1. Einleitung
Die Jünger des Herrn Jesus befanden sich mit ihrem Meister auf dem Obersaal bei der Passahfeier. Soeben hatten sie aus dem Mund ihres Herrn drei niederschmetternde Mitteilungen erfahren. Sie standen noch ganz unter dem Eindruck des Gehörten.
Judas, ein Jünger, den sie drei Jahre lang in der Nachfolge erlebt, mit dem sie so vieles gemeinsam erfahren und geteilt hatten, wurde als gefühlloser Verräter entlarvt. Alle vermeintliche Menschenkenntnis war mit einem Mal dahin. Vor allem aber hatten die Jünger mitbekommen, wie ihr Meister darunter litt. «Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist erschüttert» (Joh 13,21).
Dann hatte der Herr Jesus ihnen eröffnet, dass Er sie verlassen würde. Vor ihnen lag damit eine Zeit, in der ihnen ihr Meister genommen sein würde. Drei Jahre lang hatten sie alles mit Ihm geteilt, hatten Ihm alle Nöte und Sorgen anvertrauen können, hatten seine Macht erfahren und seine Wunder erlebt. Sollte das alles ein Ende haben?
Zudem hatte der Herr Jesus ihnen nicht verschweigen können, dass Petrus Ihn innerhalb der nächsten zwölf Stunden dreimal verleugnen würde. Ausgerechnet Petrus, der dem Meister seine Liebe so deutlich versichert hatte!
Wir können gut verstehen, dass die Jünger niedergedrückt waren. Damit hatten sie nicht gerechnet. Schockiert und tieftraurig über diese Mitteilungen, waren ihre Herzen empfänglich für die in Johannes 14 enthaltenen Tröstungen. Was waren das für trostreiche Mitteilungen, die der Herr Jesus für sie hatte?
- Er würde ihnen ein Zuhause im Himmel bereiten
- Gott, der Heilige Geist, würde auf diese Erde kommen
In diesem Zusammenhang finden wir die einzigartigen Hinweise des Herrn Jesus auf das Haus des Vaters, das für ewig unsere Heimat, unser Zuhause, sein wird.
2. Merkmale des Vaterhauses
Sein ewiger Bestand
So wie Gott, der Vater, und Gott, der Sohn, ewig sind, ist auch das Vaterhaus ewiger Natur. Daraus folgt, dass es unmöglich zu dieser Schöpfung gehören kann, die durch die Sünde verunreinigt ist. Dieser ewige Wohnort des Vaters und des Sohnes ist auch unsere ewige Heimat.
Viele Wohnungen
Wenn wir bedenken, dass der Herr Jesus auf den Tempel anspielt, wird uns auch klar, dass Er nicht abgeschlossene Wohnungen meint, wie wir sie heute kennen. Im Tempel, den der Herr Jesus übrigens auch «das Haus seines Vaters» nennt (Joh 2,16), gab es die um den eigentlichen Wohnort Gottes herum gelegenen Zellen, in denen die Leviten und Priester wohnten. Hier wurden gemäss Nehemia 13,9 auch die Geräte und die Materialien für den Opferdienst verwahrt. Während die Zahl dieser Zellen bekannt und begrenzt war, stellt der Herr Jesus seinen Jüngern jetzt vor, dass es im Haus des Vaters viele Wohnungen gibt. Dort hat es Platz genug – für jeden Gläubigen! Wenn Millionen von Erlösten der Gnadenzeit dort sein werden, sind ausreichend Wohnungen vorhanden und für sie bereitet.
Bleiben auf ewig
Dem in unserer Übersetzung enthaltenen Wort «Wohnungen» liegt im Griechischen ein Wort zugrunde, das vom Verb «bleiben» abgeleitet ist. Wir dürfen den Ausdruck «Wohnungen» daher nicht buchstäblich mit unserem Verständnis von einer Wohnung in Verbindung bringen. Vielmehr liegt die Betonung darauf, dass wir ewig dort bleiben werden. Nie mehr wird es eine Störung oder einen Anlass geben, der uns aus dieser Glückseligkeit vertreiben wird. Hier werden wir endgültig und für immer zur Ruhe gekommen sein,
3. Die Atmosphäre im Vaterhaus
Geprägt durch den Vater und den Sohn
Die Atmosphäre wird von den dort weilenden Personen bestimmt. Es ist nicht das Gold wie im himmlischen Jerusalem oder die Herrlichkeit des Ortes an sich, sondern einzig und allein der Vater und der Sohn, die den Charakter des Vaterhauses ausmachen. Und wir dürfen dort sein, dürfen das in Ewigkeit erleben und geniessen!
