Einleitung
Beim Lesen der Evangelien fällt uns auf, wie unser Herr Jesus so vieles in Gleichnissen redete.
Er tat dies aus verschiedenen Gründen:
- Erstens wurden seine tiefen Lehren dadurch leichter verständlich und eindrücklicher. Gleichnisse prägen sich dem Gedächtnis viel besser ein als abstrakte Wahrheiten.
- Zweitens aber redete Er zum ungläubigen Volk der Juden und seinen Führern in Gleichnissen, «damit sie sehend sehen und nicht wahrnehmen, und hörend hören und nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde» (Mk 4,10-12). Das ist kein Widerspruch zum ersten Punkt, sondern eine Ergänzung dazu: Wer, wie die Masse jenes Volkes, Christus nicht im Glauben annimmt, ist unfähig, die Gedanken Gottes zu verstehen. Für solche besteht keine andere Möglichkeit, sich zu Gott zu bekehren und von Ihm Vergebung zu erlangen. Wer jedoch Christus durch Glauben besitzt, hat in Ihm den Schlüssel zum Verständnis seiner Gleichnisse und des ganzen Wortes Gottes überhaupt.
Es sei daran erinnert, dass bei der Auslegung der Heiligen Schrift – also auch der Gleichnisse – menschliche Fantasie unnütz und irreführend ist. Der Heilige Geist will den Gläubigen dadurch zum Verständnis leiten, dass Er ihn auf den Zusammenhang des einzelnen Abschnittes mit anderen Stellen und Wahrheiten der Schrift aufmerksam macht. Oft will ein Gleichnis nur eine bestimmte Wahrheit in den Vordergrund stellen; die Auslegung aller Einzelheiten würde da zu Fehlschlüssen führen.
Gleichnisse sind Bilder aus dem Leben oder aus der Natur, die in die Rede eingeflochten werden, um den Bedeutungsgehalt eines Gedankens durch den Vergleich mit etwas Anschaulichem hervorzuheben. Die Gleichnisse des Herrn finden sich nicht nur da, wo sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind, sondern auch in vielen anderen seiner Redebilder und Erzählungen. Ob sie sich auf tatsächliche oder angenommene Begebenheiten stützen, ändert nichts an ihrem Wahrheitsgehalt. Es sind ja Bilder. Ihre Eindruckskraft wird dadurch weder erhöht noch vermindert.
In dieser Artikelserie sind die Gleichnisse ihrem Hauptgedanken entsprechend zusammengestellt. Dadurch soll deutlich werden, wie der Herr selbst gewisse Wahrheiten von verschiedenen Seiten her beleuchtete. Da einzelne Gleichnisse aber verschiedene Wahrheiten vor uns stellen, werden sie in mehr als einer Gruppe Erwähnung finden.
a) Gleichnisse für Sünder (1)
Unser Herr vollführte seinen Dienst unter dem Volk, das sich gegenüber den «unreinen Nationen» seiner Vorrechte rühmte. Waren sie nicht Kinder Abrahams und Erben der ihm gegebenen göttlichen Verheissungen? Hatten ihre Propheten ihnen nicht die Ankunft ihres Messias und die Aufrichtung seines Reiches in Herrlichkeit angekündigt?
Die meisten seiner Zuhörer wollten daher nicht begreifen, dass sie ebensolche Sünder sein sollten wie die aus den Nationen, ja, dass auf ihnen eine noch grössere Schuld lag als auf jenen: Das Volk Israel hatte das von Gott empfangene Gesetz übertreten und somit den mit Ihm eingegangenen Bund gebrochen! Und – nicht genug damit – Christus, und somit das Reich Gottes, war in Gnade zu ihnen gekommen, und sie verwarfen und schmähten Ihn!
Die einzelnen vom Volk, die Jesus Christus im Glauben aufnahmen und Ihm nachfolgten, mussten Schmach und Leiden gewärtigen. Wer sich auf die Seite des Verworfenen stellte, wurde auch verworfen. Eine Reihe von Gleichnissen Jesu zeigen nun, wie Er bemüht war, zum Herzen «der verlorenen Schafe des Hauses Israel» zu reden. Die Ewigkeit wird offenbaren, wie aber auch unzählige Tausende von Sündern aus den Nationen durch die Gleichnisse das Heil in Ihm gefunden haben.