Im Wort wird uns David zweimal als ein Mann nach dem Herzen Gottes vorgestellt.
Durch den Mund Samuels sagte Gott zu Sau!: «Der HERR hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen, und der HERR hat ihn zum Fürsten über sein Volk bestellt; denn du hast nicht beachtet, was der HERR dir geboten hatte» (1. Sam 13,14). Der Apostel Paulus erinnert an diese Erklärung des Herrn: «Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird» (Apg 13,22).
Einen Mann nach dem Herzen Gottes, der Seinen ganzen Willen tun wird!
Ist es nicht Jesus allein – in dem Gott sein Wohlgefallen gefunden und der seinen ganzen Willen getan hat – auf den diese Erklärung angewendet werden kann?
Wenn wir das bewegte Leben Davids betrachten, mit seinen zahlreichen Verfehlungen, so vielen Höhen und Tiefen, seinen Sünden und seinem Verbrechen, sind wir dann nicht über die Wertschätzung Gottes über ihn erstaunt? Aber erinnern wir uns an das, was in 1. Samuel 16,7 gerade über David gesagt wird: «der HERR sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äussere, aber der HERR sieht auf das Herz.»
David war ein Gegenstand der unendlichen Gnade Gottes. Der Mensch, von seiner Selbstgerechtigkeit durchdrungen, versteht diese Gnade nicht, nimmt sie selbst nicht an und übt sie nicht aus. Aber wir, die Gläubigen, die selber Gegenstände dieser Gnade Gottes sind, und die Er im Blut Christi von ihren Sünden gewaschen hat, wir kennen sie. Schätzen wir auch in vollem Mass, was sie für uns ist? Wenn ja, verstehen wir auch, wenn Gott sie gegen andere ausübt und sind geneigt, sie ebenso anzuwenden. Doch, wie sehr fehlen wir darin!
Gewiss, die Gnade Gottes gegenüber David war gross! Er hat ihm alles vergeben; Er tat es, weil sich David der Schwere seiner Sünden bewusst war und sich tief gedemütigt hat: «Meine Sünde ist beständig vor mir» (Ps 51,5), sein Herz war zerschlagen, und er wusste, dass Gott ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz nicht verachtet (Vers 19). Er ruft als Sünder zu Gott: «Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte! Nach der Grösse deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen! … Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.» Er bekennt seine Sünde, aber auch, dass er von Natur ein Sünder ist (Verse 3.7).
Gott hat die Buße Davids gewogen und sein Herz ergründet. Die Psalmen reden davon; auch wir haben in unseren eigenen Übungen und in unseren Verfehlungen Trost, Ermunterungen, die Hilfsquellen der Gnade und das Erbarmen Gottes gefunden.
Bestimmt ist Gott aber nicht oberflächlich über die Sünden Davids hinweggegangen, und wenn Er ihm alles vergeben konnte, musste Er ihn auch die unbeugsame Gerechtigkeit seiner Regierung spüren lassen. Er legte ernste Züchtigung auf ihn durch Absalom, den eigenen Sohn; und in der Ausübung dieser Züchtigung liess Er ihn noch völliger erfahren, wie seine Gnade ist. Daher hat David mehr als andere diese Gnade und die Güte Gottes gerühmt; seine Psalmen sind ganz durchsetzt davon.
Vergessen wir unsere Fehler und Niederlagen nicht; auch wenn unsere Wiederherstellung völlig ist, haben wir ihrer in Demut und Furcht bewusst zu bleiben. Gott erklärt, dass Er unserer Sünden nie mehr gedenken wird; das gibt unseren Herzen kostbare Ruhe, und wir können in dieser Hinsicht voll Zuversicht sein. «So weit der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Übertretungen» (Ps 103,12). Aber wenn Gott nicht der Sünden gedenkt, die wir Ihm bekannt und über die wir uns gebeugt haben, so denkt Er daran, dass wir von Natur Sünder sind, «denn er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, dass wir Staub sind» (Ps 103,14). Er weiss, wie schwach wir sind.
Aber kommen wir zum Zeugnis zurück, das David der Gnade und Güte Gottes gibt; es zeigt uns, wie auch wir sie nötig haben, anderseits aber offenbart es ihre Fülle, die sich auf alle unsere Umstände, unsere Verfehlungen, unsere Schwachheit und unsere Leiden erstreckt, während unseres ganzen Lebens.
Sei mir gnädig! Das ist der Schrei, den David in seinen Gebeten unaufhörlich an Gott richtet.
«Sei mir gnädig, HERR, denn ich bin dahingewelkt» (Ps 6,3).
«Sei mir gnädig, HERR! Sieh an mein Elend» (Ps 9,14).
«Sei mir gnädig! HERR, sei mein Helfer!» (Ps 30,11).
«Sei mir gnädig, HERR! Denn ich bin in Bedrängnis» (Ps 31,10).
David war unter dem tiefen Eindruck der Güte Gottes gewesen; er rühmt sie in seinen Psalmen immer wieder. Was Gott bei David gefällt, als Mensch und als König, ist vor allem sein Streben, das zu tun, was recht war in den Augen des HERRN. Das wird in Micha 6,8 so umschrieben: «Er hat dir kundgetan, o Mensch, was gut ist; und was fordert der HERR von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu wandeln mit deinem Gott?» Das sind die Charakterzüge, die wir in David finden: Zuerst seine Rechtschaffenheit, dann die Güte und die Demut. Die Regierung der Könige in Juda, die auf ihn gefolgt sind, qualifiziert Gott in seinem Wort nach dem Mass, wie sie im Vergleich mit David das taten, was vor Ihm recht war; siehe Amazja (2. Kön 14,3), der «tat was recht war in den Augen des HERRN, nur nicht wie sein Vater David», und Hiskia (2. Kön 18,3) und Josia (2. Kön 22,2). «Und er tat, was recht war in den Augen des HERRN, nach allem, was sein Vater David getan hatte.» – «Und er tat, was recht war in den Augen des HERRN; und er wandelte auf allen Wegen seines Vaters David und wich weder zur Rechten noch zur Linken ab.»
Richten und betrachten wir David nicht nach dem, was er gewesen ist in seinen Handlungen, sondern was er in seinem Herzen war, als Bild Christi, in seinen Leiden, seinem Gehorsam und seiner Unterwürfigkeit. Er wurde von Gott erwählt, um die Gefühle unseres Erretters in seinem Leben hier auf der Erde auszudrücken, ganz besonders am Kreuz, und um der liebliche Psalmist zu sein, in dem der Geist des HERRN gesprochen hat und immer noch zu unseren Herzen redet.