Die Philipper und das Evangelium

Philipper 1,5.7.12.16.27

Gemeinschaft mit dem Evangelium (Phil 1,5)

Der Apostel Paulus hatte viel Ursache, um mit Freude für die Philipper zu beten, denn vom Augenblick ihrer Bekehrung an nahmen sie an der Verkündigung des Evangeliums aktiven Anteil. So soll es bei jedem Gläubigen sein. Nicht jeder hat die Gabe eines Evangelisten, aber jeder kann bei der Ausbreitung des Evangeliums eine hilfreiche Hand bieten, wenn auch nur schon darin, dass er im Gebet hinter dem Werk steht und auf diese Weise sein Interesse an der Sache zeigt. Oft sieht man, dass frischbekehrte Gläubige viel mehr Gemeinschaft mit dem Evangelium zum Ausdruck bringen als andere, die den Heiland schon seit Jahren kennen. Für uns besteht die Gefahr, dass, je weiter unsere Bekehrung hinter uns liegt, wir die Not des verlorenen Sünders umso weniger fühlen. Wir sind immer anfällig für Lauheit, geistlichen Schlaf und Trägheit. Da haben wir Ermunterung nötig, um ausharren zu können. Hier finden wir eine solche im Beispiel der Philipper. Paulus schreibt: «Ich tue für euch alle das Gebet mit Freuden, wegen eurer Teilnahme an dem Evangelium von dem ersten Tag an bis jetzt.» Er war in guter Zuversicht, dass der Herr das gute Werk, das Er in den Philippern angefangen hatte, bis auf den Tag Jesu Christi vollführen würde, denn der Apostel hatte in ihren Herzen einen festen Platz erobert. Er war davon überzeugt, dass sie wirklich bekehrt waren und für ihn weiterhin eine Stütze bleiben würden in der Verkündigung des Evangeliums.

Verteidigung und Bestätigung des Evangeliums
(Phil 1,7.16)

Nicht nur ihre Bekehrung und ihre Teilnahme an der Verkündigung des Evangeliums gaben dem Apostel diese Überzeugung. Es gab noch etwas, das die Wirklichkeit ihres Glaubens und ihres Ausharrens zeigte. Wie der Apostel Paulus, erfuhren auch sie, dass die Verkündigung des Evangeliums Verfolgung und Fesseln mit sich brachte. Sassen sie auch nicht selbst im Gefängnis, so sahen sie doch, was ihrem geliebten Apostel widerfuhr. Der Herr gab ihnen aber dieselbe Gnade, dies zu ertragen, wie Paulus.

Da war aber noch mehr: Paulus hatte die Berufung, das Evangelium zu verbreiten, aber der Böse suchte dies durch seine Anschläge zu verhindern. Satan trachtete, der Ausbreitung der guten Botschaft durch Verfolgung, aber auch durch die Verkündigung falscher Lehren zu widerstehen. Darum musste das Evangelium auch verteidigt werden. Eine solche Verteidigung finden wir zum Beispiel im Galaterbrief. Es besteht grosse Gefahr, dass diese Aufgabe vernachlässigt wird. Man fährt mit der Predigt des Evangeliums fort, beschäftigt sich aber, um alle Schwierigkeiten zu vermeiden, nicht mit der «Lehre». Die Folge davon ist oft die, dass die Neubekehrten allerlei Irrtümern zum Opfer fallen. Die Gläubigen in Philippi empfingen aber dieselbe Gnade wie der Apostel, um die Wahrheit des Evangeliums gegen die listigen Anläufe des Bösen zu verteidigen. Doch gibt es nicht nur «negative» Arbeit in der Abwehr von Angriffen zu tun, nein, da ist auch die erfreulichere Aufgabe, die ebenso nötig ist: die Bestätigung des Evangeliums. Der Apostel betrachtete auch diesen Auftrag als eine ihm gegebene Gnade Gottes. Dass er diese Arbeit nicht versäumte, geht aus dem Beweggrund zu seiner zweiten Missionsreise hervor: «Lass uns nun zurückkehren und in jeder Stadt, in der wir das Wort des Herrn verkündigt haben, die Brüder besuchen und sehen, wie es ihnen geht» (Apg 15,36), und aus den Briefen, die er an die verschiedenen Versammlungen sandte. Auch an dieser Gnade hatten die Philipper Anteil. Sie waren nicht zufrieden mit einer oberflächlichen Evangeliumsverkündigung; sie sahen darauf, dass das Evangelium auch in den Herzen befestigt wurde.

