Der zweite und dritte Johannes-Brief

2. Johannes ; 3. Johannes

In seinen Briefen sieht der Apostel Johannes die Gläubigen als die Familie Gottes. Alle Familienglieder haben das ewige Leben empfangen, das gleiche Leben, das der Herr Jesus besitzt (1. Joh 5,20). Seine Person offenbart uns den Charakter dieses Lebens. Im Johannes-Evangelium finden wir den, der im ersten Johannes-Brief «der wahrhaftige Gott und das ewige Leben» genannt wird.

Wenn wir nun dasselbe Leben empfangen haben wie das, welches der Herr Jesus hat, sollten die gleichen Charakterzüge, die wir bei Ihm finden, auch in unserem Leben sichtbar werden (1. Joh 2,6). Der zweite Brief handelt von der praktischen Verwirklichung dieser Dinge gegenüber anderen. Aber Satan will nicht, dass die Wesenszüge Gottes in unserem Leben praktisch gesehen werden. Welt und Teufel versuchen uns vom Herrn abzuziehen. Zu diesem Zweck verkleidet sich Satan als Engel des Lichts.

Der dritte Brief lehrt uns das richtige Verhalten gegenüber denen, die rein sind in der Lehre. Wir sollten sie aufnehmen, auch wenn sie für uns «Fremde», jedoch empfohlene Unbekannte, sind (nur der Herr kann berufen und senden) und ihnen weiterhelfen.

In beiden Briefen finden wir Liebe und Wahrheit miteinander verbunden; aber nicht als Theorie, sondern in der Praxis: wandelnd in der Wahrheit.

Beim Vergleich der Anfänge der beiden Briefe stellen wir gewisse Ähnlichkeiten fest. Beide sind nicht so allgemein gehalten, wie der erste Johannes-Brief, richten sich auch nicht an eine Versammlung, sondern an Einzelpersonen – der zweite Brief an eine Frau, der dritte an einen Mann.

Johannes nennt sich nicht mit Namen. Er ist wohl Apostel, aber in seinen Briefen belehrt er, wie ein Vater inmitten seiner Familie, die einzelnen Familienglieder.

Der zweite Johannes-Brief

Es ist der einzige Brief im Wort Gottes, der sich an eine Frau richtet. Doch die darin enthaltene Warnung ergeht an alle, sowohl Brüder als Schwestern. Dass der Brief an eine Frau gerichtet ist, zeigt, dass Satan es meistens auf die Schwachen abgesehen hat, um sie zu Fall zu bringen. Die Schwestern stehen in besonderer Gefahr, wenn es um Verführer mit falschen Lehren geht (2. Tim 3,6). Diese Irrlehrer gehen oft von Haus zu Haus, zu einer Tageszeit, da die Frauen allein zu Hause sind. Wir alle aber, ob stark oder schwach, können und müssen dies Eine tun: die Tür vor solchen Leuten verschliessen.

Einteilung des Briefes

  • Verse 1-4 Die Wahrheit ist die Grundlage von allem
  • Vers 5-6 Die Liebe ist das Gebot von Anfang an
  • Vers 7 Die Offenbarung des Antichristen
  • Vers 8-9 Der Prüfstein für jede Lehre, die an uns herankommt
  • Vers 10-11 Unsere Verantwortlichkeit
  • Vers 12-13 Gedankenaustausch unter Gläubigen

Vers 1

Ältester. Hier geht es um einen alten Mann, nicht um ein Amt. Er übt einen Ältestendienst im Sinn von 1. Petrus 5,1-3 aus. Dabei sind folgende Punkte zu bedenken: Dienst beginnt mit Wachsamkeit über sich selbst (Apg 20,28). Ein Ältester steht nicht über den anderen, sondern mitten unter ihnen. Hüten setzt voraus, dass man die Gefahren kennt. Hüten heisst nicht herrschen, sondern in Liebe warnen. Und immer geht es um die Herde Gottes.

Auserwählte Frau. Diese Schwester war aus der Welt auserwählt, in die die Verführer ausgegangen sind. Diese Auserwählung geschah vor Grundlegung der Welt. Wie schön, dass Johannes sie zuerst an das erinnerte, was Gott mit ihr getan hatte, bevor er sie belehren, ermahnen und warnen musste!

Und Ihre Kinder. Die Kinder werden ebenso direkt angesprochen wie ihre Mutter. Der Brief sollte in der Familie vorgelesen und nicht indirekt übermittelt werden. Mutter und Kinder müssen wissen, wie sie den Irrlehrer von einem willkommenen Bruder unterscheiden können (Eph 4,14).

