a) Gleichnisse für Sünder (3)
Freut euch mit mir, denn ich habe … gefunden, was verloren war
Das ist die Überschrift, die wir über die drei Gleichnisse in Lukas 15 setzen möchten.
Dieses Kapitel zeigt uns die tiefe Kluft zwischen der Gesinnung des selbstgerechten Menschenherzens und der Gesinnung Gottes gegenüber den Verlorenen.
In seiner unfasslichen Liebe sucht Gott die Verlorenen zu erretten. Kein Opfer und keine Mühe sind Ihm dabei zu gross. Der Selbstgerechte aber rührt keinen Finger zur Rettung derer, die für ihn «Sünder» sind. Dass diese die Folgen ihrer Wege tragen müssen, findet er in seiner kalten Selbstsucht ganz am Platz.
Gottes Herz freut sich über jeden Sünder, der von dem «überragenden Reichtum seiner Gnade» Gebrauch macht. Der Selbstgerechte aber murrt darüber. Er verwirft die Gnade für sich selbst und will auf dem Weg der Gesetzesgerechtigkeit und der Verdienste zu Gott emporsteigen. Dass verachtete Sünder auf einem anderen Weg zu Gott kommen und von Ihm angenommen werden sollen, tut seiner eingebildeten Ehre Abbruch.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten nehmen wahr, dass «der Lehrer von Gott gekommen» Sünder aufnimmt, mit ihnen isst und so Gemeinschaft mit ihnen pflegt (Lk 15,1.2). Das erfüllt sie mit Eifersucht. Sie sind typische Vertreter der Selbstgerechten. Wie die meisten der Juden wollten sie in ihrer Blindheit nicht einsehen, dass sie durch Gesetzeswerke nicht gerechtfertigt werden konnten, sondern dass das Gesetz sie verdammte. Sie wollten nicht erkennen, dass Gott jetzt in Christus das Zeitalter der Gnade einführte (Joh 1,14-18). Sie machten für sich selbst den Ratschluss Gottes wirkungslos, indem sie sich weigerten, durch Buße auf den Boden der Gnade zu treten (Lk 7,30).
Ihr Einwurf: «Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen!» veranlasste aber den Herrn Jesus, durch drei Gleichnisse den unergründlichen Reichtum der Liebe und Gnade, der aus dem Herzen des dreieinigen Gottes zu den Verlorenen hin strömt, zu entfalten und ihn der traurigen Gesinnung der Pharisäer entgegenzustellen.
Gemeinsame Züge der drei Gleichnisse
In allen drei Gleichnissen wird von einem Besitz gesprochen, der «teilweise» verloren ging. Der Hirte hatte hundert Schafe. Die Frau besass zehn Drachmen. Der Vater hatte zwei Söhne. Aber ein Schaf, eine Drachme, ein Sohn waren verloren.
Sind die Verlorenen im Menschengeschlecht denn eine kleine Minderheit?
Die Menschen alle sind Gottes Geschöpfe, die Er sich erschaffen hat. Sie gehören Ihm, so wie ein Töpfer, der aus seinem Material Gefässe formt, über sie verfügen kann.
Aber schon die ersten Menschen haben auf die Stimme Satans gehört. Dadurch wurden sie seine Knechte und Sünder und haben auf diese Weise alle ihre Nachkommen in diese Stellung des Abfalls von Gott gebracht: «Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben» (Röm 5,12). – «Alle sind unter der Sünde» (Röm 3,9). – «Da ist keiner, der Gott sucht. Alle sind abgewichen» (Röm 3,11.12). – «Alle haben gesündigt und erreichen, nicht die Herrlichkeit Gottes» (Röm 3,23).
Somit sind alle Menschen für Gott verloren gegangen. Er hat keinen Nutzen an ihnen. Sie dienen nicht Ihm, sondern Satan. Sie leben nicht Ihm, sondern der Sünde, indem sie den Willen des Fleisches und der Gedanken tun. Sie sind tot für ihn (Eph 2,1-3). Was der Prophet vom Haus Israel sagte, lässt sich auf das ganze Menschengeschlecht anwenden: «Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns jeder auf seinen Weg» (Jes 53,6).
Wen meinte denn der Herr mit den neunundneunzig Schafen, die in der Hürde blieben, d.h. mit den «Gerechten, die die Buße nicht nötig haben», mit den neun Drachmen, mit dem Sohn, der beim Vater blieb?
Das ist die grosse Gruppe derer – sowohl unter jenen Juden als auch unter den Menschen überhaupt –, die in ihren eigenen Augen gerecht sind. Sie sehen nicht ein, dass sie Buße tun sollten. Sie begehren keine Gnade, sondern wollen sich die Gunst Gottes verdienen.
In allen drei Gleichnissen wird sodann anschaulich dargestellt, wie Gott sich über einen Sünder freut, der Buße tut. Seine Freude ist so gross, dass sie von Ihm her auf alle übergreift, die bei Ihm wohnen. Es ist Freude «im Himmel», «vor den Engeln», eine Freude, die angefangen hat, aber nie aufhören wird. Vor dieser Freude sollte jeder Erlöste immer wieder stillstehen. Gerade wegen ihm ist eine solche Freude im Herzen Gottes und im Himmel! Kann Er noch deutlicher zeigen, mit welcher Liebe Er mich aufgenommen hat?
Aber noch aus einem anderen Grund sollten wir hier verweilen. Wenn Gott sich dermassen über einen einzigen Sünder freut, der Buße tut – in jedem der drei Fälle wird die Buße hervorgehoben –, so spornt dies einen jeden von uns mächtig an, mit ganzem Einsatz dem einzelnen Sünder nachzugehen, bis er ihn zu Jesus bringen kann.
Unterschiede in den drei Gleichnissen
Die Gnade Gottes wirkt gegenüber dem Sünder auf zweierlei Weise: Die ersten beiden Gleichnisse zeigen, wie ihn die Liebe Gottes sucht, das dritte aber, wie sie ihn aufnimmt.