Das Volk demütigt sich vor Gott
Die Rückkehr zum Wort Gottes bewirkte als erstes, dass das Volk dem Herrn sein Teil gab, wie es im vorhergehenden Kapitel aufgezeigt wurde. Das zweite Ergebnis sehen wir in diesem Kapitel. Das Volk nimmt seine wahre Stellung vor Gott ein, indem es sein beständiges Versagen in der Vergangenheit und seinen schwachen gegenwärtigen Zustand eingesteht.
Nachdem das Volk beim Fest der Laubhütten den Herrn erhoben hat, wird ihm der Widerspruch klar, dabei Verbindungen aufrechtzuhalten, die der Herr nicht gutheisst. Deshalb folgen unmittelbar auf das Fest «Absonderung» und «Bekenntnis». «Die Nachkommen Israels sonderten sich ab von allen Kindern der Fremde; und sie traten hin und bekannten ihre Sünden» (Vers 2). Noch immer ist es die Pflicht aller, die den Namen des Herrn nennen, von der Ungerechtigkeit abzustehen. Aber Absonderung verlangt Bekenntnis, wenn sie echt ist; denn die Tatsache, dass wir uns abzusondern haben, ist der Beweis, dass wir uns in falschen Verbindungen befanden, und dies erfordert ein Bekenntnis. Anderseits wäre ein Bekenntnis ohne Absonderung unwirklich; denn wie könnten wir im Bösen fortfahren, das wir eingesehen und bekannt haben!
Daher werden wahre Absonderung und ein ehrliches Bekenntnis immer zusammengehen.
Aber ob das Volk Gott preist oder sich wegen seines Versagens demütigt, alles ist die Folge des Wortes Gottes, das auf das Gewissen angewandt wird. Wir lesen in Vers 3: «Sie lasen im Buch des Gesetzes des HERRN, ihres Gottes, ein Viertel des Tages. Und ein anderes Viertel des Tages bekannten sie ihre Sünden und warfen sich nieder vor dem HERRN, ihrem Gott.»
Der verbleibende Teil des Kapitels stellt das Bekenntnis des Volkes vor. Es wird aber eingeleitet von einem Lobpreis zu Gott. Wie tief das Volk Gottes auch gefallen sein mag, der Herr bleibt seine nie versagende Hilfsquelle. Deshalb tat das Volk gut, «aufzustehen und den HERRN zu preisen», der, soviel wir Ihn auch preisen, immer «erhaben ist über allen Preis und Ruhm» (Verse 4 und 5).
Und wenn der Überrest dasteht, um den HERRN zu preisen, «unter Fasten und in Sacktuch gekleidet und mit Erde auf ihren Häuptern», werden sie von Gott geleitet, Ihn in wunderbarer, siebenfacher Weise zu rühmen und damit die Majestät seines Wesens und die Grösse seiner Wege vor die Seele zu stellen. Es ist offensichtlich, dass eine solche Betrachtung Gottes in seiner Herrlichkeit nötig ist für ein wahres Bekenntnis. Nur wenn wir Gott vor unseren Seelen haben, können wir in Wahrheit die Schwere unseres Versagens einschätzen.
- Gott wird als unveränderlich und ewig anerkannt. «Du bist, der da ist, HERR, du allein.» Inmitten all des Wechsels von Zeiten, Umständen und Menschen haben wir im Herrn einen, der keine Veränderung kennt und nie aufhören wird, da zu sein. Wir lesen an einer anderen Stelle: «Du aber bleibst» und «du aber bist derselbe» (Heb 1,11.12).
- Gott wird als der Schöpfer von allem anerkannt. Der Himmel und all ihr Heer, auch die Erde und alles was darauf ist, die Meere und alles was in ihnen ist, sind das Werk seiner Hände.
- Gott wird als der Erhalter aller anerkannt. Die ganze Schöpfung wird von Gott erhalten und ist von Ihm abhängig (Vers 6).
- Gott wird als der Allmächtige anerkannt. Er erwählt, wen Er will. Er ruft Abram aus Ur und ändert seinen Namen (Vers 7).
- Gott wird als der Geber bedingungsloser Verheissungen anerkannt. Sie sind für die bestimmt, die Er gemäss seiner unumschränkten Auswahl gerufen hat (Vers 8).
- Gott wird anerkannt als treu zu seinem Wort. Er erfüllt, was Er verheissen hat (Vers 8).
- Gott wird anerkannt in seinen Wegen der Gnade und Macht, durch die Er sein Volk aus Ägypten befreite, durch die Wüste führte und es ins Land brachte (Verse 9-15).
Nachdem das Volk Gott seinen Platz gegeben hat, überprüft es seinen Weg im Licht dessen, was Gott ist, und das führt zum Bekenntnis seines völligen Versagens. Sie finden nichts Gutes, das sie von sich sagen könnten. Sie blicken zurück auf ihre Geschichte in der Wüste (Verse 16-21), im Land (Verse 22-27), in der Bedrückung und Gefangenschaft durch ihre Feinde (Verse 28-31). Ihr Versagen nahm im Lauf der Zeit zu und drückte sich durch verschiedene Formen des Bösen aus. Eine Sache war allen Situationen gemeinsam – ihr ständiger Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes. In der Wüste hörten sie nicht auf die Gebote des HERRN und weigerten sich zu gehorchen (Verse 16 und 17). Im Land wurden sie widerspenstig und warfen das Gesetz des HERRN hinter ihren Rücken (Vers 26). In der Hand ihrer Feinde gehorchten sie den Geboten des HERRN nicht, sondern sündigten gegen seine Rechte (Vers 29).
Trotzdem, ungeachtet all der Verfehlungen des Volkes, stellen sie fest, dass Gott «ihnen nicht den Garaus gemacht und sie nicht verlassen» hat. Und deshalb folgern sie richtig, dass Gott «ein gnädiger und barmherziger Gott» sei (Vers 31). So wenden sie sich an die Barmherzigkeit Gottes. Sie verbinden ihre gegenwärtige sorgenvolle Lage mit den vergangenen Verfehlungen und sagen: «Lass nicht gering vor dir sein alle die Mühsal, die uns betroffen hat» (Vers 32). Aber während sie sich an die Barmherzigkeit Gottes wenden, anerkennen sie seine gerechten Regierungswege. «Doch du bist gerecht», sagen sie, «in allem, was über uns gekommen ist; denn du hast nach der Wahrheit gehandelt, wir aber haben gottlos gehandelt» (Vers 33). Und sie führen alle ihre Gottlosigkeit auf den Ungehorsam gegenüber dem Wort zurück. Sie hatten das Gesetz nicht gehalten (Vers 34); sie hatten dem HERRN nicht gedient, sondern folgten ihrem eigenen Willen in «bösen Handlungen» (Vers 35). Und als Folge davon waren sie «in grosser Bedrängnis» (Verse 36-37).