Ruhe und Stillsein

Jesaja 26,3; Jesaja 30,15

Die Ruhe! Nichts sollte sie stören in unseren Herzen. Ist Christus nicht unser Hirte? Der gute Hirte, der für seine Schafe sein Leben gelassen und uns unter seinen Schutz genommen hat? Er bewahrt uns, liebt uns, erleuchtet unseren Pfad und sagt uns immer wieder: «Fürchte dich nicht!» Er trägt uns auf seinen Schultern und auf seinem Herzen, bis Er uns ins Vaterhaus eingeführt hat.

«Den festen Sinn bewahrst du in Frieden, in Frieden; denn er vertraut auf dich» (Jes 26,3).

«Durch Umkehr und durch Ruhe würdet ihr gerettet werden; im Stillsein und im Vertrauen würde eure Stärke sein» (Jes 30,15).

Ach, unsere armen Herzen! Wie wenig braucht es, um ihnen diese Ruhe wegzunehmen. Es braucht sich nur ein kleines Hindernis vor unsere Wünsche zu schieben, und schon regen wir uns auf, und die Ruhe ist dahin. Die Sorgen des Lebens, sagt der Herr, beschweren eure Herzen. Sie hindern uns, sich an Ihm zu freuen. Darum warnt uns das Wort auch vor diesen Sorgen und ermahnt uns, sie von uns zu werfen: «Indem ihr all eure Sorge auf ihn werft; denn er ist besorgt für euch» (1. Pet 5,7). Sie sind eine Bürde, die unserem geistlichen Wohlergehen schadet und uns hindert, direkt zum Ziel zu laufen: «Indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus …» (Heb 12,1). Die Ruhe kann nur dann gedeihen, wenn der Eigenwille weggetan wird und der völligen Unterordnung unter den Willen Gottes Platz macht. Für die abhängige Seele ist sein Wille gut und wohlgefällig und vollkommen.

Der Glaube fehlt uns oft, und müsste uns der Herr nicht manchmal, wie einst seinen Jüngern, zurufen: «ihr Kleingläubigen»? Müssen wir Ihm dann nicht antworten, wie der Vater, der Ihn bat, von seinem Sohn den Dämon auszutreiben: «Ich glaube; hilf meinem Unglauben»?

Die Ruhe des Gläubigen ist nicht Gleichgültigkeit gegenüber seinen Aufgaben, seiner Arbeit, seiner Familie, sondern das Vertrauen des Glaubens, der alle Umstände und Prüfungen des Lebens im Warten auf den Herrn durchschreitet und nichts ohne Ihn tut und ohne an Ihn zu denken.

Gewiss, die Schwierigkeiten, die Prüfungen, die Trauer können unsere Herzen belasten, aber wir haben die unerschöpflichen Hilfsquellen der Gnade: «Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe» (Heb 4,16). Unser Hoherpriester ist da, um Mitleid zu haben mit unseren Schwachheiten, und wenn unser schwaches Herz durch die Last der Bürden des Lebens beunruhigt oder niedergeschlagen ist, kann es sie zu den Füssen des Herrn niederlegen, der auf seine Wunden den vortrefflichen Balsam des Friedens giessen wird, jenes Friedens Gottes, der allen Verstand übersteigt.

Das Wort ermahnt und ermuntert uns durch schöne Beispiele. Welch ein Stillsein, welche Ruhe zeigte sich im Glauben eines Abraham, als Gott die Opferung seines Sohnes von ihm verlangte, des einzigen Gegenstandes seiner Liebe und aller Verheissungen Gottes. Kein Einwand, keinerlei Furcht, nicht einmal ein Seufzer, aber völlige Ruhe des Glaubens! Welch einen Gegensatz bildet sie gegenüber unseren Sorgen und unserer Unruhe, vergleichbar dem Verhalten Jakobs, der gegenüber Laban und Esau unzählige Vorsichtsmassnahmen traf, statt einfach auf Gott zu vertrauen, der ihm gesagt hatte: «Kehre zurück in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft, und ich will mit dir sein» (1. Mo 31,3).

Auch Maria von Bethanien kannte diese Ruhe. Ohne die Sorgen einer Martha sass sie glücklich zu den Füssen des Herrn und hörte seinem Wort zu.

Und über allen ist das Musterbeispiel des Herrn Jesus: «Bewahre mich, Gott, denn ich suche Zuflucht bei dir!» (Ps 16,1). Sanftmütig, von Herzen demütig und ruhig in seiner Unterwerfung unter den Willen Gottes, sagte Er zu den Seinen: «Meinen Frieden gebe ich euch.»

Ja, «Vertraue still dem HERRN und harre auf ihn!» (Ps 37,7). Vertrauen am Morgen: «Früh werde ich dir mein Anliegen vorstellen und harren» (Ps 5,4). Vertrauen tagsüber: «Auf dich harre ich den ganzen Tag» (Ps 25,5). Vertrauen am Abend: «In Frieden werde ich sowohl mich niederlegen als auch schlafen; denn du, HERR, allein lässt mich in Sicherheit wohnen» (Ps 4,9). «Ich aber, ich habe auf deine Güte vertraut» (Ps 13,6).

Im Bewusstsein seiner Güte, seiner Liebe geniessen wir Ruhe im Blick auf die Vergangenheit, Ruhe in der Gegenwart, und Ruhe für die Zukunft. Wenn wir an das Kommende denken, erfüllt uns unaussprechliche und verherrlichte Freude. Möge sie uns allezeit beleben.