Die Gleichnisse des Herrn (4)

Matthäus 7,24-27; Matthäus 22,11-14; Lukas 12,13-21; Lukas 16,19-31

a) Gleichnisse für Sünder (Fortsetzung)

Der Sünder vor der Ewigkeit

In einigen Gleichnissen machte der Herr den Sünder darauf aufmerksam, dass sein jetziges Verhalten, das sich auf eigene Weisheit und Frömmigkeit stützt und auf das Irdische gerichtet ist, katastrophale Folgen hat.

Das Haus auf dem Sand (Mt 7,24-27)

Als Abschluss der Belehrungen Christi über das Reich der Himmel, die in den Kapiteln 5 – 7 des Matthäus-Evangeliums zusammengefasst sind, erzählte der Herr Jesus ein Gleichnis und sagte: «Jeder nun, der irgend diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute.»

Unser Leben ist wie ein Haus, das jeder für sich persönlich bauen muss. Jeder wird selber die zeitlichen und ewigen Folgen seines Bauens ernten. Wie wichtig ist es da, nach dem richtigen Bauplan auf die einzig sichere Grundlage zu bauen, die ewig standhält.

Wo sind dieser Plan und dieses Fundament zu finden? In Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der herabgekommen ist, um durch sein Erlösungswerk sein irdisches Volk – und die Verlorenen überhaupt – «zu erretten von ihren Sünden» (Mt 1,21).

Mit denen, die Buße tun und ihre Sünden bekennen, macht Er sich eins (Mt 3,13). Für sie, die sein Wort hören und Ihn im Glauben annehmen, ist Er das Heil Gottes und der Eingang in das Reich der Himmel. Wer auf diesem unerschütterlichen Felsen steht, den Gott selber gegründet hat, wird sich nun dadurch kennzeichnen, dass er in seinem praktischen Leben «hört und tut». was Er sagt.

Wer so handelt, ist ein «kluger Mann», denn er trägt Vorsorge für das, was kommen wird: «Und der Platzregen fiel herab, und die Ströme kamen, und die Winde wehten und stürmten gegen jenes Haus an; und es fiel nicht, denn es war auf den Felsen gegründet.» – «Platzregen», «Ströme» und «Winde» sind Bilder von den kommenden Gerichten Gottes.

Wer auf Christus und sein Wort gegründet ist, kann selbst in Zeiten grösster Trübsal, in die er besonders wegen seiner Nachfolge Christi kommen mag, im Glauben und im Vertrauen auf Ihn standhalten. Die Hoffnung auf die ihm in den Himmeln verheissene Glückseligkeit hält ihn darin aufrecht (Mt 5,1-12).

Selbst in den Tagen der Drangsal, die dem irdischen Volk angekündigt sind, wird der gläubige Überrest ausharren und errettet werden, weil er auf dem «Felsen» steht (Mt 24).

Jene schrecklichen Gerichte werden aber auch über die Nationen und die Namenchristen hereinbrechen, die die Worte Jesu, das Evangelium wohl gehört, aber nicht befolgt haben: «Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, der wird mit einem törichten Mann verglichen werden, der sein Haus auf den Sand baute; und der Platzregen fiel herab, und die Ströme kamen, und die Winde wehten und stiessen an jenes Haus; und es fiel, und sein Fall war gross.»

Wer ein Wohnhaus baut, ohne sich um die Grundlage und die kommenden Stürme zu kümmern, ist töricht. Wie viel grösser und verhängnisvoller aber ist die Torheit dessen, der sein Lebenshaus statt auf Gottes Wort auf die eigenen Gedanken und auf die eigene vermeintliche Weisheit baut, ohne an die angekündigten Gerichte zu denken! Wer nicht durch Glauben auf dem Felsen Jesu Christi steht, wird unweigerlich ins Gericht kommen und in Ewigkeit die Folgen seiner Torheit und seines Ungehorsams zu tragen haben. Ja, wie gross und unabänderlich wird sein Fall sein!

Der reiche Bauer und seine Scheunen (Lk 12,13-21)

Einer aus der Volksmenge wollte den Lehrer in einem Erbstreit mit seinem Bruder zum Anwalt machen. Der Herr aber sagte zu der Volksmenge: «Gebt acht und hütet euch vor aller Habsucht, denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht durch seine Habe Damit ihnen diese Warnung eindrücklich würde, erzählte Er ihnen das Gleichnis von einem reichen Menschen, der Land besass. Dieses trug so viel ein, dass er den Plan fasste, grössere Scheunen zu bauen, um all sein Gewächs und seine Güter darin aufzustapeln und nach Bedarf für sich selbst verwenden zu können. Und dann sagte er zu seiner Seele: «Seele, du hast viele Güter daliegen auf viele Jahre; ruhe aus, iss, trink, sei fröhlich

Seine vielen Güter waren sein ein und alles: sein Ruhekissen für die Zukunft, seine Quelle des Genusses und der Freude.

