Aufruf zum Wachen

Römer 13,11-14

In vielen Stellen im Neuen Testament werden wir zum Wachen aufgerufen. Wir neigen dazu, immer wieder einzuschlafen; Satan ist darauf aus, uns schläfrig zu machen, weil er weiss, dass er dann bei den Gläubigen gewonnenes Spiel hat.

Das Wort Gottes gibt uns verschiedene Beispiele von Gläubigen, die eingeschlafen sind, und zwar jedes Mal aus einem anderen Grund.

Simson

Im Alten Testament, Richter 13, sehen wir einen Mann, der in Hebräer 11 zu den Männern des Glaubens gezählt wird. Es ist Simson, der Nasiräer, den Gott für sich abgesondert hatte. Bevor er geboren wurde, sagte Gott über ihn: «Er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten». Er wurde zu verschiedenen Malen von Gott im Kampf gegen die Philister gebraucht.

Ein Nasiräer, wie Simson einer war, musste unter anderem langes Haar tragen, kein Schermesser sollte auf sein Haupt kommen. Diese Vorschrift Gottes wurde von seiner Geburt an treu beachtet.

In der Beachtung dieser Vorschrift lag eine ausserordentliche Kraftfülle. Solange ihr nachgelebt wurde, hatte Simson eine übernatürliche Kraft, die er besonders im Kampf gegen die Philister einsetzte und Siege über diesen Feind Gottes errang.

Aber dann kam es zu einer demütigenden Niederlage im Leben dieses Mannes Gottes. Simson hatte nicht gewacht über seine fleischlichen Begierden. Er schlief ein auf den Knien einer Delila und gab das Geheimnis seines Nasiräertums preis.

Die Ursache seines Einschlafens war, dass er Vorsorge trieb für das Fleisch zur Erfüllung seiner Begierden (Röm 13,14).

Wir Gläubige in der heutigen Zeit sind auch Nasiräer. Wir alle, ohne Ausnahme, sind der Stellung nach Abgesonderte für Gott. Wir sind Geheiligte in Christus, berufene Heilige (1. Kor 1,2).

Solange wir das praktisch ausleben und unser Nasiräertum verwirklichen, werden wir bewahrt, und es zeigt sich Kraft in unserem christlichen Zeugnis. Aber sobald wir unsere Absonderung für Gott aufgeben und uns in irgendeiner Weise mit der Welt einsmachen, werden wir schläfrig und haben keine moralische Kraft mehr, uns gegen die Versuchungen der Welt zu wehren. Ja, wir werden dann ein Spielball der Welt und unser Leben ist nur noch ein Leben der Niederlage. Wie traurig war das Ende des Lebens von Simson! Und wie traurig kann das Leben eines Christen werden, wenn er wie Simson einschlafen würde.

Darum ruft uns das Wort Gottes zu: «Und dieses noch, da wir die Zeit erkennen, dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden: Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen, die Waffen des Lichts aber anziehen» (Röm 13,11.12).

Elia

Das Alte Testament zeigt uns einen Mann Gottes, der nicht eingeschlafen war wie Simson, weil er «Vorsorge trieb für das Fleisch zur Erfüllung seiner Begierden», nein, hier war es ein ganz anderer Grund der Schläfrigkeit. Elia schlief ein aus Entmutigung im Dienst für seinen Herrn.

Er war tapfer dagestanden in seinem Zeugnis für Ihn. Er war der einzige Mann zu jener Zeit, der öffentlich Partei ergriff für Gott den HERRN. Weil er bewusst vor dem Angesicht des Gottes Israels stand, konnte er so mutig auftreten, die Priester Baals herausfordern und sich öffentlich gegen das Haus des Königs Ahab stellen. Noch nie hatte jemand öffentlich ein so unerschrockenes Zeugnis für den HERRN abgelegt. Es war einzig und allein, weil er den lebendigen Gott vor sich hatte und sein ganzes Vertrauen auf Ihn setzte.

Aber schon am folgenden Tag nach diesem spektakulären Sieg traf die Botschaft der Königin Isebel ein, die Elia ihre Mordgedanken bekanntgab. Jetzt sehen wir ihn nicht mehr als den mutigen Propheten, der sich auf seinen mächtigen Gott stützte, sondern als einen furchtsamen Mann, der nur noch auf die Umstände schaute.

Elia schlief ein unter dem Ginsterstrauch. «Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; … ich bin nicht besser als meine Väter». In der Tat, keiner seiner Väter hatte je ein so machtvolles Zeugnis für Gott abgelegt wie er. Gott mag aber diese Fortsetzung zugelassen haben, um seinem Knecht zu zeigen, wie schwach er eigentlich war, damit er sich nicht mehr auf seine eigene Kraft verliesse.

