Eine Übersicht über Matthäus 13 (1)

Matthäus 13,1-23

Dieses interessante und vielseitige Kapitel malt ein eindrückliches Bild von der Entstehung der Christenheit. Es zeigt ihre äussere und innere Entwicklung und illustriert das christliche Bekenntnis auf der Erde. Der Herr teilt diese Gedanken sowohl symbolisch durch sein Verhalten als auch direkt durch seine Worte mit. Die unterschiedliche Zuhörerschaft ist ebenfalls von Bedeutung. Wir staunen, wie alles zusammenpasst und eine deutliche Darstellung der christlichen Zeit ergibt.

Die symbolische Bedeutung des Hauses und des Sees

«An jenem Tag ging Jesus aus dem Haus hinaus und setzte sich an den See. Und es versammelten sich grosse Volksmengen bei ihm, so dass er in ein Schiff stieg und sich setzte; und die ganze Volksmenge stand am Ufer» (V. 1.2).

In den ersten zwölf Kapiteln des Matthäus-Evangeliums sehen wir, wie sich der Herr um die Menschen aus dem Volk Israel kümmert und sich ihnen als König des Reiches Gottes vorstellt. Weil Ihn die jüdische Führungsschicht ablehnt, wendet Er sich von Israel weg und widmet sich den Menschen aus den Nationen. Das zeigt Er symbolisch, indem Er aus dem Haus geht und sich an den See setzt. Das Haus, das Er verlassen hat, stellt Israel dar. Der See und die Volksmengen sind ein Bild von den Völkern der Erde, d.h. von allen Menschen.

Das Gleichnis vom vierfältigen Ackerfeld

«Er redete vieles in Gleichnissen zu ihnen und sprach: Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen» (V. 3).

Zuerst spricht der Herr zu den Volksmengen. Er stellt sich ihnen als Sämann vor, um allen Menschen bewusst zu machen, dass Er im Christentum der Ausgangspunkt des Zeugnisses für Gott ist. Von Israel, dem Weinberg, hat Er vergeblich Frucht erwartet. Nun beginnt Er zu säen. Damit schafft Er die Voraussetzung für echte, sichtbare Frucht. Doch das Säen bewirkt unterschiedliche Reaktionen.

«Als er säte, fiel einiges an den Weg, und die Vögel kamen und frassen es auf. Anderes aber fiel auf das Steinige, wo es nicht viel Erde hatte; und sogleich ging es auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als aber die Sonne aufgegangen war, wurde es verbrannt, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Anderes aber fiel in die Dornen; und die Dornen schossen auf und erstickten es. Anderes aber fiel auf die gute Erde und gab Frucht: das eine hundert-, das andere sechzig-, das andere dreissigfach» (V. 4-8).

Die ersten drei Böden haben die Gnade vergeblich empfangen. Es entsteht keine Frucht. Die letzten drei Böden zeigen eine bestimmte, wenn auch unterschiedliche Wirkung. Damit zeigt der Herr einfach und treffend, wie verschieden die Menschen auf die christliche Botschaft reagieren. Selbst Ungläubige können diese unterschiedliche Reaktion bei Menschen erkennen, die das Wort Gottes hören.

«Wer Ohren hat, zu hören, der höre!» (V. 9).

Verschiedene Ausdrücke des Reichs

Luther hat das «Reich der Himmel» mit «Himmelreich» übersetzt. Dadurch ist die verkehrte Ansicht entstanden, dass das Reich der Himmel der Himmel selbst sei. Mit diesem Ausdruck ist jedoch ein Königreich auf der Erde gemeint, das durch Gott und durch den Himmel aufgerichtet und regiert wird. Der Herr Jesus hat dieses Reich zuerst als bevorstehend (Mt 4,17) und dann als anwesend verkündigt (Lk 17,21). Es hat also damals begonnen und wird bis zum Ende seiner tausendjährigen Herrschaft dauern (1. Kor 15,24). Die Bibel benutzt die Ausdrücke «Reich Gottes», «Reich der Himmel» oder einfach «Reich» und meint damit immer dieses Reich nach göttlichen Grundsätzen auf der Erde.

