Der Widerspruch gegen den Herrn Jesus

«Denn betrachtet den, der so grossen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet (Heb 12,3).

Der Widerspruch, den der Herr Jesus Zeit seines Lebens auf dieser Erde von den Menschen erfuhr, war nicht das tiefste Leiden, das Er durchzumachen hatte. Aber es war schlimmer als körperliche Schmerzen, es war ein beständiger Schmerz für Ihn. «Den ganzen Tag verhöhnen mich meine Feinde; die gegen mich rasen, schwören bei mir.» (Ps 102,9).

Schon vor seiner Geburt machte sich Ablehnung bemerkbar. Es war kein Raum in der Herberge, so dass der Heiland der Welt in äusserst primitiven Verhältnissen geboren wurde und sein erstes Lager eine Futterkrippe war. Der alte Simeon wusste etwas von dem, was dieses Kindlein erwartete. Er sagte zu Maria: «Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird» (Lk 2,34). Dieser Widerspruch nahm kein Ende, bis er den Höhepunkt erreichte, als der Herr Jesus, dem ganzen Spott und Hohn preisgegeben, am Kreuz hing.

Wenn wir die Evangelien aufmerksam durchlesen, finden wir eine erschütternde Liste von dem, was dem Herrn vonseiten der Menschen widerfuhr. Seine Person, sein Tun und seine Lehre wurden kritisiert. Allem wurde widersprochen. Und wer tat dies? Alle Menschen, die Ihn umgaben: in erster Linie die religiösen Führer des Volkes, die Pharisäer und Schriftgelehrten. Aber auch die politischen Mächte: die Römer, Herodes und seine Anhänger, standen nicht zurück. Sogar seine Mitbürger, seine Familie und seine Jünger verstanden Ihn oft nicht und nahmen daher Stellung gegen Ihn. Welch ein beständiger Schmerz für seine heilige Seele!

Wir wollen uns einiges, wovon uns die Evangelien berichten, in Erinnerung rufen. Und indem wir Ihn betrachten, lasst uns nie vergessen, wer Er war, der solches erduldet hat.

1. Widerspruch gegen seine Person

a) Das Verhalten der Menschen zu Ihm

Es begann mit den Vorwürfen seiner Eltern, weil sie nicht verstanden hatten, wer ihr Kind war (Lk 2,48). Die Mitbürger seiner Vaterstadt «nahmen Anstoss an ihm», weil sie in Ihm nur den Zimmermann sahen (Mk 6,3). Als Er ihnen erklären musste, «dass kein Prophet in seiner Vaterstadt willkommen sei», auch Er nicht, griffen sie Ihn in ihrer Wut sogar tätlich an (Lk 4,28.29). Andere Zuhörer murrten über Ihn, weil Er ihnen sagte, was Er war und woher Er kam (Joh 6,41; das Brot aus dem Himmel).

Diese Ablehnung seiner Person musste Er vielfältig erfahren:

  • Seine Ankunft auf dieser Erde brachte Jerusalem und den Hof des Königs Herodes in Bestürzung. Aber da war keine Bereitschaft, Ihn zu empfangen, sondern ein Plan, Ihn zu töten (Mt 2,3.13).
  • Den Gadarenern waren die Schweine wichtiger als seine Person, der ihren Mitbürger geheilt hatte. Sie baten den Herrn, aus ihren Grenzen wegzugehen (Mt 8,34). Diese Ablehnung war zwar nicht grob, sondern höflich. Und doch tat es Ihm weh, dass man Ihn nicht wollte. Es ist immer traurig, wenn Er unsere Herzenstür für Ihn verschlossen findet, wenn wir keine Zeit für Ihn haben, weil wir sosehr mit anderen Dingen beschäftigt sind, wenn Er unverrichteter Dinge weitergehen muss (siehe Hld 5,2-6).
  • Oft war die Ablehnung im Innern verborgen. Der Herr Jesus war zugegen, die Zuhörer auch und «Kraft des Herrn war da, dass er heilte» (Lk 5,17). Aber ausser dem des Gelähmten wurden keine Herzen geheilt, weil sie nicht wollten!
  • Schlimmer noch war die Bedrohung vonseiten der eifersüchtigen Obersten des Volkes und von Herodes. Wusste Er von den geheimen Beratungen gegen Ihn? (Mk 3,6; Joh 11,53; Mt 26,3-5). Oh, es war Ihm alles klar. Er wusste, dass ihre Ablehnung tödlich war. Mehr als einmal hoben sie Steine auf und offenbarten damit, was in ihren Herzen war (Joh 8,44.59: als Kinder Satans; 10,31: als die falschen Hirten).
  • Vor Pilatus brachte das ganze Volk es dann mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck, dass sie den, «der umherging, wohltuend und heilend», nicht wollten. «Nicht diesen, sondern den Barabbas!» (Joh 18,40; Lk 23,18).