«Gott aber sprach zu ihm: Du Tor! In dieser Nacht fordert man deine Seele von dir; was du aber bereitet hast, für wen wird es sein? So ist der, der für sich selbst Schätze sammelt und nicht reich ist in Bezug auf Gott

Wie tragisch! So nahe vor dem Tor der Ewigkeit, beschäftigte sich dieser Mann immer noch nicht mit der Frage: Wie kann ich Gott begegnen? Alle seine Gedanken kreisten nur um seinen Besitz, den er jetzt zurücklassen musste und der ihm im Hades von keinerlei Nutzen war! Wie arm war er nun!

Nur durch den Glauben an das Heil, das Gott in Christus anbietet, kann der Mensch «reich in Bezug auf Gott» werden. Statt auf die Ungewissheit des Reichtums Hoffnung zu setzen, ist dann seine Hoffnung auf Gott, und er wird den ihm anvertrauten Reichtum für Gott verwalten und sich bemühen: «Gutes zu tun, reich zu sein an guten Werken, freigebig zu sein, mitteilsam» und sich so «eine gute Grundlage auf die Zukunft sammeln» (1. Tim 6,17-19).

Fröhlich und in Prunk leben – und am Ort der Qual seine Augen aufschlagen (Lk 16,19-31)

Der Anfang dieses Gleichnisses ist dem vorangegangenen ähnlich. Auch dieser Reiche lebte in selbstsüchtiger Weise nur für sich selbst. «Er kleidete sich in Purpur und feine Leinwand und lebte alle Tage fröhlich und in Prunk Er hatte keine Verbindung mit Gott, der für die Armen besorgt ist, und hatte Ihn nicht erkannt (1. Joh 4,7.8.20). Sonst hätte er den kranken Lazarus in seinem Torweg nicht hungern und ohne Pflege dahinsiechen lassen. Auch er lebte nur dem zeitlichen Genuss und Vergnügen und wies den Gedanken, einmal vor den heiligen Gott treten zu müssen, immer wieder von sich. Aber es kam ein Tag für den Armen und ein Tag für den Reichen, der ihr Los völlig veränderte. Lazarus starb, und seine Seele wurde von den Engeln in den Schoss Abrahams, d.h. ins Paradies getragen, wo die Seelen der entschlafenen Gläubigen sind, die der leiblichen Auferstehung entgegenharren. Nicht seine Armut war es, die Lazarus in der jenseitigen Welt diesen herrlichen und gesegneten Platz gab, sondern einzig sein Glaube an die Verheissungen Gottes in seinem Wort. Ohne Glauben ist es ja unmöglich, Gott wohlzugefallen (Heb 11,6). Befreit von seinem kranken und schwachen Leib, wurde er jetzt wunderbar getröstet.

«Es starb aber auch der Reiche.» – Bei seinem Tod traten nicht die Engel, sondern die Menschen in Tätigkeit: «er wurde begraben». Wie es unter den Reichen damals üblich war, werden sie seinen Leib mit teuren Gewürzsalben einbalsamiert und in einer in Felsen gehauenen Gruft prunkvoll bestattet haben. Aber was geschah inzwischen mit ihm selbst, mit seiner Seele? «Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war …»

Unvermittelt, von einem Augenblick zum andern, wurde er aus diesem Leben, in dem er «sein Gutes völlig empfangen hatte», an den «Ort der Qual» versetzt. Er befand sich nun nicht in einem «Seelenschlaf», wie uns eine Irrlehre glauben machen will, sondern in einem Zustand, wo er tief empfinden, sehen und überlegen konnte.

Worin bestand denn die Qual seiner Seele? – In der Erkenntnis: Ich bin in meinen Sünden gestorben (Joh 8,21). Sie sind beständig vor mir. Sie klagen mich an und werden mich auf ewig von Gott trennen. Ich hatte die Möglichkeit, durch Umkehr und Glauben errettet zu werden und ins Reich der Himmel einzugehen. Aber ich habe nicht gewollt. Ich hörte nicht auf Gottes Stimme und stiess seine Gnade von mir. Ich wollte das Leben auf der Erde in vollen Zügen geniessen und mich nicht durch irgendwelche Gedanken an das Kommende darin stören lassen. Nun bin ich für immer in der Finsternis.

Ob er jetzt wohl auch wusste, dass es für ihn eine leibliche Auferstehung geben wird, nicht zur Befreiung, sondern zum Gericht? (Off 20,11-15). Wusste er, dass er dann in den Feuersee geworfen wird, der dem Satan und seinen Engeln bereitet ist (Mt 25,41) und dies dann sein ewiges Teil sein wird? Wie hätte dieses Bewusstsein seine Unruhe und Qual erhöhen müssen! Und bei diesem allem sah die Seele dieses einst reichen und verwöhnten Mannes, wie Lazarus «im Schoss Abrahams» jetzt getröstet wird. Wenn er doch wenigstens etwas von diesem Trost haben könnte und Lazarus käme, die «Spitze seines Fingers» ins Wasser tauchte und ihm den brennenden Durst nur ein klein wenig stillte!

