher als die Himmel geworden.» Mit diesem Wesenszug der Heiligkeit angetan, hat Er es keineswegs nötig, für sich selbst Schlachtopfer darzubringen: Er hat sich für uns geopfert. Und da dieses Opfer vollkommen ist, muss es nicht erneuert werden. Seine Wirksamkeit bleibt, und wir bleiben vor Gott da, wo dieses einzige Opfer uns hingestellt hat. Sein Priestertum wird also im Himmel ausgeübt, und sein Amt als Hoherpriester besteht darin, sich für uns zu verwenden.

Das Gesetz bestellte Menschen zu Hohenpriestern, die Schwachheit hatten; aber nach dem Gesetz ist etwas weit Vortrefflicheres gekommen. Es ist der Eidschwur Gottes: «Der HERR hat geschworen» (Ps 110,4); und dieser Eidschwur setzte «einen Sohn» ein. Er ist wohl ein Mensch, aber Er ist der Sohn Gottes und wurde als Hoherpriester eingesetzt, nachdem Er vollkommen gemacht und geheiligt worden ist (siehe Heb 2,10); Er ist in den Himmel eingegangen, vollkommen passend gemacht, um auf ewig sein Amt auszuüben.

Nun noch eine Bemerkung über den 27. Vers. Dort wird gesagt, dass «er sich selbst geopfert hat.» Das will nicht heissen, dass Er sich selbst geschlachtet und damit eine Handlung des Priesters ausgeführt habe. Aber Er hat sich selbst zum Opfer gegeben, als Lamm zur Opferung. (Gal 1,4; 2,20; Eph 5,2.25.) So hat Er auch nicht selbst sein Blut vergossen, sondern sein Blut ist vergossen worden (Mt 26,28). Im levitischen Priestertum gab es viele Fälle, wo nicht der Priester das Tier schlachtete (3. Mo 1,5.11; 3,2.8.13; 4,4.24.29, usw.). Bevor Christus in die Herrlichkeit eingetreten und vollendet worden ist, bevor Er von Gott selbst als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks begrüsst worden ist, hat Christus keine einzige priesterliche Handlung vollzogen (siehe Heb 5).