Die Gnade

Psalm 103; Epheser 1

Gott ist in seinen Ratschlüssen der Gnade fest und unerschütterlich. Er will segnen und die Segnung in einer Weise vor das Herz bringen, dass es sie geniessen und Ihm im Lobgesang antworten kann.

Der 103. wie auch die beiden folgenden Psalmen bringen zum Ausdruck, wie in der Glückseligkeit des Tausendjährigen Reiches auf der Erde das Lob ausbricht. Wenn Gott dazwischen tritt, ist nichts anderes mehr zu tun, als das Räucherfass der Anbetung anzuzünden und es vor Gott, der alles getan hat, brennen zu lassen. David konnte anbeten und Gott rühmen, nicht sich selbst. Ich vermochte nichts zu tun, musste er sagen, bei mir sehe ich nur Verfehlungen, aber du hast alles getan. «Preise den HERRN, meine Seele!» Wenn wir auch von nichts anderem sprechen können, so können wir doch von Gott reden.

Ist dies nicht der vorherrschende Gedanke in diesem ganzen Psalm? Der Sünder, völlig verloren, hat in Gott den Gott der Gnade gefunden. Der Psalmist, der das Böse in allen seinen Formen verübt hatte und sogar ein Mörder geworden war, hatte die Erbarmungen des Gottes der Gnade in einer solchen Weise erfahren, dass er sich nur freuen konnte. Seine Seele überfliesst von Segen. Diesen Gott der Gnade, diese Erbarmungen Gottes hatte auch jeder von uns nötig.

Es gab verschiedene Haushaltungen, aber nie hat Gott je Segen ausgeteilt als nur durch Barmherzigkeit. Da gab es keine Kraft als nur durch den Geist Gottes, keine Gnade als nur durch «den Samen der Frau».

Beachten wir nun aber den Gegensatz zwischen dem Charakter der Segnungen in den himmlischen Örtern, die die Gläubigen jetzt besitzen, und allen anderen Segnungen.

Im ersten Kapitel des Epheserbriefs beginnt der Apostel mit Gott. Es ist etwas Grosses, zu wissen: Meine Sünden sind mir vergeben. Noch grösser aber ist es zu erkennen: Der Vater unseres Herrn Jesus Christus hat seine Gnade in einer solchen Weise entfaltet, dass Er durch seine Vergebung verherrlicht ist. In Psalm 103 empfängt der Erlöste die Segnung von oben. Der Epheserbrief aber zeigt mir, dass ich die Quelle und den Ursprung der Gnade selbst besitze. Erlaube mir die Frage: Wo beginnt und endet dein Evangelium? Ist es der Himmel? Es ist ein Unterschied, zu sein wie David, zu wissen, wie sehr ich, der ich auf so vielerlei Weise gefehlt habe, Gnade benötige – oder zu sein wie Paulus, der wusste, dass gerade er das von Gott gesuchte Gefäss war. «Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteilgeworden, damit an mir, dem ersten, Jesus Christus die ganze Langmut erzeige …» (1. Tim 1,16). Wenn viele der Gläubigen nicht glücklich sind, so deshalb, weil sie auf einen Gott blicken, der ihnen auf der Erde Gnade gibt. Sie sollten vielmehr Gott im Himmel betrachten, der Gefässe sucht, in denen Er seine ganze Gnade entfalten kann. Ich habe als verlorener Sünder nicht nur Gnade, sondern vielmehr Gott selbst gefunden, der reich ist an Barmherzigkeit und der mir erklärt, dass Er mich selbst, den Sünder, haben will. Gott sucht Sünder, und ich bin einer von denen, in dem Er seine Gnade offenbaren kann. Woher kommt es, dass du nicht von Gott reden kannst, wie es sich gehört? Ein Weltmensch vermag es nicht; ein Christ aber sollte es können. Wenn du nur in einer schwachen Weise von Ihm zu reden vermagst, so liegt der Grund wohl darin, dass du mit dir selbst noch nicht zu Ende gekommen bist. Du bist noch nicht bei dem Punkt angelangt, wo du erkennst, dass die alte Natur nicht von Ihm zu reden weiss.

Um von Gott angemessen reden zu können, ist es nötig, in der Gnade befestigt zu sein. Der vorherrschende Gedanke im Wort ist die Barmherzigkeit. Als Er jemand zu den Nationen senden wollte, um ihnen eine besondere Offenbarung zu überbringen, da erwählte Er einen Lästerer und Verfolger. Zu den verhärteten und hartnäckigen Juden aber sandte Er den, der in seinem Ungestüm sich immer in den Vordergrund drängte – einen Menschen, der sich verflucht und seinen Herrn verleugnet hatte. Durch welche Schule hatten diese beiden Diener zu gehen, um passend zu werden, armen verlorenen Menschen die Gnade Gottes kundzutun!

Die Gläubigen sind zum Lobsingen berufen. Im Tempel in Jerusalem gab es Männer, die als Sänger eingesetzt waren. Was hatten sie anderes zu tun, als zu singen? Da gab es wohl manchmal einen falschen Ton, aber sie sollten singen. Wenn du dein «Ich» und deine Umstände dazwischentreten lässt, wirst du schwerlich von Herzen singen; bist du aber mit Gott und mit Christus beschäftigt, wird es dich dazu drängen. Je mehr ich in meinem Herzen und in meinem Geist zerschlagen bin, desto tiefere Beweggründe habe ich, Gott zu loben. Wir sollen natürlich nicht Gefühle zum Ausdruck bringen, die wir nicht haben; das wäre Heuchelei. Aber wenn ich betrachte, was Christus getan hat, so vermag ich selbst im Tiegel der Trübsal zu lobsingen.