Zwei Dinge von grundsätzlicher Wichtigkeit verlangen die Beachtung dessen, der im Kriegsdienst steht: Erstens die eigenen, verfügbaren Hilfsmittel und zum anderen die des Gegners. «welcher König, der auszieht, um sich mit einem anderen König in Krieg einzulassen, setzt sich nicht zuvor hin und beratschlagt, ob er imstande sei, dem mit zehntausend entgegenzutreten, der gegen ihn kommt mit zwanzigtausend?» (Lk 14,31). Wenn der Feind das Übergewicht hat, ist ein Kampf nutzlos, wenn nicht sogar sehr gefährlich.
Nun sollten sich aber alle Christen darüber im Klaren sein, dass sie beständigen Kampf auf ihrem Pfad zu erwarten haben, und dass ihr Erzfeind niemand anders als Satan selbst ist. Ob als brüllender Löwe oder als Wolf im Schafspelz, er hat in beiden Angriffsmethoden eine vieltausendjährige Erfahrung. Als ein weiser Anführer konnte Paulus über die Methodik Satans sagen: «seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.» Doch lasst mich fragen: Sind wir hierüber auch heute noch ebenso gut informiert, wie wir es sein könnten und sollten? Genügt es wirklich, nur den Hauptangriff Satans abzuwehren? Dürfen wir annehmen, dass er sich dann geschlagen gibt und uns von da an unbehelligt lässt? Wohl sagt die Schrift: «Widersteht dem Teufel, und er wird von euch fliehen» (Jak 4,7), aber sie sagt nicht: «Ruht euch dann auf euren Lorbeeren aus, denn der Kampf ist vorüber.» Gerade nach einem Sieg erfolgt gewöhnlich der Gegenangriff. Ja, als der Teufel am hellichten Tag den Herrn selbst in der Wüste anzugreifen wagte, kam er sogar dreimal, bevor er sich schliesslich zurückzog. Und nachdem er im offenen Kampf nichts auszurichten vermocht hatte, änderte er seine Taktik. Er arbeitete nunmehr im Geheimen und Verborgenen und errang – so meinte er jedenfalls – den Triumph über den Herrn, indem er jene Nachfolger, die Ihm am nächsten standen, zu Fall brachte.
Eine deutliche Darstellung dessen, was wir in diesem Kampf zu erwarten haben, finden wir im Alten Testament, in der Geschichte Abijas, des Königs von Juda, als er mit Israel unter Jerobeam im Kampf lag (2. Chr 13) Letzterer verdarb ja in jenen Tagen jeden wahren Gottesdienst in Israel; daher ist jener Mann, der sich den traurigen, oft wiederholten Titel erwarb: «Jerobeam, der Sohn Nebats, der Israel zu sündigen veranlasst hatte», ein treffendes Bild unseres Erzfeindes. Abija stand auf dem Boden der Anbetung des wahren Gottes, und er forderte seinen Gegner mit dem Vorwurf heraus, dass er den Gott Israels und seine Satzungen verlassen habe. Wir können uns die Sorgfalt und Gründlichkeit vorstellen, mit der Juda seine Frontstellung aufbaute, nichts dem Zufall überlassend; denn der Feind war nicht nur mächtig, sondern auch listig. Da dieser die gut vorbereitete Front sah, suchte er in ihren Rücken zu kommen. «Und als Juda sich umsah, siehe, da hatten sie den Kampf vorn und hinten» und sie erkannten, dass sie gegenüber der Macht und Fähigkeit des Feindes nicht bestehen konnten. Gaben sie nun jeden Kampf auf? Keineswegs! Jetzt war die Zeit gekommen, die Hilfe ihres Gottes, Dessen sie sich gerühmt hatten, herabzuflehen und den vorgezeichneten Weg zu ihrer Rettung zu benützen. «Da schrien sie zu dem HERRN und die Priester bliesen mit den Trompeten … Und die Kinder Israel flohen vor Juda, und Gott gab sie in ihre Hand.»
Welch eindrucksvolle Belehrung! Vorbereitet zu sein, ist eine ausgezeichnete Sache; die Front zu befestigen, um dem Feind widerstehen zu können, ist lobenswert; doch lasst uns auf der Hut sein vor dem Hinterhalt! Unser Feind ist ebenso listig wie mächtig. Wenn wir uns auf einen Punkt konzentrieren, wird er uns sicherlich bei einem anderen angreifen. Sind wir dann nicht darauf vorbereitet, wird er einen Sieg erringen.
