Verharren wie die ersten Christen

Apostelgeschichte 1,12-14; Apostelgeschichte 2,14.37-42.46; Apostelgeschichte 6,1-4; Apostelgeschichte 11,19-23; Apostelgeschichte 13,43; Apostelgeschichte 14,19-22

In der Apostelgeschichte gibt es sieben Stellen, wo Gläubige in etwas verharrten oder dazu aufgefordert wurden. Diese wollen wir im Folgenden aufsuchen. Doch zuvor etwas Allgemeines über die Apostelgeschichte.

Sie gehört neben den Evangelien zu den geschichtlichen Büchern des Neuen Testaments. Ihr inspirierter Schreiber ist Lukas, der damit an seinen ersten Bericht, das Lukas-Evangelium, anschliesst. Sie beschreibt die Anfangszeit der Versammlung Gottes auf der Erde, man kann auch sagen, die ersten Jahrzehnte des Christentums. Im ersten Kapitel erkennt man vier Merkmale oder Wesenszüge dieser Zeit der Versammlung:

  1. Der Herr Jesus, der sich für die Versammlung hingegeben hat, ist als verherrlichter Mensch in den Himmel zurückgekehrt (Apg 1,1-3). Er befindet sich in dieser Zeit nicht auf der Erde. Weil unser Herr im Himmel ist, sind wir Fremdlinge hier. Unsere Herzen sind dort, wo Er ist, und dies prägt unser Leben auf der Erde.
  2. Trotzdem sind die Seinen nicht allein gelassen. Der Heilige Geist (die Verheissung des Vaters) wurde auf diese Erde gesandt (Apg 1,4.5, vgl. Joh 14,16-18). Er leitet uns und führt uns in die ganze Wahrheit ein.
  3. Wir erwarten die Wiederkunft des Herrn Jesus (Apg 1,10.11). Diese Hoffnung gibt uns Mut und Kraft, in dieser Zeit auszuharren.
  4. Die Gläubigen haben das Vorrecht, sich zu versammeln (Apg 1,12.13). Beim Zusammenkommen zum Namen des Herrn Jesus hin (Mt 18,20) können wir jetzt schon, in der Zeit der Fremdlingschaft hier auf der Erde, etwas davon geniessen, worüber wir uns einst im Himmel vollkommen freuen werden: die Gegenwart des Herrn Jesus.

Die Apostelgeschichte beschreibt, wie die Gläubigen in der Anfangszeit der Versammlung gelebt und gehandelt haben. Sie ist aber kein Buch, das uns die Lehre über das christliche Leben, das Zusammenkommen usw. darstellt. Diese Wahrheiten finden wir in den Briefen des Neuen Testaments. Die Apostelgeschichte beschreibt die Übergangszeit vom Judentum zum Christentum, und da war noch manches vom Judentum geprägt. Es können Irrtümer entstehen, wenn man diesen Grundsatz nicht beachtet und Begebenheiten aus der Apostelgeschichte als Lehre benutzt.

Ein Beispiel: In Apostelgeschichte 2,44.45 wird beschrieben, wie die Gläubigen alles Materielle gemeinsam hatten und ihre Güter verkauften, um ihre Habe an Bedürftige austeilen zu können. Die Lehre des Neuen Testaments sieht in diesem Punkt aber anders aus: Gott lässt die sozialen Unterschiede in der Regel stehen, und wir sollen uns, ob arm oder reich, in unseren Umständen richtig verhalten (1. Tim 6,6-10.17-19).

Wie es die ersten Christen gemacht hatten, war also oft anders, als Gott es später festgelegt hat. Trotzdem können wir manche praktische Anwendung für uns machen und dabei viel lernen.

Gehen wir nun zu den sieben Stellen des Verharrens. Es ist bemerkenswert, dass die Gläubigen der Anfangszeit in drei von den sieben Stellen ermuntert werden mussten, zu verharren. Vielleicht hätten wir gedacht, dies sei nicht nötig, wenn die Versammlung in ihrer ersten Frische dasteht und alles von Wachstum und Segen gekennzeichnet ist. Und doch war es nötig. Der bald einsetzende Verfall zeigt, dass beim Verharren in den einzelnen Punkten bereits Versagen vorhanden war. Wie viel mehr haben wir heute nötig, in dem zu verharren, was uns der Herr in seiner Gnade geschenkt hat!

a) Im Gebet verharren (Apg 1,12-14)

«Diese alle verharrten einmütig im Gebet». Das Gebet ist in der Zeit der Abwesenheit des Herrn etwas ganz Wichtiges.

