Der Scheffel und das Bett

Markus 4,21

Das Licht muss heller brennen

«Ihr seid das Licht der Welt», sagte der Herr zu seinen Jüngern (Mt 5,14). Alles andere ist Finsternis, und wenn es den Glanz dieses Lichts nicht gäbe, wäre kein lebendiges Zeugnis für Gott auf der Erde. Die Berufung der Gläubigen ist «untadelig und lauter zu sein, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr scheint wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens» (Phil 2,15.16). Niemand wird also bezweifeln, dass es überaus wichtig ist, dieses Licht scheinen zu lassen.

Aus den genannten Versen sehen wir, wie das Licht scheint: Wir stellen das Wort des Lebens dar. Wir sind ein Zeugnis für Gott durch das Wort des Lebens, das durch uns offenbar gemacht wird.

Die Lampe wird aber nur dämmerig brennen, wenn etwas da ist, wodurch das Wort verhindert wird, seinen freien Lauf zu nehmen. Es ist nicht genug, dass das Leben untadelig und der Wandel aufrichtig ist. Soll das Licht heller brennen, dann muss die göttliche Wahrheit als ein Wohlgeruch von Christus verbreitet werden. Die Welt wird nicht durch diese oder jene Sittenlehre erhellt. Der Herr aber konnte mit Recht sagen: «Ich bin das Licht der Welt.» Darum wird alles das Licht verdunkeln, was uns hindert, Christus in unserem Leben zu offenbaren, das wir in der Welt leuchten lassen sollen.

Dass das Licht der Versammlung nur schwach brennt, ist eine Tatsache, der wir leider zustimmen müssen. Die Welt sieht viel zu wenig von unserer Gleichförmigkeit mit Christus, von dem Bild der Wahrheit in seiner Gemeinde. Wir müssen dies ehrlich zugeben.

Welches sind wohl die Hindernisse? Zwei davon werden in der obigen Überschrift genannt: der Scheffel und das Bett.

Kennzeichen des Geschäftslebens

Den Scheffel können wir als ein Kennzeichen des Geschäftslebens betrachten. Er ist ein Bild vom Unternehmungsgeist und von der Aktivität.

Das Bett hingegen lässt an Bequemlichkeit, Trägheit und Faulheit denken.

Beide Dinge stehen also in scharfem Gegensatz zueinander, und doch können sie alle beide ein Hindernis bilden für die Verbreitung des Lichts.

Der dynamische, energische Geschäftsmann sieht mit Geringschätzung auf den Menschen herab, der es sich gern bequem macht. «Ein solcher Mann wird in der Welt nie vorankommen», denkt er; «solch ein Nichtstuer ist wertlos: er verbirgt sein Licht unter dem Bett!» Anderseits sagt vielleicht der Träge: «Wie traurig ist es doch, wenn jemand durch sein Geschäft, seinen Betrieb oder seine Arbeit so in Beschlag genommen wird, dass er nicht ruhig leben kann und die Dinge, die Gott schenkt, nicht geniesst! Er verbirgt sein Licht unter dem Scheffel.»

Der erste wird vielleicht die Ermahnung anführen: «Seid … im Fleiss nicht säumig», dabei aber die Worte weglassen, die darauf folgen: «inbrünstig im Geist, dem Herrn dienend» (Röm 12,11).

Der zweite ist geneigt, die Werke des Glaubens, auf die Jakobus in seinem Brief den Nachdruck legt, zu vernachlässigen.

Jeder von diesen beiden mag die Meinung haben, dass er selbst in einem ziemlich guten geistlichen Zustand sei, aber er sieht dabei den Balken im eigenen Auge nicht. Die Tatsache, dass sich jemand nicht nur mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt, ist noch kein Beweis einer geistlichen Gesinnung.

Die Entfaltung von vielen geschäftlichen Aktivitäten muss nicht unbedingt anzeigen, dass jemand ungeistlich ist.

Doch ist es wohl so, dass wir, um das Licht scheinen zu lassen, mit Christus und seiner Wahrheit beschäftigt sein müssen.

Ach, es gibt viele Möglichkeiten, die das Licht verdunkeln können, aber nur einen Weg, um es scheinen zu lassen.

Welches sind unsere Beweggründe?

Wir leben in Tagen von vielerlei Unternehmungen und Aktivität. In den Augen der Welt ist es eine Schande, träge zu sein. Die Konkurrenz treibt uns an, Anstrengungen zu machen, sie zu schlagen. Die Aussicht auf Erfolg, auf die Vermehrung des Besitzes und auf alles, was in dem Ausdruck «in der Welt vorwärtskommen» zusammengefasst werden kann, bringt viele dazu, eine Aktivität zu entfalten, die sie in Beschlag nimmt.

Es ist bestimmt schriftgemäss, «mit eigenen Händen zu arbeiten», um für unsere Bedürfnisse zu sorgen, «in der Stille zu arbeiten, um das eigene Brot zu essen» (2. Thes 3,12), oder «mit seinen Händen das Gute zu wirken, damit man dem Bedürftigen etwas zu geben habe» (Eph 4,28).

Das alles setzt voraus, dass man in seiner täglichen Arbeit fleissig ist, in welchem Beruf wir auch sein mögen.

