«Ich bin der HERR, und sonst ist keiner! Der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, den Frieden (das Wohlergehen) mache und das Unglück schaffe – ich, der HERR, bin es, der dies alles wirkt» (Jes 45,6.7).
Der eine wahre Gott ist der Ursprung aller Dinge. In vielen Religionen werden «Gut» und «Böse» oder «Licht» und «Finsternis» als einander widerstreitende ebenbürtige Mächte betrachtet. Doch Gott offenbart sich in seinem Wort hier als der, der nicht nur das Licht gebildet, sondern auch die Finsternis geschaffen hat (obwohl letzteres in 1. Mose 1,3-5 nicht ausdrücklich gesagt wird). Er macht sowohl den Frieden als auch das Unglück, denn Er ist die letzte Ursache und steht über allem.
Doch der Ausdruck: «Der ich … das Unglück (oder: das Böse) schaffe», hat schon vielen Bibellesern Kopfzerbrechen bereitet. Ist Gott denn der Ursprung des Bösen oder der Sünde? Kann Er, der zu rein von Augen ist, um Böses zu sehen (Hab 1,13), die Sünde gewollt haben, um seine Liebe und Gnade noch überwältigender erweisen zu können, wie einige meinen? Diese Möglichkeit muss absolut verneint werden. Das Böse an sich hat seinen Ursprung nicht in Gott, der Licht und Liebe ist, sondern im Willen der Geschöpfe, die sich frevelhaft gegen Gott und seine Autorität aufgelehnt haben (Hes 28,15; Röm 5,12).
Aus diesem Grund denken andere, das Unglück oder das Böse beschränke sich hier auf die Folgen der Sünde, wie beispielsweise der Tod des von David im Ehebruch gezeugten Kindes oder die Plage Israels als Strafe für die Zählung des Volkes (2. Sam 11; 12 und 24). Aber eine derart eingeengte Betrachtungsweise wird dem tiefen Gehalt dieser Worte nicht gerecht. Hatte der vollkommene und rechtschaffene Hiob gesündigt, als er sagte: «Wir sollten das Gute von Gott annehmen, und das Böse sollten wir nicht auch annehmen?» (Hiob 2,10). Er hatte zwar Furchtbares erlebt, aber nicht infolge seiner Sünden. Die Unglücksfälle, die Gott im Leben Hiobs erlaubte, dienten zur Läuterung seines Glaubens.
Unter dem «Unglück» oder dem «Bösen», das Gott schafft, ist daher auf gar keinen Fall das Böse an sich, die Sünde, zu verstehen, sondern das, was Er dem Menschen auf seinem Lebensweg begegnen lässt und was diesem aus seiner menschlichen Sicht als böse oder übel erscheint. – Wie gut ist es zu wissen, dass Gott auch in dieser Hinsicht hinter und über allem steht (Klgl 3,38; Amos 3,6; Röm 8,28).