Unermüdliche Liebe

Johannes 4,6-29

«Jesus nun, ermüdet von der Reise, setzte sich so an der Quelle nieder» (Joh 4,6).

Er war durch den Hass der hochmütigen Religionsführer, die an ihren Traditionen festhielten, aus Judäa hinausgetrieben worden. Es gab weder Raum noch Ruhe für Ihn in ihren toten Zeremonien. Und wie hätte Er in den falschen Behauptungen der Samariter Ruhe finden können? Nein, weder in Jerusalem, noch «auf diesem Berg» gab es Ruhe für den Herrn Jesus. So sass Er an der Quelle: müde, durstig, hungrig – wahrer Mensch. Mit vollkommenem Feingefühl empfand Er in seinem Geist den Hass und die Ablehnung der Juden, und in seinem Körper fühlte Er die Beschwerden des Lebens: die Hitze der Sonne auf dem langen, steinigen Weg; Er empfand Hunger und Durst. Und doch war Er Gott, der Geber lebendigen Wassers. Er war ermüdet in seinem Körper, aber unermüdlich in seiner Liebe. Und an dieser Quelle Jakobs fand Er sowohl Ruhe als auch Nahrung in der Erfüllung des Willens dessen, der Ihn gesandt hatte.

Lasst uns voll Bewunderung zu seinen Füssen sitzen und von Ihm lernen! Es ist nicht die strenge Befolgung von Vorschriften und Traditionen, die Ihm wohlgefällt. Er ist besorgt um Seelen, und die Seele dieser verrufenen Frau war für Ihn kostbar. Welch ein Anblick für uns, Ihn so zu betrachten, nachdem sein eigenes Volk Ihn verworfen und weggetrieben hatte. Nun findet Er Trost und Freude im Segnen dieser elenden Samariterin, die ihr Leben auf der vergeblichen Suche nach Glück verbraucht hatte. Er sprach zu ihr vom Vater, vom Geist, von sich selber, und wenn Er den Schleier ihres Lebens lüftete, so war es nur für einen Augenblick, damit ein einziger Blick darauf in seiner heiligen Gegenwart sie veranlasse, sich mit Abscheu davon abzuwenden und ihre Ruhe in dem zu finden, was Gott ist – der gebende Gott.

Welch ein himmlisches Licht erfüllte die Seele dieser einst so unwissenden und unglücklichen Frau, als Er sein gnädiges Werk mit ihr vollendet hatte! Gab es je eine bereitwilligere und eifrigere Zeugin als sie, die in die Stadt lief und zu den Leuten sagte: «Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe! Dieser ist doch nicht etwa der Christus?» (Joh 4,29).