Die Ermahnung «im Fleiss nicht säumig sein» muss in der rechten Weise befolgt werden. Mit seinen Händen arbeiten, umfasst die Aktivitäten des täglichen Lebens: Landwirtschaft, Handel und Industrie. Die Worte «im Fleiss nicht säumig sein» haben aber Bezug auf die Dinge des Herrn. Dies wird uns deutlich, wenn wir an das denken, was der Herr selbst gesagt hat: «Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?»

Bei unserem Streben zu kaufen, zu verkaufen und Gewinne zu buchen, vergessen wir oft, dass «Gottseligkeit mit Genügsamkeit ein grosser Gewinn ist». Wie ernst werden wir doch vor der Begierde nach Reichtum gewarnt, die sich wohl erfüllen kann, aber Magerkeit der Seele nach sich zieht, wenn der Mensch sein Herz darauf setzt. «Die aber, die reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Begierden» (1. Tim 6,9). Die Bedürfnisse wachsen mit dem Besitz, so dass schliesslich der Luxus notwendig erscheint, sich vervielfacht und der Mensch ganz darin aufgeht. Dann ist nur noch wenig Platz für das Wort Gottes und für seinen Dienst. Das Licht ist dann unter dem Scheffel.

Haben wir in der Geschichte von Lot nicht ein Beispiel dafür? Das Geschäftemachen trieb ihn nach Sodom. Nach menschlichem Urteil war dies ein kluger Schritt, aber Gott hat er dabei nicht gedient.

So liess sich auch Jakob in Sichem nieder, um ein Stück Land zu kaufen und Wohlfahrt zu finden. Doch wurde ihm dort nur Schande und Schmerz zuteil.

«Prüfen und erforschen wir unsere Wege, und lasst uns zu dem HERRN umkehren!» (Klgl 3,40).

Trägheit

Die Gefahr, dass das Herz nach irdischem Reichtum trachtet, besteht nicht nur für die Reichen. Auch die Armen sind oft unzufrieden und streben nach Vermehrung ihres Besitzes. Es kann sogar sein, dass sie es oft mehr nötig haben, ermahnt zu werden, als jene, die viele irdische Güter besitzen. Niemand von uns ist in dieser Beziehung ausser Gefahr.

Nach den vorausgegangenen Bemerkungen brauchen wir nicht mehr viel zu sagen vom «Bett». Glaube ist das Gegenteil von Trägheit; Glaube bedeutet Kraft, Energie. «Der Glaube wirkt durch die Liebe», schreibt der Apostel.

Doch kann Trägheit zu Unrecht für Glaube gehalten werden. Da ist jemand, dem es an Fleiss fehlt; er lässt seine Arbeit im Stich und nennt dies Glaube. Er ist träge und nicht geneigt, sich anzuspannen; er nimmt sich Maria zum Vorbild, im Gegensatz zu Martha.

Lasst uns deutlich sein: Faulheit ist Sünde. Der Mann oder die Frau, der oder die in der täglichen Arbeit keinen Eifer zeigt, verunehrt den Namen, mit dem die Christen verbunden sind.

Wenn dies schon so ist im Blick auf die irdische Arbeit, wie viel mehr ist dann dies der Fall, wenn es geistliche Dinge betrifft. Ein Gläubiger kann eifrig und aktiv sein in zeitlichen, aber ein Faulenzer in geistlichen Dingen. Er hat Zeit genug für seine Geschäfte, für Ruhe, für Entspannung, aber auf seiner Bibel wird der Staub der Vernachlässigung immer dicker.

Wir können überzeugt sein, dass der Feind uns immer daran hindern wird, das tägliche Manna zu sammeln, wenn wir uns nicht selbst ernsthaft darum bemühen. Wer in geistlichem Sinn früh aufsteht, dem merkt man es an. Kein Faulpelz kann ein hell scheinendes Licht sein, und er wird auch keine geistlichen Fortschritte machen. Er ist wie eine Tür in ihren Angeln; er bewegt sich wohl, wird aber durch sein Bett festgehalten.

Hält auch uns das Ruhebett fest?

Wie beschämend, wenn die Belange des Herrn durch unsere Trägheit und Vernachlässigung Schaden leiden!

Denke an den Dienst des Evangeliums, an die Bedienung des Wortes für die Gläubigen, an das Beschäftigtsein mit dem Wort Gottes, worin jeder Dienst seine Quelle finden muss.

Wenn wir an diese Dinge denken, können wir da unser Licht noch unter dem Bett der Trägheit oder Bequemlichkeit verbergen?

Möge der Herr uns anspornen, dass wir aufstehen und unsere Lampen in dieser Finsternis, während der uns noch zur Verfügung stehenden kurzen Zeit, in Ordnung bringen.

«Eins aber tue ich!» Womit unsere Hände auch immer beschäftigt sein mögen (Paulus arbeitete oft an seinen Zelten), unser Herz soll das eine Ziel haben: Christus! Sein Wort immer besser verstehen lernen und es im Gehorsam zu tun, sei unsere Lebensaufgabe.

«Denn sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn; sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn. Sei es nun, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind des Herrn» (Röm 14,8).