Jesus Christus – derselbe

Psalm 102,25-28; Hebräer 1,10-12; Hebräer 13,8

In dieser Welt gibt es keine Beständigkeit. Es ist geradezu ein Kennzeichen des Geschöpfes, dass es sich verändert. Insbesondere ist der Mensch durch Eigenwillen und Begierden fortwährenden Veränderungen unterworfen.

Wohl noch nie hat man sich mehr nach Beständigkeit, mehr nach Stabilität gesehnt als heute; und noch nie haben Tage des Menschen es offenbar gemacht wie die Unseren: die Welt der Menschen ist instabil. Statt Beständigkeit zeigen sich Veränderungen – Schatten von Wechsel (Jak 1,17). Inmitten dieser sich verändernden Szene gibt es eine Person, die wie ein ruhender Pol, wie ein Fels Beständigkeit und Stabilität ausstrahlt: Jesus Christus.

Wollte man unser obiges Schriftwort ganz wörtlich wiedergeben, so würde es lauten: «Jesus Christus gestern und heute derselbe und in Ewigkeit.» Wie wird das Herz des Gläubigen durch diese Person, durch die Gnade, die in Ihm ist, befestigt (Vers 9)! So wie Er gestern war, so ist Er heute, so wird Er in Ewigkeit sein – derselbe, ewig derselbe! Und diese Beständigkeit teilt Er, wie wir mit Gottes Hilfe noch sehen werden, auch den Seinen mit. Wunderbare Gnade!

Die Beständigkeit unseres Herrn und alles dessen, womit Er zu tun hat, gründet sich – das zeigt uns das erste Kapitel des Hebräer-Briefes – auf die Göttlichkeit seiner Person. Dort begegnen wir auch demselben Ausdruck wie in Kapitel 13,8: «Du aber bist derselbe (ho autos)» (Heb 1,12). In sieben Zitaten aus dem Alten Testament wird uns hier die Herrlichkeit der Person Christi als Mensch gezeigt. Aber diese Person ist der Sohn (Vers 5), diese Person ist Gott (Vers 8), diese Person ist der HERR (10-12)! In Vers 8 redet Gott den Sohn an mit «… O Gott …». Aber damit ja niemand auf den Gedanken käme, dass die Bezeichnung «Gott» (Elohim) hier im untergeordneten Sinn, wie zum Beispiel in 2. Mose 21,6; 22,8.9; Ps 82,1.6; Joh 10,34-36 gebraucht sei, wo mit «Elohim» Menschen gemeint sind, die anstelle Gottes Autorität ausüben, kommt der heilige Schreiber in Hebräer 1,10-12 auf einen besonderen Namen Gottes zu sprechen, den ein Jude nie auf einen Menschen anzuwenden wagte – den Namen HERR. So heilig war den Juden dieser Name, dass sie ihn in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der sogenannten Septuaginta (LXX), auf die sich die meisten neutestamentlichen Zitate aus dem Alten Testament stützten, nicht mit griechischen Lettern wiederzugeben wagten, sondern stets nur «kyrios», Herr, angaben. So auch in der Übersetzung von Psalm 102,26: «Du, Herr (kyrie, ohne Artikel, LXX) hast im Anfang …» (Heb 1,10). Diesem Christus nun, dem Messias, der als solcher von Gott eingesetzt, «emporgehoben» (Ps 102,11) wurde, aber als solcher von den Menschen verworfen war – «Du hast mich hingeworfen» –, diesem Christus, der als gottesfürchtiger Israelit zu Gott gefleht hatte: «Mein Gott, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage!» (Ps 102,25), wird die Antwort von Gott zuteil: «Du, Herr, hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Werke deiner Hände. Sie werden untergehen, du aber bleibst; und sie alle werden veralten wie ein Gewand, und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, und sie werden verwandelt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht vergehen» (Heb 1,10-12). Der HERR im Himmel begrüsst den HERRN auf der Erde! Der Messias ist der HERR! Die Werke seiner Hände, Himmel und Erde, würden untergehen, «du aber bleibst … du aber bist derselbe». Dies ist die eigentliche Bedeutung des Namens HERR (vgl. 5. Mose 32,39; Neh 9,6). Welche Beständigkeit welche Stabilität, Geliebte, besteht doch in unserem Herrn, von dem wir gehört hatten: «Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit»! Dieser Vers ist gleichsam eine göttliche Zusammenfassung des ganzen Hebräer-Briefes. Dieser Brief zeigt uns ja, wie alles, seien es höchst geachtete Personen oder von Gott selbst gegebene Einrichtungen abtreten müssen, wenn der Herr Jesus Christus in Erscheinung tritt.