Wir dürfen im Namen des Herrn Jesus beten, das heisst als seine Stellvertreter – eben in seinem Namen – (vgl. Joh 16,24). Wir beten so, wie Er beten würde. Solche Gebete haben die Verheissung der unbedingten Erhörung. Es ist ein Vorrecht, gemeinsam, als örtliche Versammlung, zu beten. Aber vor allem sollen wir darin verharren, d.h. nicht aufhören damit.

b) lm Gehörten und Gelernten und auf dem gemeinsamen Weg verharren (Apg 2,14.37-42)

Von der ersten Predigt des Apostels Petrus können wir viel lernen. Jede christliche Predigt sollte zu den Herzen der Zuhörer reden (V. 37). Das Ziel ist, Früchte im praktischen Leben der Zuhörer zu bewirken (V. 38a). Hier kamen 3000 Menschen zum Glauben. Was für eine mächtige Predigt! Diese jungbekehrten Gläubigen verharrten in vier Punkten:

  1. In der Lehre der Apostel. Das sind die Belehrungen, die der Heilige Geist durch die Apostel gegeben hat, und die für uns in den Briefen des Neuen Testaments aufgeschrieben sind. Das sind keine menschlichen Lehren, denen wir zu folgen haben. Nein, wir dürfen in den klaren Belehrungen des Neuen Testaments verharren und wollen sie nicht aufgeben.
  2. In der Gemeinschaft. Wenn wir Punkt eins verwirklichen, entsteht daraus echte, christliche Gemeinschaft. Das ist eine praktische Übereinstimmung untereinander, die auf die Lehre der Apostel gegründet ist. Ein Verharren darin ist von grossem Segen. Diese Gemeinschaft meint mehr als gelegentliches geselliges Beisammensein, es geht um die Verwirklichung biblischer Grundsätze in unserem praktischen, gemeinsamen Leben.
  3. Im Brechen des Brotes. Darin Sonntag für Sonntag zu verharren, ist ein glückliches Vorrecht der Gläubigen. Es ist nicht nur die Erfüllung des Wunsches unseres Herrn, es bringt auch die Wahrheit von Christus und seiner Versammlung als dem einen Leib zum Ausdruck. Es führt uns auch immer wieder ins Selbstgericht und somit zu einem Leben in Abhängigkeit vom Herrn Jesus.
  4. In den Gebeten. Der Wert des Gebets kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wer betet, ist dem Herrn wohlgefällig. Wir drücken dadurch unser eigenes Unvermögen aus. Verharren im Gebet macht uns demütig, denn ohne die Hilfe Dessen, dem wir unsere Gebete sagen, können wir nichts tun.

c) Im Tempel, in Gottes Gegenwart verharren (Apg 2,46)

«Indem sie täglich einmütig im Tempel verharrten und zu Hause das Brot brachen, nahmen sie Speise mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens.» Diesen Vers können wir nicht direkt auf uns anwenden. Die Gläubigen waren, wie bereits erwähnt, noch vom Judentum geprägt, in dem sie gelebt hatten. Sie gingen noch täglich in den jüdischen Tempel. Mit diesen Schwachheiten der Übergangszeit hatte Gott Geduld.

Trotzdem können wir davon etwas lernen. Diese Gläubigen hatten das Bedürfnis, in der Gegenwart Gottes zu sein. Der Tempel war ja in der Zeit des Judentums der Ort, wo Gott wohnte. So sollen auch wir das Bedürfnis haben, und sogar darin verharren, die Gegenwart des Herrn Jesus aufzusuchen. Wo ist sie heute zu finden? Wenn wir als Versammlung zu seinem Namen versammelt sind. Es ist eine Ermunterung für uns, dieses Vorrecht zu schätzen und darin zu verharren, auch wenn Menschen uns Mühe machen.

d) Im Gebet und im Dienst des Wortes verharren (Apg 6,1-4)

Wir sehen hier, dass die Apostel, deren Aufgabe eigentlich der Dienst des Wortes war, bei täglichen praktischen Arbeiten mitgeholfen haben. Aber dies war auf die Dauer nicht gut, denn dadurch wurde das Wort Gottes vernachlässigt. So wurden dann andere Männer für diese Aufgabe bestimmt. Die Apostel konnten nun wieder ihren eigentlichen Dienst ausüben: «Wir aber werden im Gebet und im Dienst des Wortes verharren». Wie wichtig ist doch der Dienst am Wort! Damit er nach den Gedanken Gottes ausgeübt werden kann, geht ihm immer wieder das Gebet voraus. Ohne ein Verharren des Dieners im Gebet ist kein gottgemässes Verharren im Dienst des Wortes möglich.

