Unser Verkehr in der Welt

Kolosser 4,5-6

«Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draussen sind, die gelegene Zeit auskaufend. Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, so dass ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt.» (Kol 4,5.6)

Das sind Ermahnungen von grosser Bedeutung. Das Draussen und das Drinnen sind zwei Bereiche, die im Wort Gottes deutlich auseinander gehalten werden. (Siehe 1. Kor 5,12; 1. Thes 4,12). Das Drinnen ist der Kreis derer, die Gott angehören, und seine Familie, seine Versammlung ausmachen. Das Draussen jedoch ist die Welt, zu der alle die gehören, die kein Leben aus Gott haben.

Die Welt steht der Wahrheit und denen, die die Wahrheit bekennen, in offener oder verdeckter Feindschaft gegenüber; das Draussen ist dem Drinnen entgegengesetzt. Die Welt beobachtet die Christen, die drinnen sind, um Fehler an ihnen zu entdecken. Die Christen müssen daher in Weisheit wandeln gegen die, die draussen sind, um ihnen keinerlei Anlass zu geben, schlecht von ihnen zu reden oder ihnen Vorwürfe zu machen, selbst nicht wegen scheinbar geringfügigen Dingen. (Siehe 1. Pet 4,14-16).

Die Weisheit ist vorsichtig und wachsam, sie weiss, was geziemend ist und was nicht, und ist nicht voreilig. Der Christ sollte diese wahre Weisheit besitzen, da er ja Leben aus Gott hat und vom Heiligen Geist geleitet wird. Hier geht es darum, sie auf seinen Wandel in der Welt anzuwenden. Sie besteht nicht darin, tüchtig zu sein in seinen Geschäften und hier auf der Erde «vorwärts» zu kommen, wie man sagt; das wäre Weisheit dieser Welt. Die Weisheit von oben kennzeichnet sich durch einen Wandel mit Gott, wobei der Geist durch das Licht von oben erleuchtet wird.

Aber sie schliesst die Liebe gegen die, die draussen sind, nicht aus. Im Gegenteil, wenn der Christ keinen Anlass zur Schmähung gibt, so vermag er umso mehr denen diese Liebe zu erweisen, die Gott noch nicht kennen. Ein Wandel ohne Weisheit im Verkehr mit der Welt, ein Wandel, an dem es vieles auszusetzen gibt, verschlösse ihm die Türe zu denen, welchen er die Gnade Gottes bekannt machen möchte, und er hätte auch keine Freimütigkeit, es zu tun. Wandelt er aber in der Weisheit, das Herz von der Liebe Christi erfüllt, die das Heil der Seelen, aber auch die Ehre Gottes sucht, so wird er die Gelegenheit ergreifen, wann und wo sie sich ihm bietet, um andere einzuladen, zum Herrn und zu seiner Gnade zu kommen. Wie ist der Wandel eines weisen Christen, der allezeit, sowohl gegen die Gläubigen als auch gegen alle Menschen dem Guten nachstrebt (1. Thes 5,15), dem Herrn so wohlgefällig!

Dem Aufruf, «die gelegene Zeit auszukaufen», wird die Ermahnung angeschlossen: «Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt.» Unser äusseres Leben, das die Welt sehen kann, setzt sich aus Handlungen und Worten zusammen, die als Ausdruck unseres Innenlebens davon Zeugnis geben sollten, dass sich dieses in der Gemeinschaft mit Gott abspielt. Hier geht es besonders um unser Wort, um das, was aus unserem Mund hervorkommt. Es soll «in Gnade» sein. Die Gnade, deren Gegenstand der Gläubige ist und die sein Herz allezeit erfüllen sollte, wird sich in den Worten zeigen. Sie werden voller Sanftmut und Güte sein, ein Ausfluss göttlicher Gnade, geeignet, die Herzen zu dem zu ziehen, der ihre Quelle ist. Die Gnade ist geduldig, die Gnade tröstet, die Gnade richtet das niedergeschlagene Herz auf und ermuntert es. Solcher Art werden die Wirkungen der Worte eines Christen sein, wenn er sie «in Gnade» an die andern richtet. Das soll «allezeit» so sein, sagt der Apostel. Die Gnade wird jede Bitterkeit, jede Klage, alles üble Nachreden und jede Oberflächlichkeit ausschliessen. Auch eitles Geschwätz wird aus den Gesprächen derer verbannt sein, die die Ermahnungen der Apostel zu Herzen nehmen (Eph 4,29; 5,4). Wir werden so Nachahmer dessen sein, von dem gesagt ist: «Holdseligkeit ist ausgegossen über deine Lippen» (Ps 45,3), und dem alle Zeugnis gaben, dass Worte der Gnade aus seinem Mund hervorgingen (Lk 4,22).

Aber die Sanftmut der Gnade schliesst die Würze der Heiligkeit und der göttlichen Wahrheit nicht aus; sie muss von dieser Energie begleitet sein, die das Böse richtet und sich völlig davon absondert. Das Wort muss «mit Salz gewürzt» sein. Ist unsere Seele in der Gegenwart Gottes, so wird sie die Gnade geniessen und sie in ihren Worten weitergeben; aber diese selbe Gegenwart trennt uns vom Bösen, das wir wahrnehmen, und unser Wort wird dann ernst, manchmal sogar streng und warnend sein, das Böse anprangern und niemals abschwächen. Unser Wort wird dann auch die anderen Auswirkungen der Gegenwart Gottes, die mit seiner Heiligkeit verbunden sind, spürbar machen.

Ausgerüstet mit der Gnade und dem Salz, die das durch die Gnade hervorgerufene Wort würzt, vermag der Christ jedem nach seinen besonderen Bedürfnissen zu antworten. Wie vielen solchen Bedürfnissen begegnen wir doch auf unserem Weg! Da gibt es Bedürfnisse des Herzens und des Gewissens, Trübsale und Nöte, Verirrungen auf böse Wege, Niedergeschlagenheit und Entmutigung, Unglaube und Zweifel. Die Zustände der Seelen sind so verschieden! Jeder braucht ein besonderes Wort, aber jedes muss aus der Liebe kommen. Die göttliche Weisheit muss uns erleuchten, damit wir wissen, wie wir jedem einzelnen antworten sollen; und diese Weisheit wird dem nicht mangeln, der mit Gott lebt.

Welch vollkommenes Vorbild haben wir in dieser Beziehung doch in unserem Heiland! Das 15. Kapitel des Matthäus-Evangeliums bringt seine Vollkommenheit zum Ausdruck. Der Herr antwortete dort der Reihe nach den Pharisäern, den Volksmengen, der armen Syro-Phönizierin und seinen eigenen Jüngern, entsprechend ihrer Heuchelei, ihrer Unwissenheit, ihrer Selbstsucht und ihren Nöten. Bei den einen deckte Er das Böse auf, andere belehrte Er mit grosser Geduld, eine bedürftige Seele suchte Er mit Weisheit und Gnade zu nähren. In dem Augenblick, wo ein Bedürfnis an Ihn herantrat und seinen Dienst nötig machte, war Er in Liebe bereit, ihm mit Weisheit, in Gnade und Wahrheit zu entsprechen.