«Es war eine Prophetin Anna … Sie trat zu derselben Stunde herzu, lobte den Herrn und redete von ihm zu allen, die auf Erlösung warteten in Jerusalem» (Lk 2,36-38).
Als Anna eines Tages bei ihrem stillen Dienst für Gott in den Tempel eintrat, traf sie auf eine wunderbare Szene. Maria und Joseph hatten das heilige Kind Jesus in den Tempel gebracht, um Ihn dem Herrn darzustellen. Simeon, ein betagter Gläubiger, der durch den Geist Gottes die Verheissung empfangen hatte, dass er nicht sterben würde, bevor er den Christus des Herrn gesehen habe, kam durch den Geist genau im richtigen Zeitpunkt in den Tempel, um der kleinen Familie zu begegnen. Er durfte das Kindlein Jesus in seine Arme nehmen und brachte seine Dankbarkeit in einem inhaltsreichen Ausspruch, der uns in Lukas 2 aufbewahrt ist, zum Ausdruck. Zur Zeit dieser bemerkenswerten Begegnung trat auch Anna herzu. Es wird nicht ausdrücklich gesagt. dass sie durch den Geist dahin geführt wurde, doch wer könnte bezweifeln, dass dies der Fall war? Sie war Zeugin der lieblichen Szene und hörte den Ausspruch des alten Mannes. Von diesem Augenblick an war der Herr Jesus Christus ihr Gesprächsthema.
1) Sie redete von Christus, nicht von ihren Leiden
Anna war eine sehr alte Frau. Aus dem Wortlaut des Verses 37 geht nicht eindeutig hervor, ob sie 84 Jahre alt oder 84 Jahre lang Witwe gewesen war. Im zweiten Fall wäre sie über hundert Jahre alt gewesen. Wenn Leute älter werden, nehmen in den meisten Fällen die Beschwerden und körperlichen Behinderungen zu. Zweifellos bildete Anna dabei keine Ausnahme. Nun neigen ältere Menschen dazu, viel von ihren Krankheiten und Schwierigkeiten zu reden. Diese Altersbeschwerden sind oft zu schmerzhaft und zu hartnäckig, als dass sie ignoriert werden könnten. Vielleicht kannte Anna vieles davon, worüber sie hätte reden können. Aber sie blieb nicht bei ihren Leiden stehen, sie redete von Ihm.
2) Sie redete von Christus, nicht von ihren Sorgen
Anna war eine Witwe. Sie war nur kurze Zeit verheiratet gewesen. Schon nach sieben gemeinsamen Jahren mit ihrem Mann war er gestorben und hatte sie allein zurückgelassen. In jener Zeit war das Los einer Witwe ein sehr schweres, wie es heute noch in vielen Teilen der Welt der Fall ist. Wir können uns gut vorstellen, dass sie in den langen Jahren ihrer Witwenschaft manchen Existenzkampf erlebt hat. Sie hätte wahrscheinlich manche Geschichten über durchlebte Härtezeiten, gemeisterte Probleme und ertragenen Kummer erzählen können. Sicher hätte sie auch von erlebten Triumphen, neuem Mut und geduldigem Ausharren berichten können. Sie sprach jedoch nicht von ihrer Mühsal. Sie lenkte die Aufmerksamkeit auch nicht auf ihren Mut, mit dem sie auf ihrem langen, beschwerlichen Lebensweg manches Hindernis überwunden hatte. Sie redete von Ihm.
3) Sie redete von Christus, nicht von ihrem Dienst
Anna war eine gottesfürchtige Frau, die dem Herrn mit Hingabe in seinem Haus diente. Sie hatte in ihrem Leben keine anderen Interessen als den Dienst für Gott. «Die nicht vom Tempel wich, indem sie Nacht und Tag mit Fasten und Flehen diente.» So war der Dienst für Gott ihre unaufhörliche Verpflichtung, in der Nacht und während des Tages, und ihr vorgerücktes Alter hielt sie nicht davon ab, diesen Dienst als eine vollzeitliche Beschäftigung auszuführen. Bestimmt hätte sie über ihre Arbeit für Gott viel zu sagen gehabt. Aber es ist nicht Anna, die unsere Aufmerksamkeit auf diese wertvolle, selbstlose Tätigkeit lenkt, sondern der Heilige Geist, der dafür sorgte, dass diese kurze Notiz ihres Lebens und Dienstes für die Nachwelt aufbewahrt worden ist. Anna selbst sprach nicht von ihrem Dienst, sie redete von Ihm.
Was für ein nützlicher und glücklicher Weg, um die letzten Jahre oder Monate ihres Lebens auszufüllen! Annas Herkunft war aus dem Stamm Aser. Von ihm heisst es im Segen Moses über die Stämme: «Er tauche in Öl seinen Fuss» (5. Mo 33,24). Der Wandel dieser treuen Frau aus dem Stamm Aser war eine kostbare Erfüllung dieser Segnung. Wo immer sie ihren Fuss hinsetzte, liess sie einen geistlichen Abdruck zurück, einen Eindruck von Christus.
Manche, die dies lesen, mögen wie der Autor selbst mit zunehmendem Alter erfahren, wie in ihrem Leben auf manchem Gebiet ein Rückgang eintritt. Wenn wir immer weniger in der Lage sind, das zu tun, was wir einst problemlos bewältigten, dann zeigt sich hier ein Dienst, in dem wir weiterhin beschäftigt sein können. Wir können von Ihm reden. Wir dürfen von Ihm zum Vater reden, der nie müde wird, das Lob über seinen Sohn zu hören. Wir singen in einem Lied:
- Gott, welchen Weihrauch nimmst Du an?
o, lass uns Dir von Jesu singen,
Er allein Dich erfreuen kann!
Wir können Ihm den Dank unserer Herzen für eine solche Gabe bringen. Die ersten Worte Annas, nachdem sie das heilige Kind gesehen hatte, waren an den Herrn gerichtet, den sie lobte. – Wir können von Ihm zu den Gläubigen reden. Wie schnell dreht sich unser Gespräch in der Hauptsache um anderes. Anna redete von Ihm zu allen, die in Jerusalem auf Erlösung warteten. Denen, die Ihn erwarten, wird es immer willkommen sein, wenn wir von Ihm reden. – Wir können aber auch zu denen, die Ihn nicht kennen, von Ihm reden und ihnen davon erzählen, was wir in Ihm gefunden haben und was Er auch für sie sein will, wenn sie sich Ihm anvertrauen. Anna redete nicht von ihren Leiden noch von ihren Sorgen noch von ihrem Dienst, sondern von ihrem Heiland; sie redete von Ihm.
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Mein Alles, was ich liebe,
und das, wofür ich lebe,
sei mein Herr Jesus Christ,
weil ich in ihm besitze,
was einer Seele nütze,
was einem Menschen wertvoll ist.