Verschiedene Formen des Reichs

«Die Jünger traten herzu und sprachen zu ihm: Warum redest du in Gleichnissen zu ihnen? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Weil es euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu erkennen, ihnen aber ist es nicht gegeben» (V. 10.11).

Christus und sein Reich in Macht und Herrlichkeit werden im Alten Testament angekündigt (Dan 2,44). Als König in Israel sollte Er über die ganze Welt herrschen. Durch sein Kommen auf die Erde war dieses Reich nahe gekommen und in seiner Person anwesend (Mt 4,17; Lk 17,21). Doch Er wurde nicht angenommen, sondern gekreuzigt. In der Prophetie des Alten Testaments werden auch die Leiden und die Hinrichtung des Messias vorausgesagt (Dan 9,26). Als Folge seiner Ablehnung auf der Erde ist der Herr Jesus in den Himmel zurückgekehrt.

Dadurch hat sein Reich auf der Erde für eine gewisse Zeit eine andere Form angenommen. Sie ist charakterisiert durch die Abwesenheit des Herrn und wird im Christentum verwirklicht. Diese spezielle Form des Reichs dauert einerseits bis zur Entrückung (1. Thes 4,16.17) und anderseits bis zur richterlichen Beseitigung der christuslosen Christenheit (Off 17,16). Von dieser speziellen Form des Reichs finden wir kein einziges prophetisches Wort im Alten Testament.

In den sechs Gleichnissen des «Reiches der Himmel», die der Herr in Matthäus 13 erzählt, offenbart Er diese Form und Zeit des Reichs. Er nennt sie «Geheimnisse des Reiches der Himmel», weil im Alten Testament nichts davon zu finden ist. Aus diesem Grund betreffen alle Gleichnisse in diesem Kapitel in ihrer Aussage und in ihren Erklärungen die Christenheit und nicht das Judentum.

Nach der Entrückung und parallel zur Zeit des Gerichts über die Christenheit, werden Menschen aus dem Volk Israel Buße tun und den Messias erwarten. Das Alte Testament beschreibt diese Neubelebung und Umkehr in Israel deutlich und umfangreich (z.B. Hes 37,10). Darum ist sie kein Teil der Geheimnisse des Reichs der Himmel in Matthäus 13.

Am Ende der Drangsalszeit wird der Herr ein zweites Mal auf die Erde kommen und ein gläubiger Überrest aus Israel wird Ihn als König annehmen. Durch seine Erscheinung in grosser Macht und Herrlichkeit wird das Reich seine eigentliche Form annehmen, die schon im Alten Testament angekündigt worden ist.

Ein wichtiger göttlicher Grundsatz

«Wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben; wer aber nicht hat, von dem wird selbst das, was er hat, weggenommen werden» (V. 12).

Nach dem Hinweis auf die Geheimnisse des Reichs der Himmel führt der Herr einen doppelten göttlichen Grundsatz an:

  • Wer Christus im Glauben aufnimmt, gehört zu denen, die haben. In seiner Nachfolge wird ihm göttliches Licht gegeben. Weil der Herr Jesus im Alltag eine lebendige Wirklichkeit für ihn ist, hat er Überfluss.
  • Wer Christus und die Wahrheit kennen lernt, aber weder Buße tut noch an Ihn glaubt, gehört zu denen, die nicht haben. Er wird die Kenntnis, die er zu haben meint, wieder verlieren. Ja, sie wird ihm weggenommen werden.

Der Grund für das Reden in Gleichnissen

«Darum rede ich in Gleichnissen zu ihnen, weil sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören noch verstehen; und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die sagt: ‹Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden, und mit den Ohren haben sie schwer gehört, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen wahrnehmen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.› Glückselig aber eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören; denn wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr anschaut, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört» (V. 13-17).

Die meisten Menschen aus dem Volk Israel lehnten den Herrn Jesus ab. Wegen ihres Unglaubens würden sie den tiefen Sinn seiner Worte über das Reich der Himmel nicht verstehen. Aber seine Jünger sollten die Gleichnisse verstehen und ihren hohen Wert erkennen, denn sie würden an dem teilhaben, was durch die Gleichnisse ausgedrückt wird.

