Beim Lesen des Hohenliedes finden wir oft Einzelheiten, die uns fremd erscheinen. So ist es auch mit dieser Stelle. Was mögen Nüsse in einer königlichen und herrlichen Szene wie dieser zu tun haben, die am Ende dieses Kapitels beschrieben wird? Nüsse sind Früchte, die wenig Wert haben und so unbedeutend sind, dass es einem Chronisten kaum in den Sinn kommt, sie als eine der Früchte des Landes zu erwähnen. Hier geht der König der Herrlichkeit in einen Garten hinab, um davon zu pflücken. Hat man je einen Machthaber dieser Welt sich für solche Dinge interessieren sehen?
Anstatt zu den grossen und erhabenen Dingen dieser Welt hinaufzusteigen, geht der «Geliebte» hinab. Er erniedrigt sich, um diese kleinen, in den Augen der Menschen unbedeutenden Früchte zu ernten. Es sind eben Früchte seiner Gnade, die Er bei seinen Geliebten hervorgebracht hat. Diese Nüsse sind das Bild der tausend kleinen Dinge des täglichen Lebens, die während der Zeit der Abwesenheit des Herrn aus Liebe zu Ihm getan werden. Unter den Armen, den Kleinen der Herde, ist es, wo Er eine reiche Ernte von Werken des Glaubens einsammelt, die gering geachtet sind bei den Menschen, aber nur die Liebe und Hingabe zum Herrn als Beweggrund haben. Das sind Dinge, die der «König der Herrlichkeit» hoch einschätzt.
Wir finden mehrere solcher Beispiele in der Schrift, führen aber hier nur zwei davon an. Eine Witwe hatte zwei Scherflein in den Schatzkasten des Tempels des HERRN geworfen (Mk 12,42). Das war äusserst wenig, wenn wir diese Gabe mit den grossen Summen vergleichen, die von den Reichen eingelegt wurden. Aber der Herr hat diese zwei kleinsten Geldstücke gesehen, und Er allein hat sie nach ihrem wahren Wert eingeschätzt. In seinen Augen hat diese Frau mehr eingelegt als alle anderen, die nur von ihrem Überfluss in den Schatz des Tempels getan hatten.
Auch können wir nicht einen Becher kalten Wassers mit Stillschweigen übergehen, der aus Liebe zum Herrn einem der Seinen gegeben wird (Mt 10,42). Dieser Becher Wasser wird am Tag des Triumphes des geliebten Königs einen königlichen Lohn finden. Lasst uns nicht nach dem Augenschein urteilen, wie wir es so oft tun; Er sieht auf die Beweggründe, die zum Handeln veranlassen, und auf die Liebe, die sie diktieren.
Liebe Erkaufte des Herrn, haben wir hier nicht eine grosse Lektion zu lernen? Wo ist unsere Liebe zu Ihm, und was tun wir wirklich für Ihn? Er verlangt keine grossen Dinge von uns, sondern nur, dass wir die kleinen alltäglichen aus Liebe zu Ihm tun. In solchen Dingen findet Er seine Befriedigung. Wenn Er sie bei den Seinen findet, ist Er wie in einem Garten der Wonne, in einem wahren Paradies für sein Herz. Er weiss sie königlich, ja göttlich zu belohnen, die Ihm während der Zeit seiner Abwesenheit auf diese Weise ihre Liebe bezeugt haben.