Die Versammlung des lebendigen Gottes (2)

Damit wir die «Versammlung des lebendigen Gottes»1 kennenlernen wie Er sie sieht, und sie von allen Seiten betrachten können, hat uns Gott in seinem Wort verschiedene Bilder gegeben. Heute wollen wir ein paar dieser Bilder, von denen jedes einen besonderen Gedanken Gottes zum Ausdruck bringt, nacheinander ins Auge fassen. Des knappen Raumes wegen sind unsere Erläuterungen unvollständig und lückenhaft. Für die Leser, die dadurch angeregt werden, tiefer in diese wichtigen Wahrheiten hineinzuschauen, geben wir am Schluss umfangreichere Werke bekannt, die ihnen bei diesem Bibelstudium behilflich sein können.

4. Der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit (1. Tim 3,15)

Wo findet der Mensch in der weiten Welt «die Wahrheit» – Wahrheit über Gott, über das Woher und Wohin des Lebens, über die Beziehungen des Menschen zu Gott, über den moralischen Zustand des Menschen, über die Rettung, das Gott ihm geben will, und über die Zukunft, der die Welt entgegengeht? – Nur bei der Versammlung Gottes. Sie anerkennt die Heilige Schrift als das «Wort der Wahrheit» (Joh 17,17) und verkündigt es. Sie ist auf den Felsen Jesus Christus aufgebaut, der «die Wahrheit» ist (Joh 14,6). Der heilige «Geist der Wahrheit» (Joh 14,16.17) wohnt in ihr, den die Welt nicht empfangen kann.

Wenn die Gläubigen unserer Tage auch durch Schwachheit und Untreue gekennzeichnet sind, so verkündigt die Versammlung Gottes, die alle Erlösten umfasst, doch immer noch die Wahrheit in dieser Welt, wie ein Pfeiler mit seiner Grundfeste oder seinem Sockel ein Bild tragen und sichtbar machen kann.

Die Wahrheit über die genannten Dinge ist also nicht bei den Menschen dieser Welt zu finden, die Jesus Christus fernstehen, den Geist der Wahrheit nicht besitzen und das Wort Gottes ablehnen oder missachten. Junge Leute, auf die die Weisheit der Welt oft einen grossen Eindruck macht, sollten diese Tatsache wohl beachten.

5. Hirt und Herde (Johannes 10)

In diesem Bild von der Versammlung Gottes steht unser Herr Jesus als der gute Hirte im Vordergrund. Er hat sein Leben gelassen für die Schafe. Er ist die Tür der Schafe. Wenn jemand durch Ihn eingeht, so wird er errettet werden. Denn der gute Hirte ist gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben.

Zwischen diesem «Erzhirten» und jedem einzelnen «Schaf» besteht nun eine persönliche Beziehung. Seine Schafe hören und kennen seine Stimme. Er ruft seine eigenen Schafe mit Namen. Er sagt: «Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen.» Noch etwas anderes geht aus diesem Bild hervor: Alle, die früher «umhergeirrt sind wie Schafe», jetzt aber in dieser persönlichen Beziehung zum «guten Hirten» stehen, bilden nun eine Herde mit einem Hirten! Sie umfasst sowohl Schafe aus dem jüdischen Schafhof wie auch solche aus den Nationen (Joh 10,16). Der Hirte lagert die Herde auf den grünen Auen und führt die Herde zu den stillen Wassern. Ein Schaf, das sich von der Herde fernhält, wird schwerlich die rechte Weide finden. Es beweist damit, dass es nicht auf die Stimme des guten Hirten hört. Wer da sagt: «Ich habe genug an meinem Hirten, was brauche ich die Herde!» wird kaum die im 23. Psalm beschriebenen, so unvergleichlichen Segnungen geniessen. Der gute Hirte ist bei seiner Herde. Da ist Nahrung und Trank, Bewahrung und Hirtenpflege zu finden.

Als die Braut im Hohenlied den Bräutigam fragte: «Sage mir an, du, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässt du lagern am Mittag?» – bekam sie zur Antwort: «Gehe hinaus, den Spuren der Herde nach!» (Hld 1,7.8) In der Sprache des Neuen Testaments würde das etwa heissen: Geh, erkundige dich im Wort nach Gottes Gedanken über «meine Versammlung» und befolge seine Anweisungen!

