Zärtliche Fürsorge

Matthäus 10,30

«An euch sind selbst die Haare des Hauptes alle gezählt» (Mt 10,30).

Welch unerhörtes Wort! Was? Gott kümmert sich um alles, was uns betrifft; Er zählt sogar unsere Haare! Nichts geschieht zufällig oder ungewollt. Nichts entgeht seinem Blick. Das Blatt, das im Wald zu Boden fällt, der Flug der Eintagsfliege, die Engel, die den Himmel durchlaufen, die Planeten, die im Weltall kreisen: Auch das alles lenkt Gott. Der Mensch nennt die Dinge der Erde «gross» oder «klein», entsprechend seiner beschränkten Fähigkeit der Einschätzung. Aber Gott kennt keine solchen Unterschiede.

Und wie tröstlich ist es vor allem, an seine zärtliche Fürsorge für die Seinen zu denken, denen Er selbst ihr Teil an Freuden und Leiden zumisst! Angenehmes oder Bitteres, alles wird uns von unserem Vater zugeteilt. Keine einzige «Nacht der Mühsal», die Er mir nicht «zugezählt» hätte (Hiob 7,3), kein Schmerz und keine Träne, die Er nicht kennen würde.

Was wir dunkle Wege nennen, sind nur die Beweise seiner unwandelbaren Treue. Der Mensch kann sich irren; seine Wege sind oft krumm, aber «die Wege des HERRN sind gerade» (Hos 14,10). «Gott – sein Weg ist vollkommen» (2. Sam 22,31). Er legt meine Tränen in seinen Schlauch; seine barmherzigen Arme breiten sich aus und umfassen mich; Er behütet mich «wie seinen Augapfel» (5. Mo 32,10); Er trägt mich, «wie ein Mann seinen Sohn trägt» (5. Mo 1,31).

Wenn ich an meine Zukunft denke, sehe ich vielleicht nur Unsicherheit, Rätsel und Prüfungen. Was tut's? Ich habe mein Vertrauen auf Gott gesetzt. Ich weiss, dass alles, was mir geschieht, von Ihm gewollt ist. Er kann mich aus den Gefahren befreien, die mir drohen. Das Labyrinth der Schwierigkeiten, in dem ich mich verirre, wird mir eines Tages verständlich werden, dank seiner Gnade und seiner barmherzigen Vorsehung: «Die Füsse seiner Frommen bewahrt er» (1. Sam 2,9). Ohne seinen Willen wird nicht ein Haar von ihrem Haupt fallen. Einmal führt Er uns verborgene Wege, dann schmerzliche Wege, meistens abgelegene Wege, die wir nicht selbst gewählt hätten; aber Er führt uns immer mit Weisheit und Mitgefühl. Mag die Strecke noch so ermüdend, mühsam und rau sein, wir dürfen versichert sein, dass sie richtig ist, – ja, noch viel mehr, dass es der einzig richtige Weg ist, der einzige, der mit einem vollkommenen Willen der Liebe und Weisheit in Einklang ist. Inmitten der Wechselfälle des Lebens und des Lärms dieser Erde gibt es nichts, das die Seele mehr befestigt, als einen Blick hinauf und einen Blick darüber hinaus zu werfen:

  • hinauf, d.h. zur sicheren und väterlichen Hand, die alles lenkt
  • darüber hinaus, d.h. auf das herrliche Ziel, zu dem diese Hand uns führt

Der grosse Berater hüllt sich in Wolken und Dunkelheit und fordert uns auf, Ihm auf den leisesten Wink durch diese Wolken zu folgen, indem Er uns auf der anderen Seite des Horizonts eine ewige Sonne ohne eines Wechsels Schatten verspricht.

Ja, Herr Jesus, «auf der anderen Seite» werden wir verstehen, wie die Winde des Lebens, so rau sie auch scheinen, unser Schifflein in den ersehnten Hafen gesteuert haben. Ich kann daher meine Seele voll Vertrauen dir, meinem Schöpfer, übergeben. Du hast dich selbst für mich hingegeben! Dieser grenzenlose Beweis deiner Liebe gibt mir die Gewähr, dass du mir alles, was ich weiter nötig haben könnte, geben wirst. Welch wunderbarer Gedanke! Meine Prüfungen sind von dem gezählt, der sich «der Mann der Schmerzen» nennt. Mein Weinen ist dem bekannt, der meinetwegen Tränen vergoss und dessen Blut für mich geflossen ist. Er wird mir keine unnötige Last auferlegen, Er wird kein überflüssiges Opfer von mir fordern. Nein, so wie es im Kelch seiner eigenen Leiden keinen Tropfen zu viel hatte, so wird es im Kelch eines jeden der Seinen keinen Tropfen zu viel haben:

  • «Siehe, tötet er mich – ich werde auf ihn warten» (Hiob 13,15).
  • «Denn er hat gesagt: ‹Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen›» (Heb 13,5).
  • «Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt wurde» (Ps 119,71).