Geprägt durch göttliche Wesenszüge
Aus 1. Johannes 1,5 wissen wir, «dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist». Und weiter heisst es in 1. Johannes 4,8.16 zweimal, dass Gott Liebe ist. Diese beiden Wesenszüge finden sich in der Bibel vom ersten bis zum letzten Blatt. Daraus fliessen natürlich andere Merkmale wie Heiligkeit, Gerechtigkeit einerseits sowie Gnade, Güte und Barmherzigkeit anderseits hervor. Daher können wir mit Recht annehmen, dass im Haus des Vaters alles vom göttlichen Licht durchdrungen und von der ewigen Liebe zwischen Vater und Sohn geprägt ist.
Gott ist Licht
Für den ungläubigen Menschen ist das göttliche Licht unerträglich. In der Person des Herrn Jesus hat das Licht in der Finsternis geschienen, «und die Finsternis hat es nicht erfasst» (Joh 1,5). Und auch die alte Natur, das Fleisch, das wir als Gläubige noch haben, hasst das göttliche Licht, «das alles offenbar macht» (Eph 5,13). Doch das wird in der Ewigkeit völlig anders sein. Als Gläubige, die mit einem Herrlichkeitsleib bekleidet und von der alten Natur befreit sind, werden wir in völliger Übereinstimmung mit unserem Herrn sein. Insofern wird uns das göttliche Licht nicht nur nicht stören oder unangenehm sein; vielmehr werden wir dieses Licht deshalb geniessen, weil es unsere vollkommene Stellung in Ihm, unserem Herrn, deutlich macht. Dann wird es keine Unstimmigkeit mehr zwischen Stellung und Praxis geben. Dann wird alles vollkommen sein.
Gott ist Liebe
Die Ewigkeit im Vaterhaus wird aber nicht nur durch vollkommenes Licht gekennzeichnet sein. Dazu kommt – in völliger Harmonie mit dem Licht – die göttliche Liebe, die dort alles prägen wird. In Kolosser 1,13 lesen wir, dass wir «versetzt sind in das Reich des Sohnes seiner Liebe». Wenn es auch dort nicht in direktem Sinn um das Vaterhaus geht, so dürfen wir uns doch auf diese Atmosphäre im Vaterhaus freuen. Der Genuss dieser Liebe, die Vater und Sohn von Ewigkeit her verband, wird uns unvorstellbar glücklich machen. Und wir werden dies ohne jede Einschränkung geniessen können – so ganz anders als jetzt, wo die in uns wohnende Sünde so vieles verdirbt, was unser Gott uns heute schon geniessen lassen möchte.
Und noch eines: Im Vaterhaus wird göttliche Liebe tätig sein; Liebe, die unabhängig ist von der Reaktion dessen, dem sie sich zuwendet; Liebe, deren Quelle Gott selbst ist. Ist es nicht überwältigend, dass unser Gott so etwas Herrliches für uns bereitet hat?
- Ich will anstatt an mich zu denken
ins Meer der Liebe mich versenken.
Vollkommene Gemeinschaft
Schon heute sind wir berufen, mit göttlichen Personen Gemeinschaft zu haben. So lesen wir in 1. Johannes 1,3: «Und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn, Jesus Christus.» Wie oft haben wir solche Augenblicke erfahren, wo der Genuss der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn uns tief glücklich gemacht hat. Aber wie oft haben wir leider auch erlebt, dass diese Momente nicht von bleibender Dauer waren, weil irgend etwas den Genuss dieser Gemeinschaft störte. Doch das wird es im Himmel nie mehr geben. Ein Dichter hat das wie folgt ausgedrückt:
- Was wird's sein, was wird's sein,
führest Du mich droben ein,
wo nicht Sünd und Welt mehr störet,
nie ein Seufzer wird gehöret –
ewig werd ich bei Dir sein!
4. Das Vaterhaus – unser ewiges Zuhause
Die Familie Gottes
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Menschen sich im Vaterhaus befinden werden. Da denken wir in erster Linie natürlich an den Herrn Jesus, den verherrlichten Menschen. Sodann kommen ohne Zweifel die Gläubigen, die in der Zeit seit dem Herniederkommen des Heiligen Geistes bis zur Entrückung auf der Erde gelebt haben, hinzu. An diese Gruppe richtet der Herr seine Mitteilungen über das Vaterhaus.
