«Aber Ruth sprach: Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, um hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben, und dort will ich begraben werden. So soll mir der HERR tun und so hinzufügen, nur der Tod soll scheiden zwischen mir und dir!» (Ruth 1,16.17).
Wie herzerfrischend ist doch die Entschiedenheit, die Ruth an den Tag legte, als Noomi, ihre Schwiegermutter, sie zur Rückkehr in ihr Land bewegen wollte. Sie traf ihre Wahl in einem Zeitpunkt, da sie nichts anderes vor sich hatte als eine alte, niedergebeugte Frau. Sie verband sich – wie jemand gesagt hat – mit Noomi in ihrer Witwenschaft, ihrer Fremdlingschaft und in ihrer Armut.
Für den vernünftigen Weltmenschen sieht die Wahl Ruths sehr töricht aus. War es nicht der grösste Unsinn, die Sorglosigkeit Moabs, die häuslichen Bequemlichkeiten und das Land ihrer Geburt zu verlassen und auf eine Reise durch die Wüste zu gehen, von der sie nichts wusste, in ein Land, das sie noch nie gesehen hatte, und dies in Gesellschaft einer verarmten Witwe? Aber das ist nur der Anfang der Geschichte. Das Ende stand noch aus. Es war noch nicht offenbar geworden, was sie sein würde. Der Glaube mag seinen ersten Schritt in armseligen und schwachen Verhältnissen machen. Aber am Ende wird der Glaube gerechtfertigt. Er wird seine Belohnung, die alles Vergangene überstrahlt, in Macht und Herrlichkeit empfangen. Am Anfang der Geschichte macht sich Ruth von ganzem Herzen eins mit einer alten, verlassenen Witwe. Am Ende wird sie als die Braut des mächtigen und vermögenden Boas vorgestellt. Und darüber hinaus wird ihr Name, im Geschlechtsverzeichnis des Herrn verwahrt, durch alle Geschlechter hindurch überliefert.
Mose besass in seinen Tagen jeden Vorteil, den die Natur erweisen kann. Alle Herrlichkeit dieser Welt lag in seiner Reichweite. Und gerade er wurde zu einem leuchtenden Beispiel des Glaubens. Er kehrte den Vergnügungen der Sünde und den Reichtümern Ägyptens den Rücken, indem er die Schmach des Christus für grösseren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens. Er verliess die Welt und ihre Herrlichkeit, um in Gemeinschaft mit einem armen, leidenden Volk durch die Wüste zu ziehen. Welch eine unverzeihliche Torheit in den Augen der Welt! Damals mochte der Glaube in Wahrheit sagen: «Es ist noch nicht offenbar, was er sein wird.» Der Glaube musste 16 Jahrhunderte warten, bevor es sich anfing zu zeigen, was er sein würde. Nach dieser Zeit sehen wir Mose, wie er auf dem Berg der Verklärung erscheint und sich mit dem Sohn des Menschen unterhält. Das war zwar eine vergängliche Vision, aber von einer Herrlichkeit, die nie vergehen wird. Und wenn Mose schliesslich mit dem König der Könige in die Herrlichkeit des kommenden Reiches eintreten wird, kommt es ans Licht, dass die Herrlichkeiten dieser Welt, die er abgelehnt hatte, klein gewesen sind im Vergleich zu dem ewigen Gewicht der Herrlichkeit, die er erlangte.
In unseren Tagen ist es nicht anders. Der Pfad des Glaubens mag in den Augen der Welt die grösste Dummheit sein. Für die menschliche Vernunft und aus natürlicher Sicht mag es als völlig unvernünftig erscheinen, die Herrlichkeit der Welt abzulehnen und sich dafür mit dem armen und verachteten Volk Gottes eins zu machen und dem Herrn Jesus nachzufolgen, ausserhalb des Lagers, seine Schmach tragend. Aber: «Es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden» (1. Joh 3,2). Und der Glaube urteilt: «Das schnell vorübergehende Leichte unserer Trübsal bewirkt uns ein über jedes Mass hinausgehendes, ewiges Gewicht von Herrlichkeit» (2. Kor 4,17). Er wird seinen strahlenden Lohn empfangen. Wenn schliesslich der Tag der Herrlichkeit anbricht und der Glaube zum Schauen gelangt ist, dann werden die armen und verachteten Gläubigen mit dem Herrn Jesus erscheinen. Sie werden Ihm gleich sein als «die Braut, die Frau des Lammes».