Frau bedeutet Herrin. Es ist der Ehrenname einer vornehmen Dame. Wenn Gottes Wort derartige Unterscheidungen des sozialen Standes anerkennt, sollten wir es auch tun.

Die ich liebe in der Wahrheit Das war Liebe in geistlicher Weise. Johannes liebte diese Frau, weil sie ein Kind Gottes war und in der Wahrheit lebte. Einen ähnlichen Gedanken finden wir in Johannes 14,21.23.

Der ganze Gruss ist in Worten abgefasst, wie sie sich einer Schwester gegenüber geziemen. Wir Brüder sollten dies sehr beachten!

Vers 2

Die Wahrheit steht immer in Verbindung mit der Person des Herrn Jesus, der selbst die Wahrheit ist. Wahr bedeutet dabei endgültig, absolut. Für Johannes war es etwas Schreckliches, dass es solche gab, die über diese unabänderliche Endgültigkeit der durch die Schrift mitgeteilten Tatsachen in Bezug auf den Vater und den Sohn hinausgehen wollten (Vers 9).

Im Johannes-Evangelium finden wir den Herrn Jesus als:

  • das wahrhaftige Licht – Johannes der Täufer war nur ein Licht;
  • das wahrhaftige Brot – das Manna in der Wüste war das Brot aus dem Himmel, ein Bild von dem Brot Gottes, das in Ihm aus dem Himmel kam (Joh 6,33);
  • den wahren Weinstock – im Vergleich mit Israel dem unfruchtbaren Weinstock. – Der Vater sucht wahrhaftige Anbeter im Gegensatz zu der Anbetung im Tempel.

Wir sollten einerseits die Wahrheit erkennen (Vers 1). Das kann nur durch das Wort geschehen (Eph 4,20.21; Joh 8,25; 14,6; 16,13; 18,36.37). Anderseits muss die Wahrheit uns erfassen, dann ist sie in uns und mit uns. Das Motiv «um der Wahrheit willen» ist meistens nicht von Anfang an die Triebfeder der Glaubenden, sondern wird es erst mit der Zeit (siehe Johannes 4,39.42).

Vers 3

Barmherzigkeit wird nicht erwähnt, wenn der Brief an eine Versammlung gerichtet ist, wohl aber gegenüber Einzelpersonen. Barmherzigkeit begegnet in besonderer Weise der Schwachheit, wovon der Einzelne ein Bild ist.

Der Sohn des Vaters ist der Inhalt des ganzen Wortes Gottes. Er ist die alleinige Offenbarung Gottes, des Vaters. Ohne Ihn hätten wir keine Kenntnis des Vaters.

Vers 4

Bevor der Apostel Johannes auf die ernsten Dinge zu sprechen kommt, die er zu sagen hat, drückt er seine Freude aus. Was ist der Grund dazu? Er traf einige Kinder dieser Frau, und diese wandelten in der Wahrheit. Das ist mehr als gläubig sein. Es bedeutet, in den Fussstapfen des Herrn Jesus Ihm nachzufolgen und seine Gesinnung zu offenbaren. Das Ziel unserer Gebete für unsere Kinder sollte nicht nur ihre Errettung, sondern das wandeln in der Wahrheit sein.

Verse 5,6

Liebe ist die Natur Gottes. Der Vater liebt den Sohn. Diese Liebe ist herabgekommen, ja, in unsere Herzen ausgegossen worden (Röm 5,5). Wir haben neues, göttliches Leben empfangen, und für dieses Leben ist die Liebe etwas Selbstverständliches. Wenn wir diese selbstlose, göttliche Liebe praktisch ausleben, werden dadurch die Charakterzüge Gottes offenbart. Der Massstab für unsere Praxis ist der Herr Jesus selbst in seinem Leben als gehorsamer Mensch (Joh 13,34; 15,12.17).

Es besteht ein Unterschied zwischen Gebot und Gesetz. Das Gesetz wendet sich an den natürlichen Menschen; die Gebote im Neuen Testament richten sich nur an Gläubige, die durch die Kraft des in ihnen wohnenden Heiligen Geistes fähig sind, sie zu halten.

In Bezug auf die Liebe untereinander gibt es keine Entwicklung. Das gilt von Anfang an, d.h. vom Kommen des Herrn als Mensch auf diese Erde an. Man hört manchmal über Mangel an Liebe klagen. Aber die Schrift sagt an keiner Stelle, dass die Geschwister uns lieben sollen. Hingegen werden wir immer wieder aufgefordert, die anderen ohne Unterschied zu lieben.