Aber Abraham sagte nein. Das schreckliche Los des einst reichen Mannes, der nun im Hades leidet, ist die unabänderliche Folge seines Verhaltens gegenüber Gott während seines Erdenlebens. Zudem ist zwischen dem Ort der Seligen und dem Ort der Qual eine grosse Kluft befestigt, die nie mehr überbrückt werden kann. Sie ist endgültig!

Wie sollten doch diese ernsten Tatsachen, die der Herr enthüllt, einem jeden die Augen öffnen, der die ihm auf der Erde gewährte Gnadenfrist vertändelt und sich mit der falschen Hoffnung tröstet, es gebe im Jenseits noch einen Ausweg.

Nun dachte der ehemalige Reiche an seine fünf Brüder auf der Erde, von denen er wusste, dass sie noch nicht Buße getan hatten und daher auch an seinen Ort der Qual kommen müssten, wenn sie nicht jetzt umkehrten. Er meinte, wenn Lazarus – der ihnen bekannt war – aus den Toten zu ihnen ginge und «sie dringend warne», dann würden sie auf ihn hören. – Aber die Antwort Abrahams, die der Herr mitteilt, ist in dieser Beziehung sehr aufschlussreich. Er sagt: «Wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören, werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht

Jeder Mensch möge auf das Wort Gottes hören und ihm gehorchen. Es gibt kein anderes Mittel, das ihn zur Umkehr und zum Glauben bringen kann. Selbst Wunderwerke können den nicht überzeugen, der das Wort nicht zu Herzen nimmt. Wie wichtig ist es also, dass es schlicht und rein bezeugt wird. Es besitzt göttliche Kraft und ist in den Glaubenden wirksam (1. Thes 2,13). Wer dem göttlichen Wort widersteht, ist für die ewigen Folgen, die er ertragen muss, voll verantwortlich.

Der Mann ohne Hochzeitskleid (Mt 22,11-14)

Im Gleichnis vom «König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete», das wir in einem anderen Zusammenhang noch berühren werden, wird von einem Menschen berichtet, «der nicht mit einem Hochzeitskleid bekleidet war.» Konnte man ihm dies vorwerfen, da er doch «einer von der Landstrasse» war, einer von den «Armen und Krüppeln und Lahmen und Blinden», die doch eingeladen worden waren?

Zu jener Zeit war es Sitte, dass der zum Hochzeitsfest Einladende für seine Gäste auch die Festkleider bereitlegte, die seinem Stand, seinem Reichtum und seinem Geschmack entsprachen. Wer so an der Tafel sass, gefiel dem Hausherrn und half mit, etwas von den Herrlichkeiten des Hauses und seines Besitzers zu offenbaren.

So muss auch für jenen Armen von der Landstrasse ein Kleid bereit gewesen sein, das er statt seines armseligen eigenen Gewandes hätte anziehen können. Warum tat er es denn nicht?

Ach, es gibt viele Menschen, die da glauben, im Kleid der eigenen Gerechtigkeit vor Gott hintreten zu können! Sie sind stolz auf ihre eigene Güte und ihre eigenen guten Werke. Ein derartiger religiöser Hochmut, der mit der eigenen Frömmigkeit prahlt, hält diese Menschen davon ab, sich von Gott selbst bekleiden zu lassen.

Welches Kleid, das der eigenen göttlichen Vollkommenheit und der Herrlichkeit seines Hauses entspricht, hält denn Gott für den Sünder bereit? – «Christus Jesus ist uns geworden … von Gott … Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung; damit, wie geschrieben steht: ‹Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn›» (1. Kor 1,30.31) – «Den, der Sünde nicht kannte, hat er (Gott) für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm» (2. Kor 5,21) – Gott hat uns «begnadigt – oder «angenehm gemacht» – in dem Geliebten» (Eph 1,6).

Aber wie kann denn der Mensch in den Besitz dieses Kleides gelangen? Der Apostel sagt: «Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet» (Röm 4,5). – Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit (Röm 10,4).

Für den, der sich jetzt im Kleid der eigenen Gerechtigkeit unter die Gläubigen mischt und sich zu denen zählt, die Gott bekleidet hat, um am himmlischen Hochzeitsfest seines Sohnes teilzunehmen, wird es ein schlimmes Erwachen geben: Er wird in die äussere Finsternis hinausgeworfen werden, wo das Weinen und das Zähneknirschen ist. Er wollte seine Sündhaftigkeit nicht anerkennen, hat die Gnade Gottes in Christus von sich gestossen und verachtet. Im Licht Gottes wird er dann – zu spät – erkennen, dass er auf demselben Boden steht wie der grösste Sünder, der dem Evangelium Gottes nicht gehorcht hat.

Wie ernst sind doch diese Gleichnisse, in denen unser Herr die Sünder aufruft, an die ewigen Folgen zu denken, die sie ernten müssen, wenn sie an der Menschenweisheit festhalten statt an Gottes Wort, wenn sie der Habsucht frönen, den Begierden des Fleisches dienen und in Selbstgerechtigkeit vorangehen!