6. Der Leib des Christus

In den Briefen wird verschiedene Male von der Versammlung als dem Leib des Christus gesprochen. Lies bitte:

  • Römer 12,5
  • 1. Korinther 10,16.17
  • 1. Korinther 12
  • Epheser, 1,22-23; 4,4.12.15.16; 5,23.29.30
  • Kolosser, 1,18.24; 2,19; 3,15

Was will uns Gott mit diesem Bild eindrücklich machen? Erstens: die Versammlung Gottes ist keine Organisation.

Was versteht man denn unter Organisation?

Nur Gott kann Organismen, wie z.B. Pflanzen, Tiere oder Menschen schaffen. Ein solcher Organismus besteht aus vielen lebendigen Gliedern, die wechselseitig zu ihrem Wachstum und Gedeihen beitragen. Die Menschen vermögen keine solchen Organismen hervorzubringen. Sie bauen zwar Maschinen und Apparate, in denen die vielen vorfabrizierten Teile mechanisch zusammenarbeiten. Doch kann man dabei höchstens von einer Organisation reden. Die Maschine ist kein Lebewesen. Ihre Teile vermögen sich gegenseitig nicht zu erneuern.

Wenn die Menschen unter sich Vereine oder Gesellschaften bilden, so sind auch das nur Organisationen. Ihre Mitglieder haben wohl Leben und mehr oder weniger alle dieselben Interessen. Aber nicht Gott war es, der diese Körperschaften bildete. Er hat sie nicht durch seinen Odem verbunden. Sie sind also kein lebendiges Ganzes, kein Organismus.

Kirchliche Organisationen

Die Menschen waren von jeher geneigt, ihr Organisationstalent auch auf die kirchliche Sphäre zu übertragen. Im Lauf der Zeit wurde immer wieder eine neue Kirche oder Gemeinschaft gegründet, und das Neue begeistert den natürlichen Menschen. Es beginnt mit einem neuen, besonderen Glaubensbekenntnis, einem neuen Namen und einer Gemeindeordnung, nach denen sich das ganze kirchliche Leben abwickeln soll. Jeder, der dazu gehören will, muss sich dieser äusseren Organisation und den Männern, die ihr vorstehen, unterziehen. Ob er im Glauben steht und Leben besitzt, ob eine innere Verbindung mit Christus und den übrigen «Mitgliedern» besteht – danach wird in gewissen Kirchen gar nicht gefragt. «Aussenstehende Gläubige» dürfen in solchen Organisationen nicht dreinreden und ohne Erlaubnis keine Funktion und keinen Dienst darin ausüben.

Die Versammlung Gottes ist ein «Organismus»

Im Gegensatz zu einer «Organisation» der Menschen wird also der «Organismus» als lebendiges Ganzes geboren. An Pfingsten wurden alle Gläubigen in einem Geist (Apg 2) zu einem Leib (1. Kor 12,13) getauft. Von da an besteht die Versammlung als ein lebendiger Körper. Seither wird jeder Mensch, der «aus Wasser und Geist» geboren wird und somit eine Neugeburt erlebt, ohne sein Dazutun, diesem Leib hinzugefügt. Bevor er sich bewusst wird, was mit ihm geschehen ist, steht er schon aufgrund des neuen Lebens in unauflöslicher Verbindung mit dem Leib des Christus, durch den dasselbe Leben pulsiert. Er bleibt von nun an ein lebendiges Glied an diesem Organismus. Da gibt es keine «Austritte».

Wie funktioniert der Leib des Christus?

Das Wort Gottes benützt das Beispiel des menschlichen Leibes, um uns das zu erklären (1. Kor 12). Der Schöpfer hat jedem Glied des menschlichen Körpers seinen Platz zugeteilt, damit es dort seine besondere ihm zugewiesene Tätigkeit verrichte. Wollten einige seiner Glieder oder Organe miteinander die Plätze vertauschen, so entstünde zum Ruin des Leibes eine chaotische Verwirrung. Nein, jedes Glied bleibt an seiner Stelle und lebt nach den Gedanken des Schöpfers. Nur so ist das ideale Zusammenwirken aller Glieder möglich, zum Gedeihen des ganzen Körpers. Und wenn nur ein Glied versagt, so sind Schwachheit, Schmerz und Krankheit da.

So ähnlich ist es auch mit dem Leib des Christus. Gott setzt jedes Glied an seinen Platz (1. Kor 12,18), damit es aufgrund der ihm verliehenen Gnadengabe die ihm zugedachte Funktion ausübe, auch wenn es eine ganz verborgene ist, im Zusammenwirken mit allen übrigen Gliedern. Jeder soll den ihm von Gott angewiesenen Platz als lebendiges Glied am Leib einnehmen und seine Aufgabe im Gehorsam erfüllen, in der treibenden Kraft der Liebe (1. Kor 13). Auf diese Weise bewirkt «der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Mass jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes … zu seiner Selbstauferbauung in Liebe» (Eph 4,16). Auf die Natur der verschiedenen Gaben und ihrer Ausübung kommen wir in einem anderen Zusammenhang zu sprechen.