Liebe ist hier nicht ein Gefühl gegenüber den anderen, das aus unserer menschlichen Natur hervorkommt, sondern die durch den Geist Gottes in der neuen Natur bewirkte Empfindung, die sich in der Ausübung der Gebote Gottes zeigt. Das kann in bestimmten Fällen (z.B. den Verführern gegenüber) zu einem harten Vorgehen führen; denn Liebe auf Kosten der Wahrheit darf es nicht geben; das wäre keine göttliche Liebe mehr.

Vers 7

Verführer sind solche, die die Menschen hinter sich herziehen und nicht mit dem Herrn Jesus sammeln. Sie stehen im Widerspruch zur Wahrheit und zur Liebe. Da das Wort Gottes abgeschlossen ist, gibt es keinen Raum für irgendwelche neuen Offenbarungen. Wie treten diese Verführer auf? Oft als Engel des Lichts, die die Wahrheit mit Irrlehre vermischen (2. Kor 11,13-15).

«Im Fleisch gekommen» (1. Joh 4,2) bezieht sich nur auf die Vergangenheit, die Menschwerdung des Herrn Jesus. Im Ausdruck «kommend» (Vers 7) hingegen ist sowohl sein erstes Kommen, wie sein Wiederkommen eingeschlossen. Wenn Er kam, um Mensch zu werden, musste Er vorher Gott gewesen sein.

In den Briefen des Johannes zeigt sich eine dreifache Entfaltung der Verführer:

  • In 1. Johannes 2,18.19 werden sie Antichristen genannt, als Vorläufer dessen, der den Vater und den Sohn leugnen wird. Sie sind von uns ausgegangen.
  • 1. Johannes 4,1 nennt sie falsche Propheten, die in die Welt ausgegangen sind. Die Welt hört und empfängt sie. Diese Propheten gehen über das Wort Gottes hinaus.
  • In unserem Vers sind die Verführer in die Welt ausgegangen, um sie zu beherrschen.

Vers 8

Wenn die Gläubigen treu blieben, war das eine Freude für die Apostel (1. Joh 2,28; 1. Thes 2,19.20). Aber es bedeutet einen Verlust für die Diener des Herrn, wenn solche, die durch sie zum Herrn geführt werden durften, verführt werden.

Verse 9-11

Weitergehen heisst so viel wie: etwas dem Wort Gottes hinzufügen. Es gibt auch die andere Seite: etwas vom Wort Gottes weglassen (Oft. 22,18.19).

Wer weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, stellt eine Irrlehre auf, die ein Angriff ist auf die Person und das Erlösungswerk Christi. Sie ist vom Teufel, und deshalb dürfen wir ihr gegenüber nicht tolerant sein. Auch Bibelkritik führt zu solcher Irrlehre, denn sie tastet die Grundlagen des Christentums an.

Nicht nur die Irrlehre, sondern auch die Person, die sie bringt, muss abgewiesen werden; denn teilhaben bedeutet Gemeinschaft haben. Unsere Gemeinschaft aber ist mit dem Vater und dem Sohn, (1. Joh 1) der wir, auch am Tisch des Herrn, Ausdruck geben (1. Kor 10). Man muss aber einen Unterschied machen zwischen Verführern und Verführten. Nur den letzteren kann geholfen werden; die Erstgenannten müssen abgewiesen werden.

Verse 12,13

Nach der Fussnote heisst mündlich eigentlich von Mund zu Mund. Es ist der Austausch der Gedanken unter den Gläubigen. Achten wir darauf, dass es nicht zu einem von Mund zu Ohr wird, wobei wir nur noch reden und kaum mehr zuhören können. Mündlich: In Zeiten von Schwierigkeiten sollte weniger geschrieben, dafür mehr miteinander geredet und zusammen gebetet werden.

Das Ziel der Unterhaltung darf gegenseitige Freude, völlige Freude, sein.

Der dritte Johannes-Brief

Wenn im zweiten Brief vom Nicht-Aufnehmen der Verführer die Rede ist, so handelt es sich hier um das Aufnehmen der wahren Diener.

Einteilung des Briefes

  • Verse 1-4 Die Wahrheit ist die Grundlage des gottgemässen Wandels
  • Verse 5-8 Die Liebe zeigt sich in der Treue
  • Verse 9-10 Das öffentliche Böse
  • Vers 11 Die Nachahmung des Guten
  • Vers 12 Das Beispiel des Demetrius
  • Vers 13-15 Gedankenaustausch unter Gläubigen

Vers 1

Der Älteste. Hier, wie im zweiten Brief, ist damit ein alter Mann gemeint. Von den Zeugen, die den Herrn gesehen und seine Worte gehört hatten, war Johannes als letzter übriggeblieben. Gibt diese Tatsache seinen beiden letzten Briefen nicht ein besonderes Gewicht?

