Anbetung und Rat (Vers 7)
Der 7. Vers spricht von Anbetung und Rat. «Den HERRN werde ich preisen, der mich beraten hat; sogar bei Nacht unterweisen mich meine Nieren.» So redet der wahre Priester, der sein Teil in dem HERRN findet und Ihn preist.
In Matthäus 11, als alles finster schien um Ihn herum, hören wir den Herrn sagen: «Ich preise dich, Vater» (Mt 11,25). Und auch in Johannes 11,41 ruft Er aus: «Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich aber wusste, dass du mich allezeit erhörst.» Seine Quelle, sein Teil war in dem HERRN. Und in Jesaja 50,4-5 hören wir Ihn sagen: «Der Herr, HERR, hat mir eine Zunge der Belehrten gegeben, damit ich wisse, den Müden durch ein Wort aufzurichten. Er weckt jeden Morgen, er weckt mir das Ohr, damit ich höre wie solche, die belehrt werden. Der Herr, HERR, hat mir das Ohr geöffnet, und ich bin nicht widerspenstig gewesen, bin nicht zurückgewichen.»
Wenn der Herr meinem Herzen allezeit nahe ist, so wird dieser Geist der Anbetung darin aufrechterhalten, und Er ist dann auch mein Ratgeber, wie es in Ps 73,24 heisst: «Durch deinen Rat wirst du mich leiten.» In 2. Mose 33,13 bittet Mose: «Lass mich doch deinen Weg wissen.» Warum sagt er nicht, lass mich einen Weg erkennen? Weil das Mose nicht genügte. Ein Weg, dachte er, könnte mein Weg sein.
«Gott – sein Weg ist vollkommen», ruft der Gläubige in Psalm 18,31 aus und fügt im 33. Vers hinzu: «Er macht meinen Weg vollkommen.»
In Psalm 32,8 sagt Gott: «Ich will dich unterweisen und dich den Weg lehren, den du wandeln sollst; mein Auge auf dich richtend, will ich dir raten.» Mit andern Worten will das sagen: Ich habe dir einen Weg vorgezeichnet, der durch den traurigen Schauplatz dieser Welt, durch die Umstände der Wüste hindurchführt, wo der Eigenwille wirken will und du gewiss in der Irre gingest, wenn du nicht in meiner Abhängigkeit wandeltest. Gott will unser Berater sein.
«Bei Nacht unterweisen mich meine Nieren.» Was will das wohl sagen? Ich glaube, es gibt eine Empfindung dafür, was geziemend ist vor dem Herrn, einen Instinkt des göttlichen Lebens im Christen. Gott handelt durch seinen Geist und gibt dem Gläubigen auf seinem Weg die Empfindung für das, was gottgemäss ist. «Der geistliche Mensch beurteilt alles.»
Hingabe und Vertrauen (Vers 8)
Der 8. Vers zeigt uns die Hingabe des «Frommen». «Ich habe den HERRN stets vor mich gestellt; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken.»
Wir haben den «Frommen» soeben als Anbeter gesehen, der auch Rat empfängt auf dem Weg, und jetzt finden wir zwei weitere Dinge bei Ihm: Hingabe und Vertrauen.
Wenn wir unsere eigene Geschichte schrieben, was müssten wir dann sagen? Ich habe Gott manchmal vor mich gestellt, vielleicht nur selten. Manchmal haben wir jemand anders vor uns gestellt, aber am meisten uns selber.
Er aber sagt: «Ich habe den HERRN stets vor mich gestellt.» Er hat nichts vor seinem Geist als nur den HERRN. Das war Hingabe. «Siehe, ich komme … um deinen Willen, o Gott, zu tun» (Heb 10,7). «Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe» (Joh 4,34).
Und ferner hat Er auch Vertrauen. «Weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken.» Es ist für Gott eine Wonne, sich auf die Seite dessen zu stellen, der ganz einfach auf Ihn vertraut. Gott sagt: Wenn ihr mich immer vor euch habt, werde ich ganz nahe bei euch sein. Ich werde mich euch zur Seite stellen: Ich werde mich so nahe wie möglich zu euch halten. Warum stellt sich der Herr zu unserer Rechten hin? Damit wir unsere Hand in die seine legen können und so von Ihm aufrecht gehalten werden. «Deine Rechte stützte mich» (Ps 18,36) und «du hast mich erfasst bei meiner rechten Hand» (Ps 73,23). Welches sichere Resultat ergibt sich daraus? Was wird Gott gegenüber dem abhängigen, vollkommenen Menschen, der da sagt: «Ich habe den HERRN stets vor mich gestellt», anderes tun, als zu ihm sagen:
«Setze dich zu meiner Rechten»! Und so lesen wir von Ihm: «Nachdem er durch sich selbst die Reinigung von den Sünden bewirkt, sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe.» «Zu welchem der Engel hat er je gesagt: Setze dich zu meiner Rechten?» (Heb 1,3.13). «Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln» (Heb 8,1). «Er aber, nachdem er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht hat, hat sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes» (Heb 10,12). «Der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes» (Heb 12,2).
So führte der Pfad des Menschen Jesus Christus, der auf der Erde stets den HERRN vor sich gestellt und Ihn zu seiner Rechten hatte, in die Herrlichkeit, zur Rechten der Majestät in den Himmeln. Das also ist der Grund für die so bemerkenswerte Verbindung des 110. Psalms mit dem 16. Psalm in der Rede von Petrus (Apg 2).
Freude (Vers 9)
Nun kommen wir zum 9. Vers, der uns die Freude des «Frommen» zeigt, beim Anblick dessen, was Ihm bevorsteht. «Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Seele. Auch mein Fleisch wird in Sicherheit ruhen.» «Der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes» (Heb 12,2).
Gewissheit (Vers 10)
Im 10. Vers haben wir die Gewissheit in der Gegenwart des Todes: «Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht überlassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe.» Er, der sich auf der Erde in so vollkommener Weise als der «Fromme» ausgewiesen hat, kann sogar mit völliger Gewissheit in den Tod gehen, und auch der Gläubige nach Ihm.
Er, Christus, kannte die Verwesung nicht. 1. Korinther 15,53 zeigt uns die Seite des Gläubigen: «Dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen.»
Er war so heilig, dass, als Er nach einem Pfad der Gnade und des Gehorsams durch den Tod gehen musste, es nicht anders sein konnte, als dass Gott Ihn auferweckte, um Ihn zu sich in die Herrlichkeit zu erheben.
Zum Abschluss finden wir im letzten Vers
Die Vereinigung mit Gott in der Herrlichkeit (Vers 11)
«Du wirst mir kundtun den Weg des Lebens; Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar.»
Gott selbst, die Vereinigung mit Ihm ist die Fülle seiner Freude. Er hatte den HERRN als sein Teil auf der Erde; und, einst zu seiner Rechten, wird Er ewig die Vereinigung mit Ihm geniessen.
Dieser Psalm zeigt uns also das göttliche Leben in der Laufbahn eines Menschen hier auf der Erde. Zuerst finden wir Abhängigkeit, dann Unterwürfigkeit, Gemeinschaft, Treue, Gott als das Teil der Seele, Befriedigung, Anbetung und Rat, Hingabe und Vertrauen, Freude, Gewissheit angesichts des Todes, und schliesslich die Vereinigung mit Gott in der Herrlichkeit.
Der Herr bewahre uns und gebe uns Gnade, mehr und mehr in den Fussspuren unseres geliebten Meisters voranzugehen, aus Liebe zu Ihm und zur Verherrlichung seines Namens.