Wie nötig dieser Dienst ist, merkt man wahrscheinlich erst, wenn man ihn vermissen muss. Obwohl dieses Verharren die Brüder, die am Wort dienen, betrifft, ist es für uns alle wichtig, für sie und ihren Dienst zu beten.

e) Beim Herrn verharren (Apg 11,19-23)

Das Evangelium wurde in Antiochien verkündigt. Der Herr segnete diesen Dienst, sodass eine grosse Zahl glaubte und sich zu Ihm bekehrte. Barnabas besuchte nun diese Gläubigen. «Als er hingekommen war und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren.»

Hier dürfen wir lernen, dass unsere Nachfolge in erster Linie eine Sache des Herzens ist. Das Motiv dazu ist die Liebe zum Herrn Jesus, die uns den Entschluss in unserem Herzen fassen lässt, bei Ihm zu bleiben. Dies dürfen wir ganz persönlich nehmen. Mögen andere sagen oder denken was sie wollen, wir bleiben einfach von ganzem Herzen beim Herrn und bei seinem Wort. Er wird uns dann zu Hilfe kommen und uns führen und leiten, wie Er es in seiner grossen Weisheit und Güte zu tun vermag. Ist dies nicht eine grosse Ermunterung?

f) In der Gnade Gottes verharren (Apg 13,43)

«Als aber die Synagoge aus war folgten viele der Juden und der anbetenden Proselyten dem Paulus und Barnabas, die zu ihnen sprachen und ihnen zuredeten, in der Gnade Gottes zu verharren.» Die Gnade Gottes in der Erlösung erfahren zu dürfen, ist eines der grössten Geschenke Gottes, die ein Mensch bekommen kann. Wir sind aus reiner Gnade, nicht aus Werken oder durch das Gesetz erlöst. Nun sollen wir aber auch in dieser Gnade verharren. Das heisst nicht, dass die Gefahr bestehen würde, verloren zu gehen. Nein, hier ist etwas anderes gemeint. Wer nicht in der Gnade Gottes verharrt, steht in Gefahr, eine harte, über das Wort hinaus gehende Haltung gegenüber anderen einzunehmen.

Wir dürfen unser Leben immer in der Gesinnung der selbst erfahrenen Gnade führen. Dies wird uns helfen, die Wahrheit in Liebe festzuhalten. Dann werden wir mit Entschiedenheit am Wort festhalten, ohne dabei gesetzlich zu werden. Gesetzlichkeit kann sich zunächst in einem frommen Gewand zeigen, führt aber zu unbiblischer Härte und zu Hochmut. Darum wollen wir praktisch in der Gnade Gottes verharren.

g) Im Glauben verharren (Apg 14,19-22)

Wenn wir das Vorbild des Apostels Paulus betrachten, verstehen wir, was mit diesem Verharren gemeint ist: Er hatte in Lystra das Evangelium verkündigt. Darauf steinigten sie ihn und schleiften ihn zur Stadt hinaus und liessen ihn dort liegen, in der Meinung, er sei tot. Er stand aber wieder auf, ging in die Stadt hinein und begab sich anschliessend nach Derbe, wo er das Evangelium verkündigte und viele zu Jüngern machte. Dann kehrte er nach Lystra zurück, um die Seelen der Jünger zu befestigen.

Obwohl er in grosse Trübsale und Schwierigkeiten kam, ging er seinen Glaubensweg weiter. Das heisst im Glauben verharren. Auch wir wollen ausharren, wenn uns auf unserem Glaubensweg Schwierigkeiten und Trübsale begegnen. Wir wollen nicht nur innerlich, sondern auch äusserlich an unserem Glauben und dem damit verbundenen Dienst festhalten. Dann dürfen wir für andere ein Segen sein.