Psalm 131

Psalm 131

«HERR, nicht hoch ist mein Herz, noch tragen sich hoch meine Augen, und ich wandle nicht in Dingen, die zu gross und zu wunderbar für mich sind. Habe ich meine Seele nicht beschwichtigt und still gemacht? Wie ein entwöhntes Kind bei seiner Mutter, wie das entwöhnte Kind ist meine Seele in mir. Harre, Israel, auf den HERRN, von nun an bis in Ewigkeit!»

In diesem kürzen Psalm Davids findet der Gläubige die ernste Lektion, all sein Selbstvertrauen wegzutun.

Vertrauen auf sich selbst. Wie schwierig ist es, davon loszukommen! Der natürliche Mensch will sich selber helfen, selbst wenn es darum geht, den Weg zum Himmel zu finden. Wie viel Anstrengung wenden viele an, um dieses Ziel zu erreichen! Aus Gnade errettet werden, ohne die Kraft zu benutzen, die man sich selber zumutet, das will der Mensch nicht.

Aber auch dem Gläubigen macht oft sein Vertrauen auf die eigene Kraft und Einsicht zu schaffen. Wie schwierig ist es doch, alle unsere Belange dem anzuvertrauen, der es besser weiss als wir, und von Ihm abhängig zu sein!

Jakob und Petrus

Zwei Gläubige, deren Geschichte zu unserer Belehrung in der Heiligen Schrift erzählt wird, seien hier als Beispiele angeführt.

Zuerst Jakob

Wie schwierig war es für ihn, von der eigenen Kraft abzusehen und alles, was ihn beschäftigte, in die Hand Gottes zu legen! Der Herr hatte ihm verheissen, dass Er mit ihm sein, ihn bewahren, ihm helfen und ihn segnen würde. Jakob waren diese Verheissungen nicht genug. Sie hatten in seinem täglichen Leben zu wenig Bedeutung. Mit allen möglichen menschlichen Mitteln suchte er Gott zu helfen, um sein Ziel zu erreichen. Das hat ihm viel Verdruss verursacht. Schliesslich aber hat der Herr ihn abhängig gemacht, indem Er in Pniel seine Kraft zerbrach. Wie schmerzlich es für Jakob auch war, dass sein Hüftgelenk, die Quelle seiner Kraft, verrenkt wurde, es war ihm doch zum Segen. Da, in Pniel, lernte er weinen und den Herrn uni Gnade anflehen (Hos 12,5).

Zweitens Petrus

Wohin hat sein Selbstvertrauen ihn gebracht? Auch er wurde durch den Herrn zur Einkehr gebracht und weinte bitterlich. Im Vertrauen auf die eigene Kraft hatte er gesagt: «Wenn alle an dir Anstoss nehmen werden, ich werde niemals Anstoss nehmen» (Mt 26,33; Mk 14,29). Aber was ist aus diesem Vorsatz geworden? Nicht einmal einer Magd gegenüber wagte er seinen Meister zu bekennen, und er verleugnete Ihn. Auf dem Weg der Demütigung und der Buße wurde er durch den Herrn wieder in die Gemeinschaft mit Ihm zurückgeführt und wieder in seinen Dienst gestellt. Durch den Herrn selbst belehrt, konnte er später schreiben: «Seid gegeneinander mit Demut fest umhüllt; denn ‹Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.›» (1. Pet 5,5).

Lasst uns solche Beispiele zu Herzen nehmen! Selbstvertrauen, dessen Wurzel Hochmut ist, ist ein grosses Übel, wodurch schon viele gefallen sind.

Abhängigkeit

David konnte mit aufrichtigem Herzen sagen: «HERR, nicht hoch ist mein Herz, noch tragen sich hoch meine Augen, und ich wandle nicht in Dingen, die zu gross und zu wunderbar für mich sind.» Bei ihm wurde Demut gefunden. Er war abhängig, wie ein entwöhntes Kind bei seiner Mutter.

Wie gut, wenn wir gelernt haben, unsere Belange nicht selbst in die Hand zu nehmen, sondern sie in die Hände dessen zu legen, der in Christus unser Vater ist. Dann kann das Herz still und ruhig sein. Das ist schwierig für das natürliche Herz, aber herrlich für jeden, der im Geist wandelt. Wollen wir diese Ruhe und Stille wirklich erleben und erfahren, müssen wir allen Hochmut wegtun. Nicht Selbstvertrauen, sondern Vertrauen auf den Herrn gibt Ruhe, auch in den Nöten und Sorgen des Lebens.

Die Bilder, die in der Schrift gebraucht werden, reden deutlich. Ein Kind auf dem Schoss seiner Mutter ist ohne Sorge. Das Kind weiss alles in der Hand der Mutter. Das Kind kann nichts von sich aus tun, aber es will es auch nicht.

Zum Schluss will ich noch auf den Herrn Jesus hinweisen, der seinen Weg in vollkommener Abhängigkeit ging. In einem Augenblick, in dem Er vonseiten der Menschen die grösste Enttäuschung erfuhr, konnte Er sagen: «Ich preise dich, Vater» und «Ja, Vater» (Mt 11,25.26).

Ist Er uns nicht zum Vorbild gegeben, damit wir seinen Fussstapfen nachfolgen? Er liess sich den Weg durch den Vater zeigen. Sein Herz war nicht hoch, sondern demütig und sanftmütig.