In 1. Korinther 10,32 gibt uns der Apostel eine Klassierung des Menschengeschlechts, die uns eine grosse Hilfe ist, nicht nur zum Verstehen der Prophetie, sondern auch des ganzen Wortes Gottes. «Seid ohne Anstoss, sowohl Juden als Griechen als auch der Versammlung Gottes.» Hier sind die drei grossen Sphären genannt, in denen sich die Herrlichkeit Christi entfaltet. Wenn es sich um den Zustand der Menschen vor Gott handelt, im Blick auf die Ewigkeit, dann gibt es nur zwei Klassen:
- die Erretteten und
- die Unerlösten
solche, die wirklich wiedergeboren sind, und solche, die noch in der Finsternis und dem Unglauben der Natur sind. Aber in Bezug auf die Regierung Gottes über die Welt bestehen drei Klassen:
- Juden
- Nationen
- die Versammlung
Und niemand kann das Wort Gottes richtig teilen, der diese Klassierung übersieht. In den Schriften dem Ratschluss Gottes bezüglich dieser drei Klassen nachzuspüren, ist der sicherste Weg, die Ordnung der Heilszeitalter Gottes zu erkennen, und die Harmonie aller Teile der Heiligen Schrift untereinander. Hier können wir nur auf einige Stellen hinweisen, um den Leser in den dreifachen Ratschluss Gottes einzuführen.
1. Die Juden
In 1. Mose 12,2.3 lesen wir: «Und der HERR hatte zu Abram gesprochen … Ich will dich zu einer grossen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen gross machen; und du sollst ein Segen sein! Und ich will die segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!» In Kapitel 13,14.15 haben wir eine weitere Entfaltung dieses Vorsatzes: «Und der HERR sprach zu Abram, nachdem Lot sich von ihm getrennt hatte: Erhebe doch deine Augen und schau von dem Ort, wo du bist, nach Norden und nach Süden und nach Osten und nach Westen! Denn das ganze Land, das du siehst, dir will ich es geben und deiner Nachkommenschaft bis in Ewigkeit.» In Kapitel 15 werden die Grenzen des Landes festgestellt. In 5. Mose 28 haben wir die ihnen verheissenen Segnungen unter Voraussetzung ihres Gehorsams, jedoch auch die angekündigten Flüche im Fall ihres Ungehorsams. Aber ach, das hochbegünstigte Volk erwies sich als ein ungehorsames und hartnäckiges Geschlecht. Gott übte grosse Langmut gegen sie aus. Aber nachdem sie seine Knechte, die Propheten verworfen und gesteinigt hatten, sandte Er ihnen seinen Sohn, den Erben aller Dinge. Ihn kreuzigten und töteten sie und machten so das Mass ihrer Gesetzlosigkeiten voll und besiegelten ihren Untergang. Deshalb kam ein gewaltiger Zorn über sie. Ihre Stadt und ihr Tempel wurden zerstört, ihr Land geplündert, die Bevölkerung dem Schwert hingegeben oder gefangen weggeführt. Seit beinahe zweitausend Jahren sind sie Denkmäler des Missfallens Gottes gegenüber der Sünde und leiden unter den schlimmen und mannigfaltigen Folgen der Sünde, die ihnen zum Voraus angesagt worden waren.
2. Die Nationen
Von der Zeit an, da Abraham Vater von Gottes besonderem Volk genannt wurde, unterhielt Gott mit keiner Nation auf der Erde direkte Beziehungen als nur mit Israel. Bis zur Zeit Nebukadnezars war Gottes Thron und Gegenwart inmitten Israels. Von der Zeit an, als die Juden nach Babylon gefangen weggeführt waren, wurde die Regierungsgewalt über die Erde nicht mehr unmittelbar durch Gott ausgeübt. Sie wurde, in der Person Nebukadnezars und andern, Menschen anvertraut, die nicht zu seinem Volk gehörten. Das war ein Wechsel von ungeheurer Bedeutung, sowohl in Bezug auf die Regierung der Welt als auch auf das Gericht Gottes über sein Volk. Beides führte zu den grossen Gegenständen der Weissagung über die Endentwicklung – die Wiederherstellung durch Drangsal eines rebellischen Volkes und das Gericht über ein ungläubiges und abgefallenes Herrscherhaupt aus den Nationen.
Im Propheten Daniel (Dan 2) haben wir einen Bericht über diesen grossen Wechsel: «Du, o König, du König der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum, die Macht und die Gewalt und die Ehre gegeben hat; und überall, wo Menschenkinder, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels wohnen, hat er sie in deine Hand gegeben und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt – du bist das Haupt aus Gold» (Dan 2,37.38).
Hier beginnen die Zeiten der Nationen. Die Macht, die dem babylonischen König gegeben wurde, stieg zu den Medern und Persern hinab; von da gelangte sie in die Hände der Griechen und von da zu den Römern, dem letzten in dem Bild dargestellten Reich. Das römische Reich, obwohl es nach einer Zeit in eine Anzahl getrennter Königreiche zerbrach, setzte seinen Namen in diesen Königreichen fort, und wird darin fortfahren bis zum Kommen des Herrn. Durch diese Macht wurden die Juden schrecklich unterdrückt und verwüstet.
