«Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun» (Heb 10,9). Dieses Zitat aus Psalm 40 wird in Hebräer 10 zweimal angeführt. Der Verfasser des Hebräer-Briefs – es ist Gott, der Heilige Geist – betont damit die uneingeschränkte Bereitschaft des Herrn Jesus, während seines Lebens hier auf der Erde nichts anderes zu tun, als nur den Willen seines Gottes und Vaters auszuführen.
Im Folgenden wollen wir uns etwas näher damit beschäftigen, was es für den Herrn Jesus bedeutete, den Willen Gottes zu tun. Dabei wird uns zum einen sein vollkommener Gehorsam beeindrucken, zum anderen werden wir auch sehen, wie Er den Willen Gottes nicht nur in guten Umständen ausführte, wo es Anerkennung gab und wo alles gut zu gehen schien, sondern gerade auch in Situationen, wo Leid und Schmerz die Folge waren.
Gottes Wille in guten Umständen
Der Herr Jesus sagte seinen Jüngern einmal: «Ich bin vom Himmel herniedergekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat» (Joh 6,38). Es war seine Speise, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte, und das Ihm aufgetragene Werk zu vollbringen (Joh 4,34). Viele andere Stellen bezeugen, dass Er sich ausschliesslich dem Willen Gottes und dessen Ausführung verpflichtet fühlte.
Jeder Schritt, den Er tat, jedes Wort, das Er sprach, jeder Gedanke und alle Empfindungen, die Er hatte – ausnahmslos alles erfolgte in Übereinstimmung mit dem Willen des Vaters.
Diese hundertprozentige Erfüllung des Willens Dessen, der Ihn gesandt hatte, zeigt sich auch darin, dass Er nur dann aktiv wurde, wenn es dem Willen Gottes entsprach. Wenn seine Mutter Ihm nahelegen wollte, sich bei der Hochzeit um den ausgegangenen Wein zu kümmern, dann wurde Er erst aktiv, als «seine Stunde» da war. Als sein Freund Lazarus, den Er liebte, krank war, eilte Er nicht sofort los. Nein, Er machte sich erst dann auf den Weg, als es dem Willen Gottes entsprach.
Zu diesem Willen gehört mehr, als nur zu tun, was Gott will. Es geht darum, das zu tun,
- was Gott will,
- zu dem Zeitpunkt, wann Er es will und
- in der Art und Weise, wie Er es will.
Beim Herrn Jesus entsprach wirklich alles exakt den Vorstellungen Gottes.
Gottes Wille in schweren Umständen
Unser Herr hat den Willen Gottes aber nicht nur in Zeiten erfüllt, wo es Ihm leicht fiel, wo es Anerkennung und Dankbarkeit gab. Nein, Er führte ihn gerade auch in den Umständen aus, die Ihm in der Folge körperliche Schmerzen und seelisches Leid einbrachten.
Wenn es in der Ausführung des Willens Gottes enthalten war, dass
- Er gefangen genommen wurde,
- Ihm ins Gesicht geschlagen wurde,
- Ihm ins Gesicht gespuckt wurde,
- Er gegeisselt wurde,
- Er die Dornenkrone tragen musste,
- Er die mit der Kreuzigung verbundenen grausamen Schmerzen ertragen musste,
- Er brennenden Durst leiden musste, dann war Er zu allem bereit!
Er, der «alles wusste, was über ihn kommen würde» (Joh 18,4), ertrug alle Leiden, alle Schmerzen und jede Not mit dem unerschütterlichen Vorsatz, Gottes Willen in allen Umständen auszuführen.
Doch seine Bereitschaft, diesen Willen zu tun und sein Werk zu vollbringen, wurde noch härter auf die Probe gestellt. Als unser Heiland
- in Gethsemane niederkniete, seine Seele «sehr bestürzt und beängstigt» und «sehr betrübt war, bis zum Tod» (Mk 14,33.34),
- als vor seinem inneren Auge die Schrecken des göttlichen Gerichts vorbeizogen,
- als Er in ringendem Gebet vor Gott war,da sehen wir etwas davon, wie unendlich schwer es für Ihn war, Gottes Willen auch in dieser Hinsicht zu tun.
In der Nacht der Gefangennahme unseres Heilands zündete man wegen der Kälte im Hof des Hohenpriesters ein Feuer an, um sich zu wärmen. – Doch kurze Zeit bevor unser Herr in jenen Hof kam, stand Er in einem derart schweren inneren Kampf, dass trotz der Kälte sein Schweiss so stark wurde, dass er wie grosse Blutstropfen auf die Erde herabfiel (Lk 22,44).
Und doch wurde Er in seiner Bereitschaft, den Willen Gottes zu erfüllen auch in diesen schweren Augenblicken zu keinem Zeitpunkt wankend. Wenn Gott einen anderen Weg hatte, dann würde Er ihn gehen. Wenn dieser Weg aber nur über das Kreuz von Golgatha mit diesem schrecklichen Strafgericht Gottes führen konnte – dann war Er dazu bereit. Seinen Jüngern sagte Er in diesem Zusammenhang: «Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?» (Joh 18,11).
Und damit noch nicht genug. Seine Bereitschaft, den Willen Gottes auszuführen, und der Gehorsam seinem Gott gegenüber hielten auch der letzten Belastungsprobe stand. Er wurde «gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz» (Phil 2,8).
Wenn seine Seele in den Vorempfindungen über die Schrecken des Kreuzes «sehr betrübt war bis zum Tod», dann wird damit angedeutet, dass diese Belastung für den Herrn Jesus bis zum Äussersten, d.h. nicht mehr steigerungsfähigen Punkt gekommen war. So tief empfand Er die Schrecken des vor Ihm liegenden Gerichts! Aus dieser Bewährungsprobe ging Er mit den Worten hervor: «Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!» (Mk 14,36). Im Gehorsam gegenüber Gott war Er bereit, dessen Willen nicht nur zu bejahen, sondern auch in die Tat umzusetzen. Seine Bereitschaft zum uneingeschränkten Gehorsam erwies sich auf Golgatha in vollkommener Weise, indem Er bis zum Äussersten, nicht mehr steigerungsfähigen Punkt, eben bis zum Tod, bis zum buchstäblich letzten Atemzug gehorsam blieb!
Vielleicht können diese Zeilen etwas helfen, einen tieferen Eindruck von unserem Herrn und Heiland zu bekommen. «Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun» – das brachte mit sich, dass Sünderhände sich an Ihm vergriffen, das bedeutete für Ihn das Gericht Gottes für fremde Schuld, das mit dem Tod am Kreuz von Golgatha endete. Heute schon dürfen wir Ihm dafür die Anbetung unserer Herzen bringen.