Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten

Lukas 12,34-38

«Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.» Wenn wir Christus haben, so besitzen wir mit Ihm ewige Glückseligkeit, das Leben und die Erkenntnis des Vaters, alles was das Glück des Himmels ausmacht. Der Gegenstand, auf den wir blicken, verleiht unserem Gewissen und Herzen vollkommene Ruhe. Ich weiss, dass der, in dem der Vater seine Wonne findet, sich selbst für mich hingegeben, dass Er nicht nur des Vaters Liebe, sondern Gottes Gerechtigkeit völlig befriedigt hat. Dies gibt mir das Bewusstsein, vollkommen geliebt, vollkommen gereinigt zu sein. Mein Verhältnis und meine Stellung zu Gott sind nicht auf das gegründet, was ich bin, sondern auf das, was Christus getan hat. Das Gesetz stellte die Erlangung des Lebens an das Ende der Laufbahn, das Christentum schenkt es uns am Beginn. Der Christ hat die Erlösung hinter sich und durchwandert die Wüste in Wachen und Warten auf Ihn, der der Gegenstand seines Herzens ist, der nicht nur etwas, sondern sich selbst für ihn hingegeben, ja, der nichts zurückbehalten hat.

Was den Christen kennzeichnet ist dies, dass er jemand ist, der sich in einem Zustand der Erwartung befindet. «Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er aufbrechen mag von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich öffnen» (Lk 12,36). Der Zustand der Seele ist das Erste und Wichtigste, der Dienst fliesst daraus hervor. «Eure Lenden seien umgürtet und die Lampen brennend». Von dem eigenen Zustand hängt sozusagen die Qualität des Dienstes ab. Christus, wie Er uns offenbart ist, muss zum Massstab von allem gemacht und das Herz dadurch beim Wandel durch diese schmutzige Welt bewahrt und geschützt werden – «eure Lenden umgürtet». Zwei Dinge sind notwendig: das Herz soll durch Gottes Wort in Ordnung gehalten und die Tätigkeit des eigenen Willens verwehrt werden. Sobald wir nicht in der Gegenwart Gottes wandeln, so kommt das Ich zum Vorschein und ist der eigene Wille tätig. Wenn es uns aber ernst ist in unserem Laufen und Ergreifen, so sind wir froh, wenn irgendein Hindernis aus dem Weg geräumt wird. Prüfen wir unsere Herzen durch dieses! Würde ein Wettläufer, dem es um das Gewinnen des Preises zu tun ist, sich mit Gold beschweren? Ich habe alles durch den gleichen Prüfstein, Christus, zu beurteilen und werde, wenn Er mein Gegenstand ist, fahren lassen, was mich hindert, Ihm nachzustreben, Ihn zu gewinnen.

Aus diesem richtigen Zustand des Herzens fliesst ein klares, freudiges Bekenntnis für Christus. «Eure Lampen brennend». Wenn es mit dem Herzen nicht richtig steht, so nützt ein Bekenntnis nichts, und man wird sich auch immer scheuen es abzulegen, wenn die innere Kraft dazu fehlt.

Der Christ ist ein Mensch, dessen Zuneigungen auf Christus gerichtet sind, auf den er wartet. Wenn Er uns mit einem Preis erkauft hat, so ist es, damit wir wie Menschen seien, die auf ihren Herrn warten. Jedermann sollte diesen Zug in uns erkennen können. Neunundneunzig von den hundert Dingen, die uns hier unten so sehr in Anspruch nehmen, würden dadurch ihre Macht über uns verlieren. Kann die Welt von uns allen sagen, wie vor Zeiten von den Thessalonichern: Das sind Leute, die jeden Götzen aufgegeben haben, um Gottes Sohn vom Himmel zu erwarten? Die Welt sollte so von uns denken können. Es heisst: «Glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn Er kommt, wachend (nicht nur wartend) finden wird.»

Wir finden keine einzige Tat der Selbstsucht im ganzen Leben Christi. Er war immer zu jedermanns Dienst bereit. Wir sind so selbstsüchtig, dass es uns schwierig wird, an die Liebe Christi zu glauben. Er war die Liebe, deren Freude es ist zu dienen. Er nahm, indem Er Mensch wurde, Knechtsgestalt an, und wird diesen Charakter nie aufgeben, sondern selbst an jenem Tag «hinzutreten und sie bedienen». Dies ist seine Anerkennung für die Seinen, die aus herzlicher Liebe zu Ihm gewacht haben.