Verweilen wir kurz bei dem ersten Kreis, dem der Personen. Was sind selbst die Engel im Vergleich zu Ihm, dem Sohn? Ob sie mit Ihm als dem Sohn Gottes oder als dem Sohn des Menschen verglichen werden – sie müssen abtreten (Hebräer 1 und 2)! In Kapitel 3 tritt Mose, in Kapitel 4 Josua, in Kapitel 5 tritt Aaron beiseite, um Ihm – Jesus – Platz zu machen. In Kapitel 11 wird uns die ganze Reihe der Glaubenshelden des Alten Testaments vorgestellt. Doch auch sie müssen wie Sterne am Firmament verblassen, wenn Er hervortritt: sie hatten jeder Bruchstücke des Glaubens in ihrem Leben offenbart. Er aber hat in seinem ganzen Leben und vollkommen gezeigt, was Glauben ist; Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens (Kapitel 12). Und schliesslich, in Kapitel 13, sehen wir geschätzte Brüder, Führer abtreten, um unmittelbar darauf dem trostreichen Worte zu begegnen, dass Er aber derselbe sei.

Wenn wir nun zu den göttlichen Einrichtungen des Alten Testaments kommen, so sehen wir, dass sie durch die Unvollkommenheit des Menschen, in deren Hände sie gelegt waren, nichts zur Vollendung bringen konnten. An ihre Stelle tritt Jesus: Er verleiht den Dingen durch seine Person und sein Werk ewige Gültigkeit und Beständigkeit. In Kapitel 7 wird dem levitischen Priestertum sein Priestertum gegenübergestellt: Er besitzt ein «unveränderliches», «unübertragbares» Priestertum (Heb 7,24); Er «bleibt in Ewigkeit»; Er ist «Priester in Ewigkeit» und das «nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens» (Heb 7,16,17); Er ist mit dem «Eidschwur» Gottes Priester geworden (Vers 20 ff.). «Und nun lebt Er immerdar, um sich für sie zu verwenden» (Vers 25). Und welcher Segen fliesst nun für uns, die Seinen, aus alledem hervor? Er vermag uns «völlig zu erretten». Durch alle Gefahren, Schwierigkeiten und Nöte der Wüste hindurch, wird Er uns gewiss bis nach Hause bringen!

In Kapitel 8 finden wir Ihn als den Mittler eines «besseren» Bundes (Heb 8,6), der von so beständigem Charakter ist, dass Er nicht nur der «neue» (Vers 8), sondern auch der «ewige» Bund (Heb 13,20) genannt wird, der, im Gegensatz zum ersten Bunde, nie «alt» werden, nie «dem Verschwinden nahe» sein wird (Heb 8,13). Demgemäss sind auch die Seinen, die mit diesem Bund verbunden sind: Er wird ihrer Sünden und Gesetzlosigkeiten «nie mehr» gedenken (Vers 12).

In den Kapiteln 9 und 10 tritt an die Stelle des israelitischen Opferdienstes der Herr Jesus mit «seinem eigenen Blut (Heb 9,12) und mit dem «ein für alle Mal geschehenen Opfer» seines Leibes (Heb 10,10). Von welch unermesslichem Wert ist doch «das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat» (Heb 9,14), dass wir nun ein «gereinigtes Gewissen» haben dürfen, um dem lebendigen Gott zu dienen! Sein Opfer muss und kann nie wiederholt werden; als Zeichen dafür hat Er sich auf «immerdar» gesetzt zur Rechten Gottes (Heb 10,12). Unser Teil ist nun eine «ewige» Erlösung (Heb 9,12), wir sind «auf immerdar vollkommen gemacht» – auf immerdar, das heisst beständig, fortwährend, ununterbrochen. Wunderbare Ergebnisse des Werkes Christi!

Im 12. Kapitel sehen wir dann noch an die Stelle der gemachten Dinge, die als solche erschüttert und verwandelt werden, das «unerschütterliche» Reich Christi treten (Heb 12,27,28), dessen Thron «von Ewigkeit zu Ewigkeit» besteht (Heb 1,8), der also unübertragbar und ewig ist. Die Erde ist schon einmal erschüttert worden (2. Mo 19,18); «jetzt aber hat er verheissen und gesagt: ‹Noch einmal werde ich nicht allein die Erde erbeben lassen, sondern auch den Himmel›» (Heb 12,26). Bedenken wir, dass Gottes Wort es eine Verheissung nennt, dass Himmel und Erde erschüttert werden sollen: So fest, so sicher ist unser Teil mit Christus, dass die Erschütterung und Verwandlung der Dinge nur umso mehr kundtun werden, dass das Reich, das wir empfangen, «unerschütterlich» ist (Vers 28)!

So steht der Herr Jesus, so steht sein Werk in Ewigkeit fest und unabänderlich da. Und diese seine Beständigkeit verleiht Er in Gnaden auch uns, den Seinen; ja Er will, um mit den Worten eines anderen zu reden, seine Ewigkeit mit uns teilen. Das ist in der Tat unermesslich! Noch sind wir in dieser Welt, noch gehen wir den Weg des Glaubens, den Er uns vorausgegangen ist, doch sollte nun nicht auch unser Glaube und Vertrauen zu Ihm, dem ewig Unwandelbaren, fest und unverrückbar sein? Und sollten unsere von Natur wankelmütigen Herzen nicht befestigt werden durch das Betrachten solch einer Person, über die der Apostel anbetend ausruft: «Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit»?