Nun aber folgt die zweite Tatsache, der überragende Hauptpunkt in unserem Bild:

7. Christus ist das Haupt des Leibes

Der Tod, die Auferstehung und die Verherrlichung Christi zur Rechten Gottes (Eph 1,20.21) sind die Voraussetzungen für die Bildung der Versammlung. Ohne Christus, das Haupt, wären die Glieder oder – wie man auch sagen könnte – der Rumpf des Leibes gar nie gebildet worden. Erst als das Werk der Erlösung für sündige Menschen vollbracht und Christus «über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird», als Mensch erhoben worden war, kam der Heilige Geist herab, um die Gläubigen zu einem Leib zu taufen.

Gleichzeitig hat Ihn Gott «als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt» (Eph 1,22.23). Ist das nicht ein Gedanke, der unsere Herzen berührt? Christus hatte – in Ehrfurcht sei es gesagt – die «Fülle» oder der Ergänzung durch die Versammlung nötig, damit «der Christus», Haupt und Leib, in Erscheinung treten konnte. So war nach Gottes Gedanken auch Adam, der erste Mensch, erst vollständig, als ihm seine Frau Eva gegeben worden war.

Das Haupt lenkt die Glieder seines Leibes

Der Mensch bewegt seine Glieder vom Haupt aus, durch das Leitungsnetz seiner Nerven. Christus aber lenkt die Glieder seines himmlischen Leibes hier auf der Erde durch den Heiligen Geist, der in jedem der Seinen wohnt. Jedes Glied untersteht unmittelbar dem Haupt und ist dem Herrn gegenüber verantwortlich, zur bestimmten Zeit die Funktion auszuüben, für die Er es benützen will. Wir Menschen dürfen nicht durch «Organisieren» in seine Hoheitsrechte eingreifen. Wir haben kein Recht, zu wählen oder zu bezeichnen, wer predigen, wer lehren und wer in ein bestimmtes Missionsgebiet hinausgesandt werden soll.

Oh, lasst uns «das Haupt festhalten» (Kol 1,19) und darüber wachen, dass nichts zwischen Ihn und uns trete und sein Herrschaftsanspruch durch nichts beschränkt werde!

Das Zeugnis von dem einen Leib

Ernstgesinnte Christen leiden und trauern wegen der Zersplitterung der Christenheit. Sie sagen sich: Wir gehören doch eigentlich alle zusammen. Aus dieser Not sind die Bewegungen der Allianz und der Ökumene entstanden. Man möchte dieser Verbundenheit im Herrn Ausdruck geben und findet sich zu «Wochen» oder zu «Tagungen» zusammen. Um dabei einander näher zu kommen, macht man sich vorübergehende Zugeständnisse und fasst Beschlüsse, – dann aber kehrt jede Gruppe wieder in ihr Gehege zurück.

Finden diese Bestrebungen den Beifall des Herrn? Ist der Zusammenschluss kirchlicher Organisationen zu einer Dachorganisation das göttliche Heilmittel in unseren Zeiten des Verfalls?

Wie aus den eingangs erwähnten Stellen hervorgeht, spricht das Wort Gottes nur von der Einheit des Geistes (1. Kor 10,17) und von dem einen Leib des Christus (Eph 4,4); es anerkennt keine andere Körperschaft. Die Einheit muss also nicht mehr gemacht werden. Wir sollen in dieser Welt vielmehr Zeugen sein von dem einen Leibe in Christus, der vor Gottes Augen ununterbrochen fortbesteht. Dieses Zeugnis von dem, was Gott geschaffen hat, können wir aber nur aufrecht halten, wenn wir uns sorgfältig von dem trennen, was der Mensch daraus macht, von den Sonderbekenntnissen, die eine Verleugnung der göttlichen Tatsache darstellen und die uns von andern Gläubigen trennen.

8. Das Haus Gottes

Unter diesem Bild wird die Versammlung als die Wohnung Gottes auf dieser Erde vor unsere Blicke gestellt. Im Gegensatz zu der Stiftshütte und dem Tempel des HERRN, die aus totem Material erbaut waren, handelt es sich hier um ein geistliches Haus (1. Pet 2,5; Eph 2,22). Wohl in Anlehnung an jene Wohnstätten Gottes im Alten Bund bezeichnet man heute manche Versammlungshäuser der Christen zu Unrecht als «Gotteshäuser».

