Zweifel und Glaube

Der Zweifel sitzet im Verstande,
der Glaube ruht im Herzensgrund;
den Zweifel fesseln Erdenbande,
dem Glauben macht Gott selbst sich kund.

Der Zweifel sitzt in schweren Sorgen,
wenn sich der Glaube kindlich freut;
bangt jenem schon vorm nächsten Morgen,
dankt dieser froh Gott für das Heut’!

Der Zweifel hat noch nicht gesäet,
so isst der Glaube schon sein Brot;
der Zweifel stets sich krümmt und drehet,
der Glaube spricht: «Voran mit Gott!»

Sieht jener nichts als düstre Nächte,
schaut dieser froh den Morgenstern;
wo jener sieht, «des Schicksals Mächte»
erkennt der Glaub’ «die Hand des Herrn».

Dem Zweifel frommt und hilft kein Bitten,
doch das Gebet des Glaubens siegt,
und jener naht mit bangen Schritten,
wenn dieser Gott entgegenfliegt.

Wenn jenem alle Hilfe fliehet,
erhebet dieser kühn sein Haupt;
der Zweifel glaubt nur, was er siehet,
der Glaube schaut, was er geglaubt.