Kraft für den Pilgerlauf

1. Korinther 9,24.26

«Wisst ihr nicht, dass die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? … Ich laufe daher so, nicht wie aufs Ungewisse» (1. Kor 9,24.26).

Das sind gewichtige, inspirierte Worte aus der Feder des Apostels der Nationen und wohl wert, dass wir darüber nachdenken. Dieser treue Diener Gottes, den Selbstverleugnung und ein tiefer Ernst kennzeichneten, war ein unaufhaltsamer Wettläufer. Um ihm zu gleichen, hat jeder Pilger und Streiter Jesu Christi Kraft nötig, damit er gut laufen kann. Die Frage, wie diese Kraft erlangt wird, ist daher von grösster Bedeutung, und die Schrift gibt in dreifacher Weise eine vollständige Antwort darauf.

Das Leben, das wir jetzt als Gläubige in einem auferstandenen Christus besitzen, muss unterhalten werden, damit wir in diesem himmlischen Wettlauf vorwärts eilen können. Menschliche Anstrengung ist dabei nicht nur untauglich, sondern ein wirkliches Hindernis. Der Heilige Geist ist von einem verherrlichten Christus herniedergekommen, als der innewohnende und bleibende Geist der Kraft für jeden Gläubigen. Doch ist auch zu beachten, dass Gottes Wort, beständiges Gebet und ein verherrlichter Christus, der das Herz anzieht, ein dreifaches Seil göttlicher Kraft für die Reise bilden und eine zuverlässige Stütze für den Wettlauf sind.

Gottes Wort

Der Psalmist konnte sagen: «Dein Wort ist Leuchte meinem Fuss und Licht für meinen Pfad» (Ps 119,105). «Belebe mich nach deinem Wort!» (Ps 119,25). «Den Weg deiner Gebote werde ich laufen, wenn du meinem Herzen Raum gemacht haben wirst» (Ps 119,32). Jeremia nimmt diesen Gedanken auf und sagt: «Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens» (Jer 15,16).

In dieser Hinsicht ist die wartende Haltung des Propheten Habakuk inmitten des Verderbens und der Götzendienerei seiner Tage beachtenswert. Vertrauend auf Gott allein, steht er als ein Wächter, als ein Lauscher da, um zu hören, was Gott zu sagen hat: «Auf meine Warte will ich treten und auf den Turm mich stellen und will spähen, um zu sehen, was er mit mir reden wird und was ich erwidern soll auf meine Klage» (Hab 2,1). Das Gesicht mochte sich verzögern, und er mochte auf dessen Erfüllung zu warten haben, aber inzwischen wurde die Seele des Propheten durch Glauben an Gottes Wort gestärkt. Während er mit Ausharren auf die verheissene Befreiung wartete, gab der HERR Antwort und sagte: «Schreibe das Gesicht auf, und grabe es in Tafeln ein, damit man es geläufig lesen könne» (franz. Übersetzung JND: «damit der, der es liest, laufen könne»). Im Lesen des Wortes Gottes wird also Kraft zum Laufen gefunden. Das Sinnen über seine Aussprüche ist wie Mark für die Gebeine, und die Lenden umgürten sich dabei mit Wahrheit. Was auch immer kommen mochte, der Prophet riet in gläubigem Vertrauen aus: «Der HERR, der Herr, ist meine Kraft und macht meine Füsse denen der Hirschkühe gleich und lässt mich einherschreiten auf meinen Höhen» (Hab 3,19).