Wie Christus baut

Der Herr Jesus sagte zu Petrus: «Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen» (Mt 16,18). Christus ist also seit dem Tag der Pfingsten bis heute der Bauende. Er baut das Haus nur auf der einen Grundlage, die in Epheser 2,19-20 genannt wird: «Ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, indem Jesus Christus selbst Eckstein ist.» Alle Menschen, die erlöst und wiedergeboren werden, sind zu Ihm gekommen, «als zu einem lebendigen Stein» und werden «als lebendige Steine» aufgebaut, «ein geistliches Haus» (1. Pet 2,5). In diesem Sinn wird das Haus Gottes erst vollendet sein, wenn der letzte lebendige Stein hinzugefügt worden ist. Dieser Bau wird von den «Pforten des Hades» nicht überwältigt werden.

Deinem Haus geziemt Heiligkeit

Welch feierlicher Gedanke: Die Kinder Gottes auf der Erde bilden zusammen den «Tempel des lebendigen Gottes»! (2. Kor 6,16). Er will darin wohnen und wandeln! Wenn schon der Psalmist angesichts des Tempels in Jerusalem ausrief: «Deinem Haus geziemt Heiligkeit!» (Ps 93,5), wie viel mehr haben die Erlösten, die zu seinem jetzigen geistlichen Hause gehören, Anlass, diese Tatsache zu bedenken! Wahrlich, es sollte uns ein heiliges Anliegen sein, zu erfahren, wie wir uns in diesem Haus zu verhalten haben! (1. Tim 3,15). Ordnung, Heiligkeit und Zucht müssen darin aufrechterhalten werden.

Gottesdienst in seinem Haus

Wer als lebendiger Stein ein Bestandteil des Hauses Gottes ist, gehört auch zur «heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus» (1. Pet 2,5). Höchstes Vorrecht, ewig mit Anbetung und Lobpreis vor dem Gott stehen zu dürfen, der sich in der Hingabe seines Sohnes als Gott der Liebe offenbart hat! Wenn wir es im Heiligen Geist tun, durchzieht ein tiefer Strom der Glückseligkeit unsere Herzen, der mit nichts anderem zu vergleichen ist.

Wie die Menschen bauen

In Epheser 2 und 1. Petrus 2 wird das Haus Gottes von der göttlichen Seite her betrachtet. Christus baut nur mit lebendigen Steinen.

In 1. Korinther 3 aber ist der Mensch mit dem Bauen betraut und für all sein Versagen verantwortlich. «Wir sind Gottes Mitarbeiter» sagt Paulus, «ich habe als ein weiser Baumeister den Grund gelegt … jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.» Im Lauf der Jahrhunderte hat der Mensch auf dieser Grundlage mit «Holz, Heu, Stroh» gebaut. Er hat menschliche Grundsätze, ja sogar Irrtümer und böse Lehren hineingebracht und Bekenner ohne Leben aus Gott dem Bau hinzugefügt. Dadurch ist das Haus Gottes in Unordnung geraten und zu einem grossen Haus geworden, in dem sich nicht nur Gläubige, sondern auch «Gefässe zur Unehre», das heisst unerlöste Menschen befinden (2. Tim 2,20.21).

Das Haus Gottes, wie der Herr es baut, umfasst – wie der Leib des Christus – nur die wahren Gläubigen. Zum «grossen Haus» aber gehört die ganze Christenheit, mit allen, die sich dazu zählen.

Welchen Rat gibt der Herr den Seinen, angesichts dieses «grossen Hauses»? – «Wenn nun jemand sich von diesen (Gefässen zur Unehre) reinigt (oder absondert), so wird er ein Gefäss zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.»

9. Bräutigam und Braut

Wie gibt doch dieses uns allen vertraute Bild aus dem Menschenleben der innigen und ewigen Beziehung des Herrn zu seiner Versammlung einen so ergreifenden Ausdruck! Diese Beziehung begann in der Vergangenheit (am Kreuz), ist in der Gegenwart eine wunderbare Wirklichkeit und wird in der Zukunft eine sichtbare und vollkommene Darstellung finden.

Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben (Eph 5,25)

«Der Weg eines Mannes mit einer Jungfrau» (Spr 30,19) ist wunderbar, vor allem aber das Verhältnis des himmlischen Bräutigams zu seiner himmlischen Braut. Wie unfasslich ist schon der Beginn. Was hat Er an denen gesehen, die Er sich auserwählt hat? Sie waren doch «tot in Vergehungen und Sünden»! Ob wir es begreifen oder nicht: Um diese Braut mit einer solchen Vergangenheit zu erwerben, hat Er sich selbst für sie in den Kreuzestod hingegeben! Wie Eva aus der Rippe des schlafenden Adams erbaut wurde (1. Mo 2,21-24), so verdankt die himmlische Braut ihren Ursprung dem Tod und der Auferstehung Christi, ihres Bräutigams. Er hat den Erlösten Leben gegeben (Joh 10,10), Schönheit (sie sind angenehm gemacht in dem Geliebten, Eph 1,6), Reichtum (2. Kor 8,9). Er ist ihnen geworden «Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung» (1. Kor 1,30.31). In allem, was die Braut ist und besitzt, rühmt sie sich des Herrn. Das Kreuz und das Grab stehen am Anfang der Beziehungen des Bräutigams zu seiner Braut als Monumente seiner alles Denken übersteigenden, unwandelbaren und ewigen Liebe.

«Damit Er sie heiligte» (Eph 5,26)

Wie könnte dieser Bräutigam seine Braut vergessen, die bis zu dem glückseligen Tag seiner Wiederkunft noch in dieser gefährlichen Welt wandelt? Oh nein, in unvergleichlicher Liebe denkt Er unablässig an sie. Er reicht ihr aus dem Heiligtum jede Hilfe dar, damit ihr Zustand inmitten der vielen Versuchungen und Proben heilig und rein bleibe. Er möchte, dass sie auch hier auf der Erde praktisch mit Ihm übereinstimme und Ihm entspreche. Um dieses zu erreichen, unterzieht Er sie immer wieder der Waschung mit Wasser durch das Wort. Er nährt und pflegt sie (Eph 5,29).

Was erwartet der Bräutigam von seiner Braut?

Dass sie Ihn liebe und für Ihn lebe. «Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt» (Joh 14,21). Die Braut soll in allem Ihm und seinem Wort unterworfen sein (Eph 5,24).

Dass doch alle, die zu seiner Braut gehören, dieser Erwartung entsprächen und auf die Belehrungen des Heiligen Geistes lauschten, der uns auf dem Weg durch die Wüste durch das Wort Gottes die Person des Bräutigams verklären will! – Wie würde da die Sehnsucht nach Ihm wachsen!

«Damit Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte» (Eph 5,27)

Verlobte freuen sich auf die Hochzeit, auf ihre eheliche Verbindung und auf ihr Heim. So belebt auch die Hoffnung auf die völlige Vereinigung mit dem himmlischen Bräutigam, wie auch die Aussicht, für immer an seiner Seite zu sein und seine Herrlichkeit zu teilen, die Schritte der Braut. – Und der Bräutigam? Er ruft ihr zu: «Ich komme bald!» Mit diesem Zuruf erfrischt Er nicht nur unsere Hoffnung, sondern gibt damit seiner eigenen Sehnsucht Ausdruck. Denn das Warten auf seine Braut kostet Ihn «Ausharren» (Off 3,10). Wenn die Stunde da ist, wird «Er selbst» kommen, in der freudigen Bewegung, die uns in Hohelied 2,8-12 (im Bild auf Israel bezogen) beschrieben wird.

Dann wird Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen. Sie wird weder Flecken noch Runzeln haben, sondern heilig und untadelig in vollkommener Schönheit erblühen. Sie wird Ihn sehen und Ihm gleich sein (1. Joh 3,2.3).

Während auf der Erde die Drangsalszeit zu Ende geht, findet im Himmel die Hochzeit des Lammes statt (Off 19,6-10). Dann kommt Er mit seiner Braut zum Gericht der Lebendigen herab und wird mit ihr über die Erde herrschen (Off 19,11-20,15); sie ist die himmlische Metropole des Tausendjährigen Reiches (Off 21,9-27). Dann folgen der ewige Zustand, der neue Himmel und die neue Erde. Und wieder wird sie als die heilige Stadt herabkommen wie eine für ihren Mann geschmückte Braut, als die Hütte Gottes bei den Menschen. Und er wird bei ihnen sein … (Off 21,1-6).

Welch herrliche himmlische Berufung! In der Tat, sie ist nicht hier gelassen, um die Welt zu verbessern.

  • 1Wo immer in unserem Aufsatz der Begriff «Versammlung Gottes» vorkommt, ist nicht irgendeine Versammlung von einigen Gläubigen gemeint. Dieser biblische Ausdruck sollte vom Standpunkt Gottes aus verstanden werden. Er hat immer sein ganzes Volk vor Augen.