Das Wesen der Liebe

1. Korinther 13,4-7

In 1. Korinther 13 gibt uns der Heilige Geist eine kurze, aber überaus schöne Abhandlung über die Liebe. Darin zeigt uns der Apostel Paulus als inspirierter Schreiber des ersten Korinther-Briefes nicht was wir sind, sondern was die Liebe ist. Überdies wird uns die Liebe in ihrem Wesen vorgestellt und nicht ihre eigentlichen Aktivitäten. Die Liebe ist zwar aktiv und muss es auch sein. Aber hier wird uns mehr ihre passive (d.h. leidende) Seite gezeigt – das, was Liebe ist und nicht so sehr, was sie tut.

Zuerst hebt der Apostel den Wert der Liebe hervor. Alles, worauf die Korinther stolz waren – ihre Redegewandtheit, ihre geistlichen Segnungen, ihre Tätigkeiten – blieb nutzlos, wenn die Liebe nicht der Beweggrund dazu war (V. 1-3).

In den Versen 4-7 stellt er uns ihr Wesen vor, wie es sich in all seinen schönen Eigenschaften entfaltet.

Zum Schluss betont er den bleibenden Charakter der Liebe. Sie versagt weder im Lauf der Zeit, noch vergeht sie in der Ewigkeit. «Die Liebe vergeht niemals. … Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die grösste aber von diesen ist die Liebe» (V. 8-13).

Wir wollen im Folgenden anhand der Verse 4-7 ein wenig über den wahren Charakter der Liebe nachdenken.

Ihre ersten acht Eigenschaften in den Versen 4 und 5 zeigen, dass die Auswirkungen der Liebe in ihrem Wesen zu einer völligen Aufgabe des eigenen Ichs mit seiner Ungeduld, seinem Mangel an Rücksicht, seinem Neid, seiner Forschheit, seiner Selbstüberhebung, seinem Mangel an Höflichkeit, seiner Selbstsucht und seiner Streitsucht führen.

  1. «Die Liebe ist langmütig.» Das Fleisch (unsere alte Natur) ist immer ungeduldig, aber die Liebe kann ausharren und auf Gottes Zeit warten. Im Gegensatz zur Ausdauer der Liebe ist die fleischliche Geduld bald erschöpft.
  2. Die Liebe «ist gütig». Wenn das Fleisch einmal wirklich wartet, dann geschieht es in einem verdriesslichen und ärgerlichen Geist. Die Liebe aber kann, während sie wartet, eine gütige Gesinnung bewahren, die auf andere Rücksicht nimmt.
  3. «Die Liebe neidet nicht.» Das Fleisch sucht immer einen Platz über den andern zu erlangen. Es wird neidisch, wenn andere begünstigt werden oder zu einer höheren Position kommen als es selbst.
  4. «Die Liebe tut nicht gross.» Das Fleisch drängt sich vor, indem es schnell berühmt werden möchte. Die Liebe ist nicht anmassend, sondern vielmehr bescheiden und zurückhaltend.
  5. Die Liebe «bläht sich nicht auf». Das Fleisch ist eingebildet und voll Selbstüberhebung. Die Liebe nimmt den demütigen Platz im Dienst gegenüber anderen ein.
  6. Die Liebe «gebärdet sich nicht unanständig». Auch wenn jemand zu den sozial hochstehenden Menschen gehört, kann sein Fleisch grob und unanständig sein. Die Liebe aber führt sowohl den, der von edler Geburt ist, als auch den Niedrigen dazu, sich höflich zu benehmen.
  7. Die Liebe «sucht nicht das Ihre». Unser Ich ist immer selbstsüchtig und sucht seine eigenen Interessen. Die Liebe dagegen ist selbstlos und uneigennützig. Sie sucht das Wohl der andern.
  8. Die Liebe «lässt sich nicht erbittern». Das Fleisch ist immer empfindlich und schnell dabei, Anstoss zu nehmen und Beleidigungen zu verübeln. Die Liebe ist langsam zum Zorn und nicht so leicht erregt und aufgebracht. Sie kann aber tatsächlich gereizt werden, denn wir werden in Kapitel 10,22 davor gewarnt, den Herrn zur Eifersucht zu reizen. Aber der Herr ist langsam zum Zorn und wird nicht so schnell herausgefordert.

In den drei Eigenschaften, die nun folgen, lernen wir, dass die Liebe nicht nur zur Aufgabe des eigenen Ichs führt, sondern sich positiv über das freut, was heilig und wahr ist.

  1. Die Liebe «rechnet Böses nicht zu». Das Fleisch ist schnell dabei, Böses zu vermuten und falsche Motive zu unterstellen. Solange es keine klaren Beweise gibt, nimmt die Liebe nicht an, dass Böses vorhanden ist.
  2. Die Liebe «freut sich nicht über die Ungerechtigkeit». Leider gefällt es dem Fleisch, sich mit Bösem zu beschäftigen. Aber der Liebe ist es überhaupt kein Vergnügen, wenn sie Böses entdeckt oder es ans Licht bringen muss.
  3. Die Liebe «freut sich mit der Wahrheit». Das Fleisch ist unheilig und kann in der Beschäftigung mit Bösem eine Befriedigung finden. Die Liebe hingegen ist heilig und findet ihre Freude in der Beschäftigung mit der Wahrheit. Sie ist also nicht blind, denn sie kennt und schätzt die Wahrheit.

Die letzten vier Eigenschaften sprechen von der Energie der Liebe. Wer diese besitzt, wird in einer feindlichen Welt aufrechterhalten.

  1. Die Liebe «erträgt alles». Das Fleisch kann nur wenig ertragen, ohne seinen Unmut zu zeigen. Die Liebe kann alles ertragen, oft ganz in der Stille.
  2. Die Liebe «glaubt alles». Das Fleisch ist immer misstrauisch. Die Liebe dagegen ist arglos und bereit, das Gute zu glauben, solange es keine offensichtlichen Beweise für das Gegenteil gibt, auch wenn vieles da ist, was Zweifel aufkommen lässt.
  3. Die Liebe «hofft alles». Das Fleisch ist stets bereit, Böses zu vermuten und das Schlimmste zu glauben. Die Liebe schaut mehr auf das Gute als auf das Böse und hofft das Beste, sogar dann, wenn vieles hoffnungslos erscheinen mag.
  4. Die Liebe «erduldet alles». Das Fleisch setzt das Schlimmste voraus und hat keine Hoffnung. Und da, wo keine Hoffnung mehr ist, gibt es auch keine Kraft, um etwas zu erdulden. Die Liebe hofft alles und stärkt den, der sie besitzt, um bei Widerstand und Entmutigung durchzuhalten und dies zu erdulden.