Neben der Ablehnung bekam Er auch ständig die Verachtung, die man für Ihn übrig hatte, zu spüren.

  • Er stand im Begriff, die Tochter des Jairus wieder zum Leben zu erwecken. Deshalb konnte Er sagen: «Das Mädchen ist nicht gestorben, sondern es schläft.» Wie reagierten die Anwesenden darauf? Sie verlachten Ihn! (Mt 9,24).
  • Die Pharisäer, die spürten, wie seine warnenden Worte ihnen galten, verhöhnten Ihn (Lk 16,14 Fussnote: rümpften ihre Nase über Ihn).
  • Obwohl Simon, der Pharisäer, Ihn einlud, erwies er Ihm nicht die geringste Ehre, die einem Gast zukommt: er wusch Ihm weder die Füsse, noch gab er Ihm den Willkommenskuss, noch salbte er Ihn (Lk 7,44-46).

b) Widerspruch von Gethsemane bis Golgatha

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Gefangennahme des Herrn, die Verhöre mit Ihm, und auf die letzten Stunden, kurz vor seinem Tod am Kreuz von Golgatha. Welche Verachtung, welcher Hohn und Spott traf seine heilige Person auf diesem Weg! Am letzten Tag seines irdischen Lebens brach der Widerspruch der Sünder ungehemmt und mit ganzer Energie aus den hasserfüllten Herzen hervor. Alles konzentrierte sich da auf den, der es stumm wie ein Lamm auf sich nahm.

Wie schmerzlich war der Kuss des Verräters für Ihn! «Sogar der Mann meines Friedens, auf den ich vertraute, der mein Brot ass, hat die Ferse gegen mich erhoben» (Ps 41,10).

In den Verhören richtete sich die Anklage wieder hauptsächlich auf seine Person: «Bist du der Christus, der Sohn des Gesegneten?» (Mk 14,61). «Du bist also der Sohn Gottes?» (Lk 22,70). Was anders konnte Er ihnen antworten, als ein letztes Mal bezeugen: «Ich bin es»? Aber sie wollten nicht hören, sie wollten nicht glauben. Sie entschieden sich für den Räuber Barabbas und gegen ihn.

Alle, denen sich Gelegenheit dazu bot, trieben ihren Spott mit dem Gefangenen: die «Schar» des Tempels, die römischen Soldaten und Herodes (Lk 22,63; Mt 27,29; Lk 23,11). Und als die Menschen ihr Ziel erreicht hatten und der Mensch gewordene Sohn Gottes, der abgelehnte König der Juden, am Kreuz hing, da schwiegen sie keineswegs. «Alle, die mich sehen, spotten über mich; sie reissen die Lippen auf, schütteln den Kopf». «Der Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend» (Ps 22,8; 69,21).

In den ersten drei Stunden des Kreuzes vereinigten sich Soldaten und Volk, Hohepriester, Schriftgelehrte, Älteste und gehängte Übeltäter, im Spott, in der Verhöhnung und Lästerung gegen den Einen, der am Kreuz in der Mitte hing (Mt 27,39-44; Lk 23,36).

«Die Vorübergehenden aber lästerten ihn, indem sie ihre Köpfe schüttelten und sagten: Der du den Tempel abbrichst und in drei Tagen aufbaust, rette dich selbst. Wenn du Gottes Sohn bist, so steige herab vom Kreuz! Ebenso spotteten auch die Hohenpriester samt den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten. Er ist Israels König; so steige er jetzt vom Kreuz herab, und wir wollen an ihn glauben. Er vertraute auf Gott, der rette ihn jetzt, wenn er ihn begehrt; denn er sagte: Ich bin Gottes Sohn. – Auf dieselbe Weise aber schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.»

Er hätte sich retten können, aber Er wollte nicht, wegen dir und wegen mir! Was wäre geschehen, wenn Er, der rechtmässige König, tatsächlich vom Kreuz herabgestiegen wäre? Hätte nicht der Tod die spottenden Untertanen auf der Stelle treffen müssen?

Auch das, was Ihm am meisten bedeutete: die innige, bis dahin ununterbrochene Gemeinschaft mit seinem Gott, dem Er in allem und allezeit vertraute, traten sie mit Füssen. Sie sahen keine sichtbare Erhörung und Errettung und nahmen daher sein Gottvertrauen zum Anlass für ihren Spott. Sie fügten hinzu: «wenn er ihn begehrt», d.h. überhaupt ein Interesse an Ihm hat. Und doch hatte Gott früher zweimal den Himmel über Ihm geöffnet, um den Menschen zu sagen, dass dieser sein geliebter Sohn war, an dem Er Wohlgefallen gefunden hatte. Für die spottenden Juden sollte die sichtbare Rettung vonseiten Gottes der Beweis seiner Gottessohnschaft sein.

