Vertrauen

Der Mensch vertraut auf sein eigenes Herz, auf seine Intelligenz, auf seine Kraft und seine Reichtümer, auf seine Freunde und selbst auf die wechselnden Umstände. Er sucht alle diese Hilfsquellen in der Welt. Er vergisst, dass es einen Gott gibt, der uns sagt: «Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht und dessen Herz von dem HERRN weicht!», aber auch: «Gesegnet ist der Mann, der auf den HERRN vertraut und dessen Vertrauen der HERR ist!» (Jer 17,5.7).

Fluch auf der einen, Segen auf der anderen Seite.

Wie kostbar sind die Folgen eines unbedingten Vertrauens in Gott für den, der es besitzt! Das Wort zählt mehrere auf: Ein solcher ist glückselig. «wer auf den HERRN vertraut, ist glückselig» (Spr 16,20). «Glückselig der Mann, der den HERRN zu seiner Zuversicht macht» (Ps 40,5). Er geniesst einen tiefen Frieden: «Den festen Sinn bewahrst du in Frieden, in Frieden; denn er vertraut auf dich» (Jes 26,3). Sein Herz ist in Ruhe. Da sich sein Herz auf Gott stützt, ist es in allen Umständen still (Jes 30,15; Ps 37,7). Er ist in Sicherheit (Ps 4,9).

Das Wort zeigt uns auch, wie sehr dieses Vertrauen Gott wohlgefällig ist; seine Güte und seine Gunst ruhen auf denen, die davon erfüllt sind: «Gütig ist der HERR gegen die, die auf ihn harren, gegen die Seele, die nach ihm trachtet» (Klgl 3,25). Es zeigt uns Beispiele von Menschen, die dieses Vertrauen verwirklicht haben, und nennt die Segnungen, die für sie daraus hervorgingen. Es gibt uns aber auch Beispiele von solchen, die darin gefehlt haben und die die traurigen Folgen dieses Zustandes erleiden mussten.

Lasst uns nicht Jakob nachahmen, dem es in seinem ganzen Leben an Vertrauen in Gott fehlte und der am Ende bekennen musste, dass die wenigen Tage seiner Lebensjahre böse waren. Als der HERR zu ihm sagte: «Kehre zurück in das Land deiner Väter, und … ich will mit dir sein» (1. Mo 31,3), wie viel List wendete er da an gegenüber Laban, wie viele Vorsichtsmassnahmen gegenüber Esau, den er fürchtete! Er anerkannte wohl: «Ich bin zu gering all der Gütigkeiten und all der Treue, die du (Gott) deinem Knecht erwiesen hast» (1. Mo 32,11), aber es fehlte ihm am Vertrauen, und er war von Furcht erfüllt. Und doch: Alle seine Vorsorge war unnötig! Gott hatte das Herz Esaus zu Jakob geneigt, und er eilte ihm entgegen, umarmte und küsste ihn. Welche Beschämung für den armen Jakob!

Das Leben Davids verlief ganz anders, und wie gross war sein Vertrauen in seinen Gott! Als er gesündigt hatte und Gott ihm eine Züchtigung auferlegte – wobei David zwischen drei Übeln wählen durfte – da zögerte er nicht, sich den Händen Gottes anzuvertrauen, den er beleidigt hatte, viel lieber als den Händen der Menschen. Er sagte zum Boten Gottes: «Mögen wir doch in die Hand des HERRN fallen, denn seine Erbarmungen sind gross; aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen!» (2. Sam 24,14).

Wie zahlreich sind im Wort die Beispiele von Antworten, die Gott denen erteilt, die auf Ihn trauen. Es gibt keinen Fall, in dem Gott nicht dadurch geantwortet hätte, dass Er weit mehr gab, als man hoffen oder denken konnte. Dem Glauben stehen Gottes Macht, Güte und Liebe zur Verfügung. Daniel in der Löwengrube wie auch die drei Freunde im Feuerofen haben es erfahren.

Wie klein sind wir neben solchen Männern! Gott muss uns immer wieder sagen: «Seid um nichts besorgt», und Er gibt doch unseren schwachen Herzen so kostbare Hilfsquellen! Er ermuntert uns, mit Vertrauen dem Thron der Gnade zu nahen, um rechtzeitige Hilfe zu empfangen, und wir dürfen unsere Anliegen mit Gebet und Flehen vor Ihm kundwerden lassen. Er will dann den Balsam des Friedens in unsere Herzen giessen, den Frieden, der allen Verstand übersteigt, und unsere Gedanken und Herzen auf Christus richten.

Woher hatten alle diese heiligen Männer des Alten Testaments ein solches Vertrauen? Waren sie nicht Sünder? Wussten sie nicht, dass vor Gott alle Menschen Schuldner sind? Ohne Zweifel war es ihnen noch unbekannt, was Gott in seiner Gnade für sie in Bereitschaft hielt. Sie wussten noch nicht, dass, wenn Gott sie ertrug, ihnen Güte erwies und sie segnete, es deshalb war, weil Er in seiner Liebe seinen Sohn zu ihrer Errettung hingeben würde. Aber sie hatten Glauben, und dieser gab ihnen Vertrauen. Gott hatte ihnen Verheissungen gegeben und erklärt, dass Er barmherzig und gnädig sei, langsam zum Zorn und gross an Güte und Wahrheit. Er rechtfertigte sie und liess sie im Voraus an der Reinigung ihrer Sünde durch das Blut Christi teilhaben.

In ihren Schwierigkeiten und ihrer Trübsal wandten sich diese Männer des Glaubens an Gott. Wenn Jeremia sagen konnte: «HERR, ich habe deinen Namen angerufen aus der tiefsten Grube. Du hast meine Stimme gehört; verbirg dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, meinem Schreien! Du hast dich genaht an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst: Fürchte dich nicht!» (Klgl 3,55-57).

Wenn es uns am Vertrauen fehlt, das diese Männer einst bewiesen, wie sehr haben wir uns da zu demütigen! Zu wenig Vertrauen in einen solchen Gott, der Liebe ist, der uns errettet, der uns zu seinen Kindern gemacht, der uns in Christus mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet hat, der uns Tag für Tag mit Güte krönt, der selbst die Haare unseres Hauptes zählt!

«Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine grosse Belohnung hat. Denn ihr habt Ausharren nötig» – Ausharren der Hoffnung – «denn noch eine ganz kleine Zeit, und der Kommende wird kommen und nicht ausbleiben» (Heb 10,35.37).

Schwach sein im Vertrauen, heisst schwach im Glauben sein; «der Gerechte aber wird aus Glauben leben».

Wenn wir uns an all die Gnade und Güte Gottes erinnern, die Er uns im vergangenen Leben erwiesen hat, so ermuntert uns dies, alle unsere Sorgen auf Ihn zu werfen, der für uns besorgt ist, und jede Bürde, damit wir mit Ausharren den vor uns liegenden Wettlauf zu laufen vermögen, hinschauend auf Jesus, der durch den Mund des Psalmisten gesagt hat: «Bewahre mich, o Gott, denn ich suche Zuflucht bei dir!» (Ps 16,1).