Wir alle kennen den Ginsterstrauch. Gott mag uns gebraucht haben in seinem Dienst und hat uns auch Segen gegeben. Aber wie schnell tritt dann Selbstvertrauen ein, anstatt dass wir in der Abhängigkeit Gottes bleiben. Wir haben dann auch die Lektion nötig, die Elia in der Schule Gottes lernen musste. Oh, wie gnadenvoll beschäftigte sich Gott mit seinem Knecht! Er schickt einen Engel, der ihn anrührte und zu ihm sprach: «Steh auf, iss! Und als er hinblickte, siehe, da lag an seinem Kopfende ein Kuchen, auf heissen Steinen gebacken, und ein Krug Wasser. Und er ass und trank und legte sich wieder hin» (1. Kön 19,5.6).

Aber Gott liess es nicht dabei bewenden. Er liebte seinen Knecht Elia zu sehr, als dass Er ihn in diesem verzagten Zustand lassen wollte. Der Engel des HERRN kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: «Steh auf, iss! Denn der Weg ist sonst zu weit für dich. Und er stand auf und ass und trank, und er ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb.»

Es ist, wie wenn Gott dadurch zu Elia sagen wollte: «Es ist noch nicht Zeit für dich, abzudanken von deinem Dienst». Und wenn wir, lieber Bruder, liebe Schwester im Dienst für den Herrn enttäuscht, oder gar verzagt worden sind und unsere Arbeit, die der Herr uns anvertraut hat, niederlegen möchten, wenn wir unter dem Ginsterstrauch liegen, dann will Gott auch zu uns sagen: Steh auf, iss! Gott hatte schon für einen Kuchen und für einen Krug Wasser gesorgt. Wir sind noch nicht am Ziel. Aber Gott hat Vorsorge getroffen für jeden Schritt unserer Reise, die uns bevorsteht. Oh, fasse Mut lieber Mitpilger! Elia ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb. Das war eine grosse Leistung für einen betagten Propheten: aber die Speise, die Gott ihm darreichen liess, genügte für jeden Schritt des Weges, bis er die Gegenwart Gottes erreichte. Und auch für uns ist die Speise Gottes, die Er uns darreicht, genügend für unsere Wegstrecke.

  • Seh ich alles scheiden,
    geht's durch Kampf und Leiden,
    Du ermutigst mich.
    Ich bin wohl geborgen,
    werfe meine Sorgen
    jeden Tag auf dich.
    Herr, hilf mir,
    zu folgen dir
    und in Treue deinen Willen,
    besser zu erfüllen.

Jona

Hier stellt das Wort Gottes einen anderen Mann Gottes vor uns, der eingeschlafen war. Es ist der Prophet Jona. Der Grund seines Einschlafens war, dass er nicht in Harmonie war mit dem Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden.

Jona bekam von dem HERRN, diesem Heiland-Gott, den Auftrag, nach Ninive, der grossen Stadt zu gehen und gegen sie zu predigen.

Anstatt diesen Auftrag zu erfüllen, «machte Jona sich auf, um vom Angesicht des HERRN weg nach Tarsis zu fliehen.»

Es war nicht die Schwere des Auftrages, die ihn bewog, einen anderen Weg zu wählen, sondern weil sein Herz keine Empfindungen hatte für das Vorhaben Gottes, der erbarmungsvoll den Einwohnern der gottlosen Stadt Ninive begegnen wollte, indem Er das Gericht ankündigen liess, damit, wenn jemand Buße täte, er errettet würde.

Ist die Haltung Jonas nicht auch unsere Geschichte? Wir finden den Auftrag Gottes zu schwer, um ihn auszuführen. Wir sehen wohl die vielen Menschen um uns, die dem ewigen Gericht entgegengehen. Aber wir rühren uns nicht, weil wir zu wenig in Harmonie sind mit dem «Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen».

Müssen wir uns nicht anklagen, dass wir, wie Jona, eingeschlafen sind, anstatt uns von Gott gebrauchen zu lassen, kostbare Seelen zu Jesus zu führen?

Ist das Mittel, um von unserem Schlaf aufzuwachen, nicht die innige Pflege der Gemeinschaft mit dem Heiland-Gott, um uns so die gleichen Empfindungen dieses Heiland-Gottes schenken zu lassen?

Die Jünger Jesu

Es war im Garten Gethsemane, wo die elf Jünger Jesu eingeschlafen waren. Der Grund des Einschlafens wird uns nur im Evangelium Lukas mitgeteilt. Sie waren eingeschlafen vor Traurigkeit. Sie wussten, dass es jetzt galt, von ihrem geliebten Meister, der so treu für sie gesorgt hatte, Abschied zu nehmen, sie durften mit allen Problemen und Schwierigkeiten zu Ihm kommen, und wie gnadenvoll war Er ihnen immer begegnet. Seine Zuneigung und Teilnahme waren grenzenlos. Und nun sollten sie allein ihren Weg vorangehen!

