Die Prüfungen der Wüste

Die Prüfungen der Wüste stellen die Natur auf die Probe; sie bringen hervor, was im Herzen ist. Freunde verlassen uns; so manche Stütze, auf die wir unser Vertrauen gesetzt haben, bricht; Mitarbeiter ermüden und wenden sich von uns ab; Mirjams und Aarons sterben – aber Gott bleibt. Und wenn unser Herz mit dem lebendigen Gott erfüllt und unser Auge auf Ihn gerichtet ist, so brauchen wir nichts zu fürchten. Wenn wir sagen können: «Der Herr ist mein Hirte,» so können wir auch mit aller Gewissheit hinzufügen: «mir wird nichts mangeln … Güte und Huld werden mir folgen alle Tage meines Lebens.» Die Hilfsquellen des Herrn sind unerschöpflich. Er kann ein Herz, das Ihm vertraut, nie beschämen. Lasst uns stets daran denken! Es erfreut das Herz Gottes, wenn wir von Ihm und seiner Gnade einen ausgiebigen Gebrauch machen. Nie wird es Ihm zu beschwerlich, nie ermüdet Er, die Bedürfnisse der Seinen zu stillen. Der Weg durch diese Wüste bringt allerdings zum Vorschein, was in uns ist – und das ist heilsam für uns – aber er offenbart auch, was in Gott ist für uns.

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Es gibt kein Bedürfnis des Herzens, das nicht in Jesus gestillt werden könnte.

  • Verlangt es nach aufrichtigem Mitgefühl? Wo könnte es solches finden, wenn nicht in Ihm, der seine Tränen mit denen der betrübten Schwestern von Bethanien vermischte, die ihren geliebten Bruder verloren hatten?
  • Sehnt es sich nach dem Genuss einer innigen Zuneigung? Wo gäbe es eine Liebe wie in jenem Herzen, das auf Golgatha im Tod brach?
  • Sucht es den Schutz einer wirklichen Macht? Es braucht nur auf den zu blicken, der die Welten gemacht hat.
  • Fühlt es das Bedürfnis nach einer nie irrenden Weisheit? Es kann sich getrost an Ihn wenden, der uns von Gott zur Weisheit gemacht ist.

Mit einem Wort, wir haben alles in Christus.

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Wenn Tage der Prüfung dein Teil sind, dann verweile viel in der Gegenwart dessen, der ein Gott allen Trostes ist, und der nicht über Vermögen versucht werden lässt. Du wirst erfahren, wie selbst die von Ihm gesandte Trübsal in seiner Hand ein Mittel ist, um sein stets in Liebe tätiges, mitfühlendes Herz kennen zu lernen, und wie du ebenso sehr Ursache hast, Ihm für die bösen wie für die guten Tage zu danken. – Sind aber Tage der Ruhe dein Teil, dann verweile erst recht in der Nähe des Herrn. In solchen Tagen ist Gefahr im Verzug; denn wenn der Weg des Christen glatt und eben ist, wie leicht schleichen sich dann Trägheit und Gleichgültigkeit ein, und wie schnell gewinnen die Dinge dieser Welt neuen Reiz für Auge und Herz!

Die Stunde, die uns zu Gott bringt, führt uns auch in die Wüste. Die Welt wird eine Wüste für uns. Doch Gott sei gepriesen! Christus ist vor uns hindurchgegangen, und Er sagt: «In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden» (Joh 16,33).

Bald sind wir am Ziel, im Vaterhaus, bei Jesus, unserem geliebten Herrn. Dort gibt es keine Stürme und keine Wüstenerfahrungen mehr; eine ewige Fülle wird uns umgeben. Aber heute schon sagen wir voll Zuversicht: «Alle meine Quellen sind in dir» (Ps 87,7).