Das Wort Gottes verstehen

Psalm 119,159-160

«Sieh, dass ich deine Vorschriften liebe; nach deiner Güte, HERR, belebe mich! Die Summe deines Wortes ist Wahrheit, und alles Recht deiner Gerechtigkeit währt ewig» (Ps 119,159.160).

Der Psalmdichter liebte das Wort Gottes über alles. Es drückte ihn nieder, wenn er sah, wie viele dieses Wort verachteten. Geht es uns vielleicht ähnlich?

Warum schätzen wir die Bibel so sehr? Was macht sie so wertvoll?

Sie ist als Ganzes das von Gott inspirierte Wort. Obwohl zahlreiche menschliche Schreiber in einem Zeitraum von mehreren Jahrhunderten daran gearbeitet haben, ist die Bibel ein Ganzes, denn sie hat einen Autor: Gott selbst (Pred 12,11b). Sowohl in seiner Gesamtheit als auch in seinen einzelnen Teilen ist das geschriebene Wort Gottes bewunderungswürdig. «Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt» (2. Tim 3,16.17).

Die Gedanken der Menschen sind Nichtigkeit. Das Wort Gottes ist die Wahrheit, denn die Gedanken Gottes sind Wahrheit (Ps 19,10). Wahrheit ist ein wesentliches Attribut Gottes (Ps 31,6; Jer 10,10). In der Bibel kommt der Ausdruck «Wahrheit» nur in der Einzahl vor. Manchmal reden wir von «Wahrheiten», wenn wir an einzelne Teile der göttlichen Wahrheit denken. Aber im Wort Gottes finden wir diese Redeweise nicht.

Beim Erkennen der Wahrheit Gottes aber verstehen wir nur schrittweise, obwohl uns die ganze Wahrheit im Wort offenbart ist. Wenn wir nahe beim Herrn leben und uns Zeit nehmen, sein Wort zu lesen und darüber nachzudenken, werden wir jeden Tag Neues in der Bibel entdecken. Unser Erfassen der Wahrheit ist mit einem Baum zu vergleichen, der ständig neue Zweige treibt.

Drei Grundsätze für das Verstehen der Bibel

Das Wort Gottes kann nur wirklich verstanden werden, wenn wir die drei folgenden Grundsätze beachten und anwenden:

  1. Die Heiligen Schriften müssen immer im Zusammenhang gesehen werden (Lk 24,44; 2. Tim 3,16; Off 22,19). Dennoch ist darauf zu achten, dass die christliche Lehre nicht auf dem Alten Testament basiert. Sie gründet sich auf die Schriften des Neuen Testaments. Das Neue Testament erklärt das Alte Testament, und das Alte Testament illustriert das Neue durch zahlreiche Bilder, die es enthält (1. Kor 10,6.11).
  2. Nur das Wort Gottes ist massgebend. Mose sagte zu Beginn der Heiligen Schrift: «Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Wort, das ich euch gebiete, und sollt nichts davon wegnehmen, damit ihr die Gebote des HERRN, eures Gottes, haltet» (5. Mo 4,2; 11,32). Jesus Christus bestätigt diesen Grundsatz am Ende der Bibel mit den ernsten Worten: «Ich bezeuge jedem … wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihn die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch geschrieben sind; und wenn jemand von den Worten des Buches dieser Weissagung wegnimmt, so wird Gott sein Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und aus der heiligen Stadt, wovon in diesem Buch geschrieben ist» (Off 22,18.19).
    Die christlichen Schriften und biblischen Kommentare früherer Generationen bedeuten eine bleibende Hilfe für uns. Sie sind ein schriftlicher Dienst für die Versammlung. Aber sie sind nicht massgebend. Jede Generation muss die Grundsätze des Wortes Gottes für sich selbst in Anspruch nehmen und anwenden.
  3. Die Bibel erklärt sich selbst. Die Beröer haben dies gut begriffen, denn sie untersuchten täglich die Schriften, um nachzuprüfen, ob das, was der Apostel Paulus lehrte, mit dem übereinstimmte, was geschrieben stand (Apg 17,11). «Keine Weissagung der Schrift ist von eigener Auslegung (oder legt sich selbst aus)» (2. Pet 1,20). Das bedeutet, dass jede Auslegung durch andere Stellen belegt sein muss. «Aus dem Mund zweier oder dreier Zeugen wird jede Sache bestätigt» (2. Kor 13,1).
    Diesen Grundsatz findet man überall im Wort Gottes: in den Schriften des Apostels Paulus und in denen von Mose, sogar in den Worten des Herrn Jesus selbst (5. Mo 19,15; Mt 18,16).
    Daher ist es nicht erlaubt, irgendeinen Teil des Wortes persönlich auszulegen. Dies gilt umso mehr, als dass keine Bibelstelle einen eigenen Gedanken des jeweiligen inspirierten Schreibers andeutet.
    Um die Bibel zu verstehen und ihre einzelnen Teile miteinander zu verbinden, muss jedes Wort entsprechend seiner Grundbedeutung, die es hat, erklärt werden. Wenn man auf die klare, eigentliche Bedeutung verzichtet, verliert man jede Sachlichkeit. Sobald man eine andere als die normale Bedeutung sucht, führt dies zu so vielen Auslegungen wie es Ausleger gibt.

Jedes Kind Gottes, das diese einfachen Grundsätze beim Lesen und Studieren des Wortes Gottes anwendet, wird mit stets grösser werdender Verwunderung und Bewunderung feststellen, dass die Summe des Wortes Gottes wirklich die Wahrheit ist.