Sohnschaft und Kindschaft

Römer 8,14-15; Galater 4,6

«So viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes» (Röm 8,14).

In diesem Vers vernehmen wir von unserer Sohnesbeziehung, im Gegensatz zum Platz von Dienern und Sklaven, auf dem Israel unter dem Gesetz stand. Der Vers bereitet auch den Weg vor für die Einführung des Geistes als der persönlich wirkenden Kraft; Er soll nicht nur als der betrachtet werden, der unsere neue Natur und unsere Stellung im Gegensatz zum Fleisch kennzeichnet, wie in den vorhergehenden Versen des Kapitels.

Aber es ist nicht korrekt zu sagen, dass Söhne Gottes sich von Kindern Gottes nur darin unterscheiden, dass sie eine grössere Reife haben und bewusste Glieder der Familie Gottes sind. Der wahre Unterschied zwischen Sohnschaft und Kindschaft ist der, dass die erste die weniger vertrauliche von beiden ist und nicht unbedingt ein wirkliches Geburtsband voraussetzt. Sohnschaft braucht nicht über eine öffentliche Stellung hinauszugehen, die durch Adoption erworben wurde, ohne wirklich in die Familie hineingeboren zu sein. Sie steht jedoch auf jeden Fall in völligem Kontrast zum Platz eines Sklaven. Johannes, der «das Leben» zum Gegenstand hat, redet von den Gläubigen nie als von «Söhnen»; er nennt sie «Kinder», die wirklich aus Gott geboren sind.

Christus wird Sohn genannt, nicht Kind

Das Gesagte wird durch die Tatsache, dass der Herr Jesus nie Kind, sondern Sohn genannt wird, nicht abgeschwächt, sondern bestätigt. Ihn Gottes Kind zu nennen, wäre herabwürdigend und eine Verleugnung seiner ewigen Herrlichkeit. Aber Er ist in mehr als einem Sinn Sohn. Er ist Sohn Gottes, als in der Zeit geboren, und auf der Erde in seiner prophezeiten Verbindung mit dem Volk Israel, als ihr Messias und König gesehen (Ps 2,7). Er ist als Sohn Gottes in Kraft erwiesen, dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung (Röm 1,4). Und was noch wichtiger als alles und die Grundlage von allem ist: Er ist der Sohn Gottes, der eingeborene Sohn im Schoss des Vaters, ganz unabhängig von der Zeit seiner Offenbarung oder von den Ergebnissen seines Erlösungswerkes. Er ist der Sohn des Vaters, in seiner eigenen Natur und persönlichen Beziehung, in dem ewigen Bestehen, das wesentlich und charakteristisch ist für die Gottheit. Für diesen letztgenannten Charakter des Sohnes haben wir besonders das Evangelium und die Briefe des Johannes zu konsultieren.

Der Heilige Geist und die Söhne

In diesen Versen von Römer 8 sehen wir die wichtige und folgenschwere Tatsache, dass sich der Heilige Geist selbst in getrennter, persönlicher Tätigkeit mit dem Gläubigen verbindet. Er bringt nicht nur eine neue geistige Existenz und Stellung hervor, zu denen solche gebracht wurden, die des Christus sind, sondern hier wird noch auf mehr Nachdruck gelegt: «Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes Nicht nur muss man aus Wasser und Geist geboren sein, um ins Reich Gottes einzugehen (Joh 3,5); nicht nur empfingen die Jünger den Heiligen Geist als Geist des Lebens reichlicher, als der Herr Jesus nach seiner Auferstehung in sie hauchte (Joh 20,22); vielmehr leitete der jetzt persönlich anwesende Heilige Geist diese reich gesegneten Heiligen in die bewusste Würde der Söhne Gottes.

Noch mehr: Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit, nicht Gesetz, nicht Knechtschaft, zu der es führt. «Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!» (Vers 15). So bekamen also alle Gläubigen, sowohl aus den Juden als aus den Griechen, den Geist der Adoption, wie in Galater 4,6 gesagt ist: «Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater!» Der Heilige Geist konnte nur in Gemeinschaft mit dem Sohn handeln, der den Vater offenbart hatte, und Er gibt den Glaubenden das Bewusstsein von keiner geringeren Beziehung als der von Söhnen.

Aus einer verlorenen Welt rettet die Gnade und bringt die an den Herrn Jesus Glaubenden in die Stellung von Söhnen; und in dieser Stellung will der Heilige Geist sie leiten, zusätzlich zur Tatsache, dass Er durch Neugeburt eine Natur verleiht, die Gott gleichförmig ist und sich vom Menschen unterscheidet, obwohl sie im Menschen wohnt. Sohnschaft steht also nicht nur im Gegensatz zu heidnischer Ungebundenheit und Gottlosigkeit, sondern auch im Kontrast gegenüber der jüdischen Knechtschaft und Furcht; und in diesem Sohnesverhältnis veranlasst uns der Heilige Geist selbst zu rufen: «Abba, Vater!»