«Ich, der HERR, behüte ihn, bewässere ihn alle Augenblicke» (Jes 27,3).
Sind wir uns der nie erlahmenden Fürsorge unseres Herrn für die Seinen genügend bewusst? Durch den Propheten Jesaja spricht Er von seiner Wachsamkeit über seinen Weinberg. Alle Augenblicke bewässert Er ihn. Sowohl für menschliches als pflanzliches Leben ist Wasser unentbehrlich, und beides wird in der Schrift bildlich gebraucht für die Bedürfnisse der Seele. Wie kommt das Wasser zu den Menschen und ihren Gärten?
Der Mensch ist ein bewegliches Geschöpf, ein Baum aber steht fest. Da besteht ein Unterschied. Vom Menschen wird erwartet, dass er sich bewegt, um Trank und Nahrung zu finden. «He, ihr Durstigen alle, kommt zu den Wassern!» – «Wer will, nehme das Wasser des Lebens umsonst.» Um das durstige Verlangen des Herzens zu stillen, muss eine persönliche Anstrengung gemacht werden, wie die Leute Gideons es taten. Die Wachsameren leckten das Wasser mit der Zunge; die weniger Vorsichtigen liessen sich auf die Knie nieder, um bequem zu trinken. Aber jeder musste sich persönlich bewegen. «Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!» (Joh 7,37).
Doch einige sind matt und verschmachtend; auf dem mühsamen Weg sind sie von Müdigkeit übermannt; ihre Zunge ist ausgetrocknet und ihre Glieder sind erschöpft. Gibt es für diese keine Hilfe? Müssen sie für immer ermattet und ausgedörrt bleiben? Zu solchen kommt das Wort: Ich will ihn alle Augenblicke bewässern. Da ist Wasser für den Olivenbaum, für den Weinstock oder den Feigenbaum, selbst wenn sie abseits stehen. Jeden Augenblick versieht der göttliche Landmann die Myrte, die Lilie und die Rose mit Wasser. Ihnen gilt seine besondere Aufmerksamkeit. Ohne seine Pflege gingen sie zugrunde. Aber nicht einen Augenblick überlässt Er sie sich selbst.
Die Bäume der Pflanzung des Vaters sind immer am Ufer der Ströme lebendigen Wassers. Rund herum mag sich ein trockenes und durstiges Land erstrecken, wo kein Wasser ist, wo der Himmel regenlos scheint. Aber Gottes treue und einsame Zeugen werden, wie Elia, zu ihren Füssen einen Bach fliessenden Wassers finden. Durch die verborgene Zufuhr der beständigen Fürsorge des Vaters wird ihre Seele ein bewässerter Garten sein; denn seine Brunnen sind unerschöpflich.
Oh, das Herz unseres Herrn war voll innigen Mitgefühls, wenn Er die schmachtende Volksmenge sah! «Alle Augenblicke» diente Er den Bedürftigen, als Er hier war; «alle Augenblicke» dient Er ihnen noch jetzt. Selbst in der Wüste brach Wasser für sie hervor. Der geschlagene Fels – Christus – folgt ihnen. Und das Wasser, das Er ihnen gibt, wird in ihnen eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt. Er lenkt die Wasserbäche «wohin immer er will» (Spr 21,1).
Da sind solche, die eingeschlossen sind, wie einst Jeremia, und nicht ins Haus des Herrn gehen können. Für sie gibt es besondere Gnade. Ihre Kraft ist im Stillsein und im Warten auf den, der den bescheidenen Ysop wie auch die mächtige Zeder auf dem Libanon aufrecht hält. Das lebendige Wasser, das Christus gibt, fehlt nie und trocknet nicht aus. Es ist frisch, erquickend und erfrischend «alle Augenblicke». Er hat priesterliches Mitleid mit den «Unwissenden und Irrenden»; alle Augenblicke ist lebendiges Wasser für sie da. Das ist sein Heilmittel für «die erschlafften Hände und gelähmten Knie». Sie werden «eine Gartenquelle, ein Brunnen lebendigen Wassers, und Bäche, die vom Libanon fliessen» (Hld 4,15).