Als alter Mann, als Verantwortlicher, richtet Johannes sich an den jüngeren Gajus. Der Apostel liebte ihn, er gab auf ihn acht; der Jüngere lag ihm am Herzen. Liegen uns die Jungen in der Versammlung auch am Herzen? Lieben wir sie? Das geistliche Wachstum der Jugend ist ein Segen für die Versammlung. – Warum war Gajus vom Apostel Johannes geliebt? Weil er sich so verhielt, dass er sich diese Liebe erwarb.

Gajus bedeutet «irdisch». Als Mensch von dieser Erde hatte er die Gnade Gottes erfahren und lebte fortan im Bewusstsein seiner himmlischen Berufung auf der Erde als guter Verwalter dessen, was der Herr ihm anvertraut hatte (vgl. Lk 15 und 16).

Vers 2

Gajus war geistlich gesund. Nun wünschte ihm der Apostel das gleiche für den Leib. Wie oft ist es bei uns umgekehrt: Es geht uns geistlich schlechter als körperlich. Tragen wir genügend Sorge um unsere Seelen?

Verse 3,4

Im zweiten Brief freute sich der Apostel über solche, die er in der Wahrheit wandeln sah. Hier hört er nur von ihnen. Doch seine Freude ist nicht geringer.

Verse 5-8

Die Versammlung wird in diesem Brief dreimal erwähnt; denn die wahren Diener des Herrn sind nicht unabhängig von ihr.

Einen Diener des Herrn geleiten, ihm weiterhelfen, ihn aufnehmen – das ist der Weg, auf dem wir Mitarbeiter werden können (5. Mo 18,6-8; Tit 3,13). Der Ausdruck Mitarbeiter der Wahrheit gilt besonders auch den Schwestern, die oft die meiste Mühe bei der Aufnahme eines Dieners des Herrn haben.

Verse 9,10

Das negative Verhalten des Diotrephes legt den Finger auf manchen wunden Punkt bei uns. Wer der Grösste sein will, soll dies im demütigen Dienen ausdrücken, wie unser Meister es uns vorgelebt hat (Mt 20,27; Lk 22,26.27). Die Grösse wird am Dienst gegenüber dem Herrn gemessen.

Wenn wir den Diener aufnehmen, nehmen wir auch den auf, der ihn gesandt hat (Mt 10,40).

Viele Probleme entstehen in der Versammlung, weil wir nicht bereit sind, den letzten Platz einzunehmen. Zur Demut, dies zu praktizieren, gehört auch das Schweigen und das Warten auf den Herrn. All das können wir nur in der Schule unseres Herrn und Meisters lernen. Diotrephes arbeitete mit den Ellbogen, um seinen Willen durchzusetzen, wo doch ein Diener des Herrn vielmehr auf den Knien arbeiten sollte.

Gegen uns schwatzen – da war der Apostel miteingeschlossen! (siehe dazu 1. Tim 5,19).

Meistens geben jene, die sich wie Diotrephes verhalten, gar nicht zu, dass sie nach dem ersten Platz streben. Aber die Merkmale, die hier erwähnt sind, charakterisieren auch sie: Sie nehmen die Brüder nicht an. Sie hören nicht zu. Dafür reden sie sehr viel und kämpfen unnachgiebig.

Vers 12

Das Zeugnis ist eine ganz wichtige Sache für einen Diener des Herrn. Es wird in diesem Brief fünfmal erwähnt und immer im guten Sinn. Das Zeugnis kommt von allen, den Brüdern und Schwestern, aber auch von den Angehörigen, der Frau und den Kindern, und es wird an die Öffentlichkeit gebracht (vor der Versammlung). – Was ist das Zeugnis «von der Wahrheit selbst»? Es ist dann vorhanden, wenn sich das Verhalten des Gläubigen mit dem Wort Gottes deckt.

Vers 13

Im zweiten Brief wird neben der Tinte das Papier erwähnt, hier die Feder. Papier ist passiv und entspricht dem Brief, der an eine Frau gerichtet ist. Die Feder hingegen ist aktiv. Sie wird im dritten Brief genannt, der an einen Mann adressiert ist.

Vers 15

Freunde sind mehr als einfach Brüder, die durch den Glauben an das Erlösungswerk zur Familie Gottes gehören. Freunde stehen in einer besonders engen zwischenmenschlichen Beziehung zueinander. Sie sind in gegenseitiger Liebe miteinander verbunden.