Beständiges Gebet

Wenn uns Gottes Wort in dieser Weise Kraft für die Reise gibt, so ist das ernstliche und gläubige Gebet nicht weniger wichtig. Denn «die auf den HERRN harren, gewinnen neue Kraft: Sie heben die Schwingen empor wie die Adler; sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht» (Jes 40,31). Ein deutlicher Beweis davon war in den Tagen von Elia auf dem Berg Karmel zu sehen (1. Kön 18). Als Antwort auf sein Gebet hatte Gott schon den Glauben und den Mut des Propheten belohnt, indem Er Feuer vom Himmel sandte, das «das Brandopfer verzehrte und das Holz und die Steine und die Erde; und das Wasser, das im Graben war, leckte es auf.» Der Sieg über die Propheten des Baal war vollständig, aber kein Geist des Selbstruhms kennzeichnete den treuen Diener Gottes. Dreieinhalb Jahre lang hatten die Himmel als Antwort auf Elias ernstliches Flehen keinen Regen gegeben, aber da nun Gottes Autorität bewiesen und anerkannt war, sagte der Prophet einfach zu Ahab: «Geh hinauf, iss und trink, denn es ist ein Rauschen eines gewaltigen Regens.» Doch Elia ging noch einmal auf seine Knie, und bald stieg infolge seines anhaltenden Flehens eine kleine Wolke, nicht grösser als eines Mannes Hand, aus dem Meer herauf. Sogleich wurde die Botschaft an Ahab gesandt: «Spanne an und fahre hinab, dass der Regen dich nicht aufhalte!» Unterdessen ballten sich dunkle Wolken zusammen und der Regen fiel in Strömen herab. Ahab fuhr auf seinem Wagen. Nicht so Elia; er brauchte keine menschliche Hilfe. Er hatte im Gebet «neue Kraft gewonnen». Und mit der Hand des Herrn auf ihm lief er mit gegürteten Lenden vor Ahab her bis nach Jisreel hin. Das Gebet hatte seine Sehnen für den Lauf gestärkt, und so lief er, und Gott wurde verherrlicht.

Die Schrift ist voll ähnlicher Beispiele, aber es gibt noch eine weitere Quelle der Kraft für den gläubigen Wettläufer. Sie wird immer dann gefunden, wenn das Auge des Glaubens unentwegt auf dem sichtbaren, himmlischen Christus ruht.

Hinschauen auf den verherrlichten Christus

Im Hebräerbrief haben wir die ermahnenden Worte des grossen Apostels: «Lasst auch uns … mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes» (Heb 12,1.2).

Ein herrlicher, göttlicher Gegenstand wird hier zum Anschauen vor die Seele gestellt. Er ist ein mächtiger Magnet, um unsere Herzen aus all den vergänglichen irdischen Szenen heraus zu sich zu ziehen! Unser grosser «Vorläufer» hat als Erster den Fusspfad durchlaufen, und dem Glauben ist es nun eine Freude, seinen heiligen Fussstapfen zu folgen. Er hat uns nicht nur gezeigt, wie gelaufen werden soll, sondern auch den Weg vorgestellt, den Er wandelte. Er, der hier auf der Erde als abhängiger Mensch immer seine Quellen in Gott fand, und der von Anfang bis ans Ende den Wettlauf zur Ehre Gottes durchlief, hat im Triumph seinen Platz auf dem Thron Gottes eingenommen. Er ist in seiner eigenen Person der göttliche Gegenstand geworden, der unsere Herzen himmelwärts zieht. In dem Mass wie unsere Augen ohne Ablenkung auf diesen himmlischen Überwinder schauen, dahin, wo Er jetzt ist, werden wir sowohl Ausharren als auch Kraft für den Wettlauf gewinnen, der droben bei Ihm endet. Es sind die anziehende Macht, die Gnade und Herrlichkeit der Person Christi, die unsere Lenden mit Kraft umgürten. So war es bei Paulus, der sagen konnte: «Ich laufe daher so, nicht wie aufs Ungewisse». Seine Augen, wie die des Stephanus, waren beständig nach oben, auf den Mann der Herrlichkeit Gottes gerichtet, und seine Worte sollten heute auch einen Platz in unseren Herzen finden: «Eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus. So viele nun vollkommen sind, lasst uns so gesinnt sein; und wenn ihr etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dies offenbaren» (Phil 3,13-15).

Möge uns nun, nachdem wir uns an all diese kostbaren Wahrheiten erinnert haben, Gnade gegeben werden, sie nicht nur in unseren Herzen zu bewahren, sondern ihre gesegnete Wirklichkeit auch jeden Tag praktisch zu erproben, zum Preise der Herrlichkeit Gottes!