Eine spätere Darstellung derselben Sache wird uns im zweiten Korintherbrief gegeben. In seinem ersten Brief sah sich der Apostel Paulus gezwungen, den Korinthern wegen einer moralisch bösen Sache zu schreiben, die die ganze Versammlung verunreinigte. Zwischen dem ersten und zweiten Brief nun hatten sie den Gedanken Gottes entsprechend die betreffende Person aus ihrer Mitte hinausgetan. So weit war alles geordnet. Alles war in solch einer Weise geschehen, dass der Apostel loben konnte. Der Frontalangriff des Feindes war zurückgeschlagen, aber der Apostel ruhte nicht. Er erwartete einen neuen Angriff, aus einer anderen Richtung; daher die besorgte Warnung an seine Brüder: «Damit wir nicht vom Satan übervorteilt werden» (2. Kor 2,11). Wie leicht kann durch Mangel an Wachsamkeit ein Sieg zur Niederlage werden. Wie leicht konnten die Korinther ihrem gefallenen Bruder bleibenden Schaden zufügen, dadurch, dass sie es an der Erweisung der Liebe gegen ihn fehlen liessen. Wie leicht auch konnte die dortige Versammlung durch die Abwesenheit dessen geschwächt bleiben, der nach erfolgter Zucht wieder in ihrer Mitte hätte sein sollen. Welche Gefahr konnte sich für die ganze Versammlung ergeben, wenn sie nicht in Liebe die Wiederherstellung des Bruders suchten: Der Feind könnte ihn zur Bildung einer rivalisierenden Versammlung oder zu ähnlichem benutzen. Ach! Haben wir nicht solche Dinge oder deren Folgen schon erfahren müssen? Die Christenheit ist nach und nach in so viele Gruppen verschiedenster Schattierungen zersplittert worden, dass sich heute jedes unzufriedene Glied in ihrer Mitte das aussuchen kann, was gerade nach seinem Geschmack ist.
Ist dieser Zustand der Dinge nicht das Ergebnis der überlegenen Feldherrnkunst des Feindes und des Mangels an Wachsamkeit bei den Gläubigen? Der erste Frontalangriff war in vielen, wenn nicht in allen Fällen erfolgreich abgewendet worden, aber wie stand es um den Hinterhalt? Haben wir dem Satan nicht immer und immer wieder die Möglichkeit gegeben, in die Reihen der Gläubigen einzubrechen und durch seine Taktik Vorteile zu erringen? Ist nicht oft das, was uns nur als Nebenangriff erschien, das Hauptziel des Feindes gewesen?
Es gibt nur Einen, der uns bei einem solchen Zustand der Dinge zum Sieg führen kann: Unser Herr Jesus Christus, der den Satan selbst besiegt hat. Unter seiner Führerschaft dürfen wir Sieg erwarten; doch ist es beständig nötig, die Trompeten zu blasen, um die Kraft und Weisheit Gottes herabzurufen, durch welche allein der Sieg errungen werden kann.
Es ist Satans Hauptziel, die Gedanken und Ratschlüsse Gottes zu vereiteln. Auf alles, was sie durchkreuzen kann, richtet er sein Augenmerk, auch auf scheinbar geringe Dinge. Kleine Eifersüchteleien, anscheinende Nichtbeachtung, alles, was die Bande unter den Gläubigen lockern könnte, will er für seine Zwecke benutzen. Und wer unter dem Volk Gottes wüsste nicht, wohin solche anfänglich kleinen Dinge führen können! «Siehe, ein kleines Feuer, welch einen grossen Wald zündet es an!» Dass wir doch immer auf der Hut wären, so dass, wenn sich diese kleinen Dinge einzuschleichen suchen, wir sofort das Wirken Satans sähen und der Warnungen gedächten! Wie vieles würde dann geklärt sein – «damit wir nicht vom Satan übervorteilt werden»! Möge uns der Herr zur beständigen Wachsamkeit verhelfen und uns Gnade schenken, allezeit mit Ihm, der sich droben immer für uns verwendet, in Gemeinschaft zu sein!