Erprobungen im Leben des Glaubens

Wahrer Glaube ist auch eine bewusste Anerkennung der Ansprüche Gottes an den einzelnen. Er weiss, dass jede Nichtbeachtung der Ansprüche Gottes und seines Willens als Widerspruch gegen Ihn vermieden werden soll; denn «was nicht aus Glauben ist, ist Sünde» (Röm 14,23).

Wenn das Herz sich aufgrund des klaren Wortes Gottes mit Ihm und seinen Ansprüchen zu beschäftigen beginnt, kommt eine erste Erprobung in das Leben des Glaubenden.

Für Abraham war das der Augenblick, als Gott zu ihm sagte: «Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde» (1. Mo 12,1). Und er handelte in Übereinstimmung mit dem Grundsatz: «Wer Gott naht, muss glauben, dass er ist, und denen, die ihn suchen, ein Belohner ist» (Heb 11,6), was ja eine Verheissung ist für den Gehorsam gegenüber dem offenbarten Wort. Abraham zeigte sich hier würdig der Bezeichnung, die der Heilige Geist ihm später gab, wenn Er ihn «unser aller Vater» nennt (Röm 4,16; Gal 3,7); denn als erstes «zog er aus, ohne zu wissen, wohin er komme» (Heb 11,8). Das kostete ihn kein kleines Opfer; denn alles, Land, Verwandtschaft und das Haus des Vaters, musste er zurücklassen, wenn er dem Wort Gottes gehorchen wollte.

Wir wissen, dass Abraham nicht vollkommen war und seine Fehler hatte wie andere Gläubige. Als nächstes liess Gott eine erzieherische Erprobung, «eine Hungersnot im Land» über ihn kommen (1. Mo 12,10). Da sehen wir ihn fleischliche Hilfsquellen der Welt an die Stelle der geistlichen Kraft setzen, die er durch das Vergessen der Gegenwart und der Gunst Gottes verloren hat.

Dann kommt eine weitere Erprobung des Glaubens (1. Mo 13,5-13): Der Zank zwischen den Hirten, ausgelöst durch das Zusammenprallen materieller Interessen, macht es nötig, dass er seinen Neffen Lot bittet, «sich von ihm zu trennen». Man kann die einfache Würde Abrahams, dessen Herz auf die Verheissungen Gottes gerichtet war, nur bewundern: Er liess seinen materialistisch gesinnten Neffen zuerst wählen! Diese Würde befähigte ihn, die Selbstsucht zu übersehen, die in der sofortigen Annahme des Angebots – ohne an die Interessen des anderen zu denken, obwohl dieser ein Verwandter und ein «Bruder» im Herrn war – zu Tage trat. Doch wer kann den Umfang dessen ermessen, was Lot in der Folge für Abrahams tatkräftige Rettungsaktionen und die ernste Fürbitte für ihn schuldete? Dass Abraham Gott und seine Ansprüche an die erste Stelle setzte, forderte diesmal ein Opfer für einen Neffen und «Bruder» im Herrn.

Eine neue Erprobung entsteht dadurch, dass sich Abraham in unrichtiger Weise mit den Verheissungen Gottes beschäftigt. Das führte so weit, dass er Gottes Macht auf die Grenzen der menschlichen Natur beschränkte. Der gleiche Mann, der vom König, den sich Lot erwählt hatte, nichts annehmen wollte, damit dieser nicht sagen könne: «Ich habe Abram reich gemacht»; der gleiche, der die Worte gehört hatte: «Fürchte dich nicht, Abram; ich bin dir ein Schild, dein sehr grosser Lohn», und der den «rauchenden Ofen» und die «Feuerflamme» gesehen hatte, hörte auf die Stimme der Natur in Sarai, seiner Frau, und schmiedete einen Plan, um den Vorsätzen Gottes vorzugreifen. Das Vorhaben endete in der schmerzlichen Notwendigkeit, seinen Sohn Ismael und dessen Mutter Hagar hinauszustossen. Der Gehorsam des Glaubens verlangte nun ein anderes grosses Opfer, das für die Natur schmerzhafter war als die Trennung vom Sohn seines eigenen Bruders.

Der erfolgreiche Ausgang dieser verschiedenen Erprobungen war nötig, bevor die Schlussprüfung geschehen konnte. Abraham, der «gegen Hoffnung auf Hoffnung geglaubt hat», und der «nicht an der Verheissung Gottes zweifelte durch Unglauben, sondern gestärkt wurde im Glauben, Gott die Ehre gebend, und der vollen Gewissheit war, dass er, was er verheissen hatte, auch zu tun vermag» (Römer 4,18-21), wurde aufgefordert, Isaak, seinen Eingeborenen, darzubringen, der die Erfüllung des Wortes war: «In Isaak wird dir eine Nachkommenschaft genannt werden.» Und das tat er im Prinzip, indem «er urteilte, dass Gott auch aus den Toten aufzuerwecken vermag, von woher er ihn auch im Gleichnis empfing» (Heb 11,17-19).

Glaube ist der einzige Grundsatz, auf dem man Gott wohlgefallen kann (Heb 11,6), und welch eine Freude war es für Gott, in der Stunde des Triumphs des Glaubens, sogar über den Tod selbst, zu Abraham sagen zu können: «Nun weiss ich, dass du Gott fürchtest und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast», und weiter: «In deinem Nachkommen werden sich segnen alle Nationen der Erde: weil du meiner Stimme gehorcht hast» (1. Mo 22,12.16-18).