Nach ihrer Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens und nach ihrem Durchzug durchs Rote Meer lobsangen die Israeliten in grosser Freude. – Auch wir haben, wie sie, den Heiland-Gott, der uns erkauft hat, schon oft für die erfahrene Befreiung gepriesen.
Aber kaum hatte Gott den Lobgesang der Israeliten vernommen, so musste Er drei Tage später schon ihr Murren vernehmen, weil sie in der Wüste nach Wasser gesucht und nur bitteres Wasser gefunden hatten, das ihren Durst nicht zu stillen vermochte. – Hat Gott nicht auch schon unser Murren gehört, wenn wir in der Welt nach Erfrischung gesucht haben, die, statt unseren Durst zu löschen, ihn sogar erhöht und nicht befriedigt hat?
In seiner Gnade liess es Gott nicht dabei bewenden, die Wasser von Mara süss zu machen. Er hat viel mehr getan. Er gab dem Volk einen Felsen, eine reiche Quelle lebendigen Wassers, die sie während vierzig Jahren, d.h. während ihrer ganzen Wüstenwanderung begleitete (1. Kor 10,4).
Wie die Israeliten haben auch wir einen Felsen, den «Fels der Ewigkeiten», der für uns eine Quelle lebendigen Wassers ist, das ins ewige Leben quillt. Aber um uns dieses Wasser geben zu können, musste der Fels mit dem Stab des Gerichts Gottes geschlagen werden, mit dem Stab, der einst den Strom schlug und dessen Wasser in Blut verwandelte. «Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen» (Jes 53,8).
Das sind die «stillen Wasser», zu denen der Hirte uns führt (Ps 23,2), «die Wasser von Siloah, die still fliessen» (Jes 8,6), die Wasser, die immer zu unserer Verfügung sind, wie sie auch in der Wüste zur Verfügung Israels waren.
Aber wie sollen wir uns das neue Murren des Volkes erklären, als die Gemeinde, ganz nahe am Ziel ihrer Wanderung, mit Mose haderte, weil sie kein Wasser fand? (4. Mo 20). Der Fels war doch da und war doch geschlagen worden! Wo fehlte es denn? – Haben nicht auch wir oft Durst, trotz der Gegenwart dessen, der mit uns ist, der uns nicht verlassen und nicht versäumen wird? Ach, haben wir dann noch nie «die Quelle lebendigen Wassers … verlassen, um uns Zisternen auszuhauen, geborstene Zisternen, die kein Wasser halten» (Jer 2,13)? Glücklich ist, wer diese Erfahrungen noch nicht gemacht hat! Warum empfinden wir Durst, wie die Israeliten, und warum gibt der Fels kein Wasser mehr? «ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet; ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr übel bittet, damit ihr es in euren Begierden vergeudet» (Jak 4,2.3).
Gott nannte Mose das Mittel, durch das sie Wasser bekommen konnten: «Ihr sollt zum Felsen reden.» Wie leicht ist das! Er ist bereit, die erfrischenden Wasser reichlich zu spenden. Ihr sollt zu Ihm reden! Er will segnen; bittet Ihn darum! Die Quelle ist da, ganz nahe. Schöpft doch! Der Fels ist einmal geschlagen worden, das genügt. Christus hat das Schlachtopfer für die Sünden dargebracht (Heb 10,12).
Aber das hatte Mose nicht verstanden. Er hat wiederholen wollen, was schon vollkommen erfüllt und vollbracht war, ein für alle Mal. Er wollte seine eigene Macht gebrauchen, um dem Volk zu trinken zu geben.
Welche Lehre für uns! Ist der Tod des Herrn Jesus, ein für alle Mal geschehen, nicht genügend? Ist Christus, der jetzt in die Herrlichkeit eingegangen ist und sich dort als Hoherpriester für die Seinen verwendet, nicht eine unversiegbare Quelle von Segnungen? Hat Er nicht ein vollkommenes Opfer dargebracht und vermag Er nicht «diejenigen völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen» (Heb 7,25), und ihnen reichlich zu geben, was sie nötig haben?
Aber welche Gnade von seiner Seite! «Wenn wir untreu sind – er bleibt treu» (2. Tim 2,13). Das Volk musste nicht unter der Untreue seines Knechtes leiden. Denn siehe! Wasser im Überfluss, das den Durst des Volkes stillte, strömte aus dem Felsen hervor. Mose und Aaron hatten die Folgen ihrer Untreue allein zu tragen.
Was hätten sie denn tun sollen? Was haben wir zu tun, um unseren Durst zu löschen und unseren Brüdern und Schwestern die Quelle der Segnung und der Erfrischung zu öffnen? Zum Felsen reden, die Gemeinschaft mit Ihm wieder herstellen, indem wir Gott nicht unseren Stab vorweisen, sondern den Stab, den des Hohenpriesters, der «Sprossen getrieben und Blüten gebracht und Mandeln gereift» hatte (4. Mo 17,8), in der Kraft des Lebens, das aus dem Tod hervorgekommen ist. «Da wir nun, Brüder, Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu, auf dem neuen und lebendigen Weg, den er uns eingeweiht hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch, und einen grossen Priester haben über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens» (Heb 10,19-22). Wenn wir so handeln, werden wir niemals dürsten.