Förderung des Evangeliums
(Phil 1,12)

Wir sind geneigt zu denken, dass Bewegungsfreiheit die erste Bedingung zur Verbreitung des Evangeliums sei. Der Apostel lehrt aber die Philipper und uns, dass Gott auch Verfolgung und Fesseln dazu gebrauchen kann, ja, dass dergleichen Dinge mehr zur Förderung des Evangeliums dienen. Die Gefangenschaft des Apostels hatte in besonderer Weise dieses schöne Resultat. Erstens wurde im ganzen Prätorium bekannt, wofür er gefangen sass. An sich war das schon eine Evangeliumsverkündigung. Auch wurden die Brüder in Rom und anderen Orten dadurch ermuntert statt abgeschreckt. Die Standhaftigkeit des Paulus und der Halt, den er in Gott fand, gaben ihnen desto mehr Mut, das Wort ohne Furcht zu verkündigen. – Auch darin liegt eine Lehre für uns. Wir lassen uns so leicht durch alle Widerstände aufhalten. Wenn wir aber in den Schwierigkeiten den Mut nicht verlieren, ist dies für die Welt gerade der Beweis, dass wir eine wertvolle Botschaft zu bringen haben.

Viele Brüder predigten, durch die Gefangenschaft von Paulus gestärkt, das Evangelium ohne Furcht. Sie wussten, dass der Apostel zur Verantwortung des Evangeliums gesetzt war (Vers 16). Satan meinte durch die Gefangenschaft von Paulus die Predigt des Evangeliums aufhalten zu können, aber die Brüder begriffen ihre Aufgabe und arbeiteten in dieser Sache mit dem Apostel. Einige zwar predigten die gute Botschaft aus Neid. Sie konnten den grossen Apostel nicht neben sich dulden, weil dann ihr Stern nicht hell genug schien. Sie suchten in der Rettung von Sündern ihre eigene Ehre und meinten, den Apostel dadurch kränken zu können, dass durch ihre Predigt Menschen zur Bekehrung kamen, während Paulus gebunden war und nicht tätig sein konnte. Doch sie erreichten ihr Ziel nicht, denn dieser Nachfolger Jesu freute sich nur, wenn das Evangelium verkündigt wurde, aus welchen Motiven es auch immer geschah. Nehmen wir an ihm ein Beispiel!

Wandelt nur würdig des Evangeliums
(Phil 1,27)

Es war für den Apostel viel Grund vorhanden, für die Gläubigen in Philippi zu danken; aber er wusste auch, dass Satan immer auf der Lauer liegt. Daher vergass er nicht, sie zu ermahnen, dass ihr Wandel mit der Botschaft, die sie verkündigten, in Übereinstimmung sein müsse. Nichts schadet dem Zeugnis eines Christen mehr, als ein Wandel, der seinen Worten widerspricht. Bei den Philippern sehen wir, dass Streitsucht, das Suchen eigener Ehre und Uneinigkeiten einzudringen drohten. Daher die Ermahnung: «Steht fest in einem Geist, indem ihr mit einer Seele mitkämpfet mit dem Glauben des Evangeliums» (Phil 1,27). – Solche Ermahnungen haben auch wir nötig. Nichts aus Streitsucht tun, den anderen höher achten als uns selbst, die Gesinnung Christi offenbaren – fällt uns so schwer. Selbst in der Arbeit, die wir durch Gottes Gnade für den Herrn tun, können wir so leicht die eigene Ehre im Auge haben. Unser eigenes «Ich» im praktischen Leben gekreuzigt zu halten, müssen wir täglich lernen. Der Herr helfe uns zu einem Wandel:

  • «würdig der Berufung, mit der wir berufen worden sind» (Eph 4,1);
  • «würdig des Gottes» (1. Thes 2,12);
  • «würdig des Herrn» (Kol 1,10);
  • «würdig des Evangeliums» (Phil 1,27).

Der Glaube des Evangeliums
(Phil 1,27)

In Einmütigkeit sollten die Philipper mit dem Glauben des Evangeliums mitkämpfen. Die frohe Botschaft stellt uns nichts Sichtbares vor, sondern fordert Glauben an die Verkündigung von Dingen, die nicht gesehen werden. Und wo der Mensch geneigt ist, wie Thomas, das Evangelium erst anzunehmen, nachdem etwas Sichtbares oder Greifbares wahrgenommen werden kann, da haben wir für den Glauben des Evangeliums zu kämpfen. Nicht kämpfen in eigener Kraft, sondern im Glauben des Evangeliums. Wenn wir dies tun und uns nicht erschrecken lassen durch die Widersacher, dann ist dies für alle Feinde des Evangeliums der Beweis, dass sie ihrem Verderben entgegengehen, auch wenn sie ihre Augen davor verschliessen. Für uns aber ist es der Beweis, dass wir das Heil erben werden. Gott bezeugt uns dadurch, dass wir selbst würdig geachtet sind, für Christus zu leiden. Das ist der Kampf, den wir im Leben des Apostels Paulus sehen können und wozu auch wir berufen sind.