In der Hosentasche eines Knaben finden sich allerlei Habseligkeiten: Bunte Steine, farbige Glasscherben, irgendein Rädchen oder andere «wichtige» Bestandteile. Für ihn sind es kostbare Schätze; für uns Erwachsene aber wertloses Zeug, das wir jetzt belächeln. Denn der erwachsene Mensch ist anspruchsvoller geworden. Er trägt in seiner «Tasche» viel grössere Dinge herum, Dinge, die ihn viel Geld und Mühe gekostet haben und vielleicht erst nach Jahren harter Arbeit sein Eigentum geworden sind. Es mögen materielle, geistige oder kulturelle Güter sein.
Wenn aber ein Mensch eine Begegnung hat mit Christus, so wird er seine «Tasche» noch einmal ausräumen. Paulus wenigstens hat es gründlich getan.
Bis zu seiner Damaskus-Stunde hatte er Vertrauen auf Fleisch. Er war «beschnitten am achten Tag, vom Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern; was das Gesetz betrifft, ein Pharisäer; was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, für untadelig befunden» (Phil 3,5.6). Dieses alles war ihm bis dahin als «Gewinn» vorgekommen.
Aber dann begegnete ihm der verherrlichte Christus, dessen Licht den Glanz der Sonne übertraf. Und da erlebte er eine radikale Umkehr. Er erkannte in Christus einen Gegenstand, grösser und schöner und herrlicher als das Beste, was er bisher erworben hatte.
Und was war die Folge? Was irgend ihm Gewinn war, das hat er um Christi willen für Verlust geachtet (Vers 7). Mit anderen Worten: Er räumte seine Tasche aus. Denn alles, was ihn hindern wollte, Christus aufzunehmen, hätte ihm Verlust des weitaus Besseren und Vortrefflicheren eingebracht. Sein Herz und sein Leben sollten fortan Christus gehören.
Zwischen der Bekehrung des Paulus und seiner Niederschrift des Philipperbriefes waren viele Jahre vergangen, Jahre unermüdlichen, hingebungsvollen Wirkens im Dienst seines Herrn. Und noch immer hatte er dasselbe Ziel vor Augen: Christus in der Herrlichkeit. Noch immer wollte er in seinem Herzen nur den einen Gegenstand haben: Christus. Vers 8 ist die Sprache des betagten Apostels in der ersten Gefangenschaft in Rom: «Ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne.»
So war also das ganze Leben des Apostels seit seiner Bekehrung ein Dauerlauf hin zu diesem einen Ziel: Christus in der Herrlichkeit. Täglich war es sein ganzes Trachten, Christus so viel als möglich zu gewinnen, Ihn zu geniessen, Ihn zu besitzen, seinen Weg zu gehen, Ihn nachzuahmen, Ihm zu dienen, bis er dann, am himmlischen Ziel angelangt, ausrufen würde: «So, nun habe ich Christus ganz gewonnen!»
Paulus hat dabei «alles eingebüßt», alles, was sein früheres Leben ausgemacht hatte, und alles, was man in dieser Welt finden kann. Aber was tat es? Christus hat ja keinen Raum gefunden in der Welt, und Er ist jetzt droben. Was sollte der, der nach Christus trachtet, noch in der Welt suchen?
Wer so lebt, lebt grundsätzlich «vollkommen» (Vers 15). Das Leben des Apostels trägt die Wesenszüge des wahren christlichen Lebens in der Kraft und Energie des Heiligen Geistes. Darum ruft er uns zu: «Seid zusammen meine Nachahmer, Brüder, und seht hin auf die, die so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt» (Vers 17).
Diese Aufforderung richtet sich also auch an uns. Auch ich soll auf derselben Bahn und in derselben Weise dem gleichen herrlichen Ziel nachjagen und fortwährend Christus für mein Herz und mein Leben zu gewinnen suchen. Wer kann die Glückseligkeit beschreiben, die ein Herz empfindet, das von Christus erfüllt ist und erfüllt bleibt? Aber diese Glückseligkeit kann schon in der nächsten Stunde schwinden, und die «Tasche» sich wieder mit anderen Dingen füllen, wenn ich im Nachjagen lässig werde.