Was aber ist mit all den Gläubigen des Alten Testaments, was mit den Menschen, die sich in der Zeit der grossen Drangsal bekehren werden? Sie werden nicht im Vaterhaus sein. Dafür sprechen drei Gründe:
- Die einzigen Mitteilungen über das Vaterhaus finden sich in Johannes 14,2.3. Es liegt daher nahe, den Schluss zu ziehen, dass der Herr Jesus sich nur an die Gläubigen seiner Zeit – bzw. bis zur Entrückung – gewandt hat; an solche, denen Er Gott als Vater offenbart hat. Nur die Gläubigen der Gnadenzeit kennen Gott als ihren himmlischen Vater.
- Im menschlichen Leben ist es normal, dass die Braut des Sohnes zum engsten Kreis der Familie gehört. Daraus kann man folgern, dass eben nur Gläubige, die zur Versammlung Gottes, der Braut des Lammes, gehören, in das Vaterhaus eingehen werden.
- Im ewigen Zustand werden erlöste Menschen auf der neuen Erde wohnen. Sie werden die irdischen Segnungen geniessen, die zum grossen Teil schon Gegenstand der Verheissungen des Alten Testaments waren.
Ist es dann nicht ein ganz besonderes Vorrecht, dass du und ich, sterbliche Menschen, die nichts anderes als Gericht und Verdammnis verdient hatten, zu denen gehören dürfen, die in Ewigkeit im Haus des Vaters wohnen werden? Lasst uns Ihm, unserem Herrn, und dem Vater von Herzen dafür danken, dass uns eine derart wunderbare Zukunft verheissen ist!
Der Herr Jesus als erster Mensch im Vaterhaus
Wie können nun Geschöpfe wie wir im Vaterhaus leben? Dies ist nur möglich, weil der Herr Jesus diesen Ort gemäss seinen eigenen Worten für uns bereitet hat. Durch sein Werk am Kreuz hat Er uns für das Vaterhaus zubereitet. Und durch sein Eingehen als verherrlichter Mensch in das Vaterhaus hat Er diesen Ort für uns zubereitet. Welch eine Gnade, dass ehemalige Sünder einmal im Himmel zu Hause sein werden!
5. Praktische Anwendungen für unser Leben
Das Halten seiner Gebote
Es ist sicher nicht von ungefähr, dass der Herr Jesus seine Belehrungen über das Vaterhaus mit dem Gedanken verbindet, dass der Vater und der Sohn bei jenem «Wohnung machen» werden, der seine Liebe zum Herrn Jesus damit unter Beweis stellt, dass er seine Gebote und sein Wort hält. So lesen wir in Johannes 14,23: «Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.» Wenn wir unsere Liebe zum Herrn Jesus dadurch dokumentieren, dass wir sein Wort halten, werden uns zwei wunderbare Dinge verheissen:
- Der Vater wird uns lieben
- Vater und Sohn werden Wohnung bei uns machen
Das ist die herrliche, göttliche Antwort auf unsere Bereitschaft, die Gebote unseres Herrn im praktischen Verhalten Tag für Tag auszuleben.
Persönliches Evangelisieren
Wenn wir uns nun ein wenig mit unserer herrlichen Zukunft im Vaterhaus beschäftigt haben, stellt sich die Frage, inwiefern wir die Menschen um uns her mit dieser herrlichen Botschaft für den Herrn gewinnen können. Sicher haben wir eine Verpflichtung, die ungläubigen Menschen vor dem furchtbaren Gericht zu warnen. Aber ein weiteres wesentliches Element der christlichen Botschaft ist es, die Menschen mit den wunderbaren Segnungen des Herrn bekannt zu machen. Von daher müssen wir uns fragen, ob es uns ein echtes Anliegen ist, Menschen für den Himmel – und damit für das Vaterhaus – zu gewinnen.
6. Zusammenfassung
Fassen wir die wesentlichen Punkte noch einmal zusammen:
- Das Vaterhaus ist unser ewiger Bestimmungsort.
- Es ist geprägt durch die Wesenszüge Gottes – Licht und Liebe.
- Ungetrübte Gemeinschaft mit göttlichen Personen ist uns sicher – «glücklicher geht's nicht!»
- Das Bewusstsein einer so herrlichen Zukunft sollte in unserem praktischen Leben Konsequenzen haben.