Was wäre aus dir und mir geworden, wenn Er vom Kreuz herabgestiegen wäre?

c) Die Worte gegen Ihn

Mit welchen Worten haben die Menschen während seines Dienstes seiner Person widersprochen?

  • Seine Angehörigen meinten: «Er ist ausser sich» (Mk 3,21).
  • Ein anderes Mal sagten die Juden: «Er ist von Sinnen» (Joh 10,20).
  • Für die Bürger von Nazareth und andere Juden war Er nur «der Sohn Josephs, der Sohn des Zimmermanns» (Lk 4,22; Mt 13,55), Er, der doch aus dem Himmel herabgekommen war.
  • Andere bezeichneten ihn als «Fresser und Weinsäufer» (Mt 11,19).
  • Simon, der Pharisäer, meinte zweifelnd: «Wenn dieser ein Prophet wäre, so würde er erkennen …» (Lk 7,39).
  • Herausfordernd stellten die Hohenpriester seine Autorität infrage: «In welchem Recht tust du diese Dinge? Oder wer hat dir dieses Recht gegeben»? (Mk 11,28).
  • Die Schriftgelehrten behaupteten: «Er hat den Beelzebul» (Mk 3,22).

Das Johannes-Evangelium berichtet uns in besonderer Weise davon, wie die Juden seine himmlische Herkunft infrage stellten, wie sie sogar das Gegenteil behaupteten und Ihn deswegen verfolgten.

  • Sie suchten Ihn zu töten, «weil er Gott seinen eigenen Vater nannte, sich selbst Gott gleichmachend» (Joh 5,18).
  • «Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs? Wie sagt er nun: Ich bin aus dem Himmel herabgekommen?» (Joh 6,42).
  • «Du zeugst von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr» (Joh 8,13).
  • «Wo ist dein Vater?» (Joh 8,19).
  • «Jetzt erkennen wir, dass du einen Dämon hast» (Joh 8,52).
  • «Dieser Mensch ist nicht von Gott, denn er hält den Sabbat nicht» (Joh 9,16).
  • «Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist» (Joh 9,24).
  • «Wegen eines guten Werkes steinigen wir dich nicht, sondern wegen Lästerung und weil du, der du ein Mensch bist, dich selbst zu Gott machst» (Joh 10,33).

Welch eine Verlästerung des Sohnes Gottes!

2. Widerspruch gegen sein Tun

Nicht nur seiner Person wurde widersprochen, sondern auch dem, was Er tat.

  • «Warum isst und trinkt er mit Zöllnern und Sündern?» (Mk 2,16).
  • «Der Synagogenvorsteher aber, unwillig, dass Jesus am Sabbat geheilt hatte, hob an und sprach …» (Lk 13,14).
  • «Die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen» (Lk 15,2).
  • «Und als sie das sahen, murrten sie alle und sagten: Er ist eingekehrt, um sich bei einem sündigen Mann aufzuhalten» (Lk 19,7).

Wo wären wir, hätte Er sich nicht bis zu uns Sündern herabgeneigt? Glücklich sind wir, dass Er nicht gekommen ist, «Gerechte zu rufen, sondern Sünder».

3. Widerspruch gegen Ihn als Lehrer

Sehr häufig drückte sich der Widerspruch gegen das aus, was Er sagte:

  • Sie versuchten, «ihn in der Rede zu fangen» (Mk 12,13).
  • Sie «belauerten ihn» (Lk 14,1).
  • Sie versuchten Ihn mit verfänglichen Fragen (Mt 19,3; Mk 10,2).
  • Sie sandten bestochene Aufpasser (Lk 20,20).
  • Sie suchten, «ihn in seiner Rede in eine Falle zu locken» (Mt 22,15).
  • Sie «fingen an, mit ihm zu streiten» (Mk 8,11).
  • Sie «drangen hart auf ihn ein, und fragten ihn über vieles aus» (Lk 11,53).

Und warum das alles? Nicht aus Freude am Diskutieren, nicht um Ihn durch eventuelle Unkenntnis blosszustellen und so seinen Einfluss zu schwächen. Nein, ihre Gedanken gingen viel weiter. Sie hofften in dem, was Er sagte und lehrte, einen triftigen Anklagegrund zu finden, um Ihn verhaften und verurteilen zu können.

Gab es je einen Menschen, dem so oft, so vielfältig und so andauernd widersprochen wurde wie Ihm, unserem Herrn Jesus Christus? Nein! Einzig steht Er da in diesen Verwundungen des Herzens und der Seele, die wir Menschen als Sünder Ihm zugefügt haben.