Es kann auch bei uns vorkommen, dass wir von lieben Geschwistern Abschied nehmen müssen. Unsere Traurigkeit kann uns, wie damals die Jünger, in Schläfrigkeit versetzen. Wir denken nur noch an uns und an das, was wir verlieren müssen und bringen keinen Mut und keine Energie mehr auf, vorwärts zu gehen, um weiter dem Herrn zu dienen und für Ihn zu zeugen.

Jesus sprach zu den Jüngern: «Was schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt». Oh, in solchen Umständen, wo uns liebe Angehörige, liebe Geschwister, genommen werden, haben wir ganz besonders nötig, zu wachen und zu beten. Er verbietet uns nicht zu trauern. Kein Mensch kann sich so in unsere Umstände hineinversetzen wie Er, und wer könnte uns besser Teilnahme beweisen als sein liebendes Herz! Er möchte uns nicht in einem Zustand sehen, wo wir nur noch mit uns beschäftigt sind und uns nicht mehr von unserer Traurigkeit erheben. Er sagte seinen Jüngern: «Steht auf». Er hatte für jeden von ihnen noch eine Aufgabe. So wird der Herr auch uns Kraft geben, um uns zu erheben. Er ruft auch uns zu: «Steht auf». Dass wir uns doch nicht vergraben in unserer Traurigkeit und so für unseren Herrn nutzlos werden. Jeder der elf Jünger stand auf, und jeder von ihnen bekam einen Dienst vom Herrn. Einige von ihnen hatten das Vorrecht, dem Herrn noch für viele Jahre zu dienen. Wir können sicher sein, dass, solange der Herr uns hier lässt, Er für uns noch eine Aufgabe hat. Darum lasst uns wachen und beten, damit wir nicht in Versuchung kommen und einschlafen.

Die 10 Jungfrauen (Mt 25,1-13)

Im bekannten Gleichnis von den zehn Jungfrauen waren alle zehn eingeschlafen. Die törichten Jungfrauen stellen die ungläubigen christlichen Bekenner dar – sie hatten kein Öl. Die klugen Jungfrauen hingegen stellen gläubige Christen dar, die Öl in ihren Gefässen haben, d.h. der Heilige Geist wohnt in ihnen.

Aber auch die klugen Jungfrauen waren eingeschlafen. Der Grund ihres Einschlafens ist in diesem Gleichnis angegeben. Sie schliefen ein, weil «der Bräutigam noch ausblieb».

Ist das nicht auch der Grund unseres Einschlafens? Als die Wahrheit über das Kommen des Herrn für die Seinen – die Entrückung der Braut Christi – im 19. Jahrhundert neu entdeckt wurde, da war diese Hoffnung frisch und lebendig in den Herzen derer, die mit dieser Wahrheit vertraut wurden.

In der heutigen Zeit wird das Kommen des Herrn für die Seinen im Kreis der Geschwister lehrhaft wohl noch festgehalten; aber ist es bei uns allen eine Wahrheit, die unser praktisches Leben tief beeinflusst?

Bringen wir den Herrn hinein, so ändert alles. Es geht dann nicht nur um eine Lehre, sondern um eine Person; es ist unser geliebter Herr, den wir erwarten dürfen.

In 2. Thessalonicher 3,5 ruft uns der Apostel Paulus zu: «Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!» Er selbst wartet mit Ausharren auf den Augenblick, da Er seine geliebte Braut heimholen kann. Seine Zuneigung zu seiner Braut ist so gross, dass Er mit sehnsüchtigem Verlangen der Begegnung mit seiner Braut entgegenblickt. Findet Er bei uns ein ebenso sehnsüchtiges Warten auf Ihn?

«Ist der Gedanke an das Kommen des Herrn unsere tägliche Wonne? Beeinflusst es uns in den zehntausend Einzelheiten unseres alltäglichen Lebens? Oder wandeln wir so Hand in Hand mit der Welt, dass sein Kommen uns mit Beschämung erfüllt» (J.N.D)?

In unserem Versammlungs-Liederbuch handeln mindestens 30 Lieder vom Kommen des Herrn – ein Beweis dafür, mit welcher Intensität unsere Vorväter auf das Kommen des Herrn gewartet haben. Dass diese lebendige Erwartung auch uns kennzeichnete!

  • Schon hören wir es rufen:
    «Wacht auf, er ist nicht fern!»
    Auf, Christen, lasst uns laufen
    und wirken für den Herrn!
    Wacht auf, macht euch nun fertig,
    er kommt und bleibt nicht aus!
    Bald ist er gegenwärtig,
    führt uns zu sich nach Haus.