Am Ende ihrer siebzigjährigen Gefangenschaft in Babylon kehrte ein Teil der Juden nach Jerusalem zurück, aber blieben dann eigentlich Tributpflichtige des persischen Königs. Auch nachher hatten sie nie mehr eine unabhängige eigene Regierung. Als Christus unter ihnen erschien, waren sie unter dem römischen Joch, und sie konnten ihren Messias nicht ohne Einwilligung des römischen Statthalters und die Mithilfe der römischen Soldaten zu Tode bringen. Ein zweites Mal wurde ihre Stadt und ihr Tempel durch die Nationen zerstört, und der Herr selbst erklärte, dass Jerusalem von den Nationen zertreten würde, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden (Lk 21,24)
Diese Zeiten werden also nicht immer währen. Gott hat sein Volk nicht verstossen, das Er zuvor erkannt hat. Er wird zur bestimmten Zeit den Bund der Gnade erfüllen, den Er mit Abraham, ihrem Vater gemacht hat. Sie werden dann eine grosse Nation und das Haupt aller anderen Nationen sein, der Mittelpunkt, von dem der Segen ausfliessen wird zu allen Nationen auf der Erde.
3. Die Versammlung Gottes
Wie wir sehen, ist die Versammlung etwas völlig Abgesondertes von den Juden und den Nationen. Christus kam zu den Juden, seinem eigenen Volk, aber sie nahmen ihn nicht an. Er wurde von den Menschen verachtet und verworfen. Juden und Nationen vereinigten sich, um Ihn zu Tode zu bringen. Durch diesen Akt der Krönung des Bösen wurde das Verdammungsurteil über beide besiegelt. Aber Gott setzte es in seiner reichen souveränen Gnade ausser Kraft. Jesus, unser Herr, verworfen von den Menschen, wurde, nachdem Er das grosse Werk der Erlösung erfüllt hatte, aus den Toten auferweckt und Er setzte sich zur Rechten der Macht, wo Er nun wartet, bis seine Feinde gelegt sind als Schemel seiner Füsse.
Solange Er aber zur Rechten Gottes sitzt, soll allen Nationen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden. Wer irgend aus allen Nationen diese Botschaft annimmt, dem Evangelium glaubt, empfängt Vergebung, wird errettet und ist einsgemacht mit dem auf dieser Erde Verworfenen, der aber im Himmel verherrlicht ist. In dem Augenblick, da ein Jude die Gnadenbotschaft im Glauben annimmt, hört er auf Jude zu sein; gleicherweise ist auch ein Mensch aus den Nationen, wenn er dies tut, aus ihnen herausgenommen. Dies ist ein überaus wichtiger Punkt in den Wegen Gottes. Der Jude, der an Christus glaubt, stirbt allen Verbindlichkeiten oder Vorrechten eines Juden und allen seinen Hoffnungen auf ein Erbteil im Land. Der Mensch aus den Nationen stirbt seinem Anteil am Irdischen, das für eine Zeit den Händen der Nationen übergeben ist. Was sind sie denn nun? So mag gefragt werden. Sie bilden jetzt einen Teil der wahren Kirche, für die die Welt keinen Platz hat. Sie sind nun Fremde und Pilger in dieser Welt. Ihre Heimat ist droben. Sie sind berufen, während der Abwesenheit ihres Herrn, seine Erniedrigung und Verwerfung zu teilen, haben dann aber Anteil an seiner Herrlichkeit, wenn Er zurückkehrt.
Eine andere Wahrheit von grosser praktischer Bedeutung erscheint in diesem Zusammenhang sehr klar: die Versammlung Gottes, der Leib des Christus, wurde erst nach dem Tod, der Auferstehung und der Verherrlichung Christi im Himmel, gebildet. Eine der volkstümlichen Lehren besteht in der Auffassung, «die Kirche oder Versammlung Gottes umfasse alle erlösten Menschen vom Anfang bis zum Ende der Zeit». Wir geben gerne zu, dass die Gläubigen, die die Versammlung bilden, viel Gemeinsames haben mit den Heiligen des Alten Testaments, wie zum Beispiel: die Belebung durch denselben Heiligen Geist, die Rechtfertigung durch das gleiche kostbare Blut, die Bewahrung durch dieselbe allmächtige Gnade, und die Bestimmung, in der Auferstehung zur Gleichförmigkeit mit dem Leib der Herrlichkeit des Herrn umgestaltet zu werden. Aber der grosse Unterschied ist dieser: die jetzigen Gläubigen bilden den Leib des Christus, sind seine himmlische Braut, getauft durch den Heiligen Geist und daher eins mit Ihm, dem in der Herrlichkeit erhöhten Menschen. Das sind die besonderen Segnungen der Versammlung Gottes. Anstelle einer Kirche, die aus allen Gläubigen vom Anfang bis zum Ende der Zeit bestehen soll, ist die Versammlung in der Schrift auf die Gläubigen vom Tag der Pfingsten an – als sie durch den vom Himmel herabgesandten Heiligen Geist gebildet wurde – bis zum Herabkommen des Herrn Jesus in die Luft begrenzt, der sie selbst in das Haus des Vaters mit den vielen Wohnungen einführen wird.
Durch das Kreuz wurde die Zwischenwand der Umzäunung zwischen Juden und Menschen aus den Nationen abgebrochen, damit sie einen Leib bilden möchten. «Nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, weggetan hatte, damit er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe» (nicht eine Fortsetzung oder Verbesserung des alten, sondern den einen, neuen Menschen – Eph 2,14.15).