In Vers 16 betont der Herr nochmals, dass Er durch die folgenden Gleichnisse etwas mitteilt, was den Propheten und Gerechten des Alten Testaments unbekannt war. Tatsächlich betreffen sie in ihrem Inhalt und in ihren Erklärungen ausschliesslich das christliche Zeugnis.

Die Erklärung des Gleichnisses vom vierfältigen Ackerfeld

«Hört ihr nun das Gleichnis vom Sämann» (V. 18).

Wenn der Herr seinen Jüngern das Gleichnis vom vierfältigen Ackerfeld erklärt, geht Er über das hinaus, was Er den Volksmengen verkündet hat. Es ist zwar noch nicht ein Gleichnis des Reichs der Himmel wie die nachfolgenden Gleichnisse. Doch es zeigt, wie ein Mensch mit dem Reich in Verbindung kommt und wie unterschiedlich er auf das Gehörte reagiert.

Der Sämann ist Christus und der Same ist das Wort vom Reich. Jeder, der etwas von Jesus Christus hört, kommt in Kontakt mit dem Reich. Ja, er gehört sogar äusserlich zum Reich. Schon kleine Kinder, denen die Eltern vom Herrn Jesus erzählen, befinden sich dadurch im Reich. Als einmal Kinder zu Ihm gebracht wurden, sagte Er: «Lasst die Kinder und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel» (Mt 19,14). Sie sind geheiligt (1. Kor 7,14). Sie stehen unter dem Segen des Reichs und sind demzufolge verantwortlich, dem Herrn nachzufolgen.

Um jedoch nachhaltig und bleibend im Reich Gottes zu sein, muss ein Mensch von neuem geboren werden. Das erklärte der Herr Jesus Nikodemus, als dieser in der Nacht zu Ihm kam (Joh 3,3-5).

Nun zeigt der Herr seinen Jüngern und uns, wie verschieden sein Wort aufgenommen wird:

«Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und reisst weg, was in sein Herz gesät war; dieser ist es, der an den Weg gesät ist» (V. 19).

Der Weg, auf den der Same des Wortes fällt, stellt einen Menschen dar, der das Wort des Herrn hört und nichts damit anfangen kann. Durch die Tätigkeit des Feindes vergisst er die göttliche Botschaft wieder. Es gibt bei ihm keinerlei Ansätze für ein Zeugnis für Gott. Er bringt keine Frucht.

«Der aber auf das Steinige gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist nur für eine Zeit; wenn nun Drangsal entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoss» (V. 20.21).

Der steinige Boden charakterisiert einen Menschen, der anfänglich positiv auf das ausgesäte Wort reagiert. In der Segenszeit scheint er ein echter Jünger zu sein. Wenn aber Widerstand und Feindschaft entstehen, zeigt es sich, dass das Wort sein Gewissen nicht erreicht hat. Der Halm verdorrt und wächst nicht zu einer echten Frucht heran. Es gibt kein wirkliches Zeugnis für den Herrn.

«Der aber in die Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört; und die Sorge der Welt und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht» (V. 22).

Der Boden, auf dem Dornen wachsen und das gesäte Wort ersticken, zeigt einen Menschen, in dem das Wort keimt, aber durch die materiellen und irdischen Umstände erstickt wird. Das Wort Gottes hat keine Möglichkeit, in ihm zu einem Zeugnis für den Herrn heranzuwachsen. Es entsteht keine Frucht.

«Der aber auf die gute Erde gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und versteht, der wirklich Frucht trägt; und der eine bringt hervor hundert-, der andere sechzig-, der andere dreissigfach» (V. 23).

Die gute Erde stellt einen Menschen vor, der das Wort hört und versteht, weil das Wort sein Gewissen und sein Herz erreicht. Es bewirkt in seinem Innern eine sittliche Veränderung und wächst in seinem Leben zu einer Frucht, die den Sämann ehrt und dem Samen entspricht. Dieses Zeugnis für den Herrn wird in unterschiedlichem Umfang vor den Menschen sichtbar.