Anwendungen aus dem Buch Ruth (2)

Ruth 2

Auf dem Feld von Boas

Das Beispiel von Ruth, wie sie auf dem Feld von Boas Ähren aufliest und eine Begegnung mit ihm hat, zeigt zwei wichtige Voraussetzungen für geistliches Wachstum. Zum einen muss man die rechte Nahrung aufnehmen, die Milch des Wortes Gottes. Zum anderen ist es nötig, dass wir Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus pflegen und Ihm immer näher kommen.

Beides finden wir – in der geistlichen Anwendung – auf dem Feld von Boas. Dieses Feld spricht vom Ort, wo Gläubige im Namen des Herrn versammelt sind. Dort bekommen wir geistliche Speise, wenn das Wort Gottes verkündigt wird. Dort haben wir auch eine Begegnung mit dem Herrn Jesus, dem wahren Boas. Deshalb die Fragen: Auf welchem Feld halte ich mich auf? Wo beschaffe ich mir geistliche Nahrung? Bin ich mit anderen Gläubigen immer wieder in der Gegenwart des Herrn versammelt, um Nahrung aufzunehmen und eine Begegnung mit Ihm zu haben?

Diese und weitere Belehrungen erhalten wir aus dem zweiten Kapitel des Buches Ruth.

Reif zur Ernte

Die Felder von Boas sind erntereif. Machen wir uns auf, um diese Felder auch abzuernten? Gott hat uns den unergründlichen Reichtum des Christus geschenkt. Er zeigt uns in seinem Wort, was für grossartige Segnungen wir in Christus besitzen. Interessiere ich mich dafür und beschäftige ich mich damit? Da ist meine Initiative gefragt. Gott erwartet, dass ich das, was Er mir geschenkt hat, auch kennen lernen möchte und es mir zu eigen mache. Paulus betete für die Epheser, «damit der Gott unseres Herrn Jesus Christus … euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst, damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisst, welches die Hoffnung seiner Berufung ist» (Eph 1,17.18). Gott möchte, dass wir das, was Er uns in seiner unendlichen Gnade geschenkt hat, kennen und darin leben. Dafür ist auf unserer Seite Fleiss notwendig. Ruth ist uns in ihrem Eifer ein anspornendes Vorbild.

Die Schnitter

Auf dem Feld von Boas war Ruth nicht allein. Wenn es um Nahrungsaufnahme ging, war sie nicht auf sich allein gestellt. Zum einen war da Boas, der ein Auge auf sie hatte. Zum anderen hatte er dort seine Leute, die ihr behilflich waren: Die Schnitter mähten das Feld und stellten die Nahrung bereit, so dass sie aufgelesen werden konnte. Darüber hinaus gab es den Knecht, der die Schnitter in der Arbeit anführte.

Die Schnitter stellen in der geistlichen Anwendung Gläubige dar, die uns bei der Beschaffung und Aufnahme von geistlicher Nahrung behilflich sind. Wir denken dabei an die Gaben, die der Herr seiner Versammlung gegeben hat – «zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus, bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Mass des vollen Wuchses der Fülle des Christus; damit wir nicht Unmündige seien, hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre …, sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus» (Eph 4,12-15).

Der Knecht über die Schnitter

Der Knecht, der über die Schnitter bestellt war, weist auf den Heiligen Geist hin, der die Gaben und ihre Wirkungen hervorruft: «Alles aber wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilend, wie er will.» Welche Dienste der Geist gibt, schreibt der Apostel vorher: «Dem einen wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, einem anderen das Wort der Erkenntnis …» (1. Kor 12,4-11).

Solche Gaben und Dienste hat uns der Herr geschenkt, um uns beim Sammeln der Nahrung zu helfen. Wir dürfen diese Hilfen dankbar annehmen, auch dann, wenn sie uns ihren Dienst in schriftlicher Form hinterlassen. Eine gute Auslegung oder Erklärung macht uns den gelesenen Bibelabschnitt verständlicher, damit wir leichter «auflesen» können.

Boas spricht Ruth an

Wenn der Herr auch Menschen als seine Werkzeuge zu unserer Hilfe benutzt, solche, die «das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneiden» (Fussnote zu 2. Tim 2,15), so ist die geistliche Nahrung doch nie von seiner eigenen Person zu trennen. Letztlich ist Er es, der gibt: Aller Segen kommt von Ihm. So hat es auch Ruth erfahren.

In Kapitel 2,8 lesen wir, dass Boas Ruth ganz persönlich anredete. Er sprach ihr Mut zu und ermunterte sie, so dass sie bezeugen konnte: «Du hast mich getröstet und zum Herzen deiner Magd geredet» (Rt 2,13).

Das tut der Herr Jesus auch heute durch sein Wort. Er möchte uns persönlich ansprechen und sucht, unsere Herzen zu erreichen. Er will uns für sich erwärmen. Das durften die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus erleben, als Jesus mit ihnen ging und ihnen die Schriften öffnete. Anschliessend bekannten sie: «Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg zu uns redete und als er uns die Schriften öffnete?» (Lk 24,32). Ihre niedergeschlagenen Herzen waren neu für ihren Herrn angefacht worden. Das gab ihnen Kraft, nach Jerusalem zurückzukehren und von Ihm zu zeugen (Lk 24,33-35).

Die Zeit des Essens

Speise von Boas

Zur Essenszeit wurde Ruth von Boas eingeladen: «Tritt hierher und iss vom Brot und tauche deinen Bissen in den Essig.» Er selbst reichte ihr geröstete Körner (Rt 2,14).

Zum einen ist es der Herr selbst, von dem wir unsere geistliche Nahrung empfangen. Zum anderen spricht auch das, was Er uns gibt, von Ihm. Der Herr Jesus möchte uns mit sich beschäftigen und uns etwas von sich selbst mitteilen, wenn Er uns die Schriften öffnet. So tat Er es auch bei den Jüngern, mit denen Er nach Emmaus ging: Aus allen Schriften erklärte Er ihnen das, was Ihn selbst betraf (Lk 24,27). Der Christus der Schriften – das ist für uns geistliche Nahrung, durch die wir im Glauben wachsen.

Ruth empfing von Boas zwei Arten von Speise. Zuerst forderte er sie auf, vom Brot zu nehmen, dann reichte er ihr geröstete Körner. Beides hat eine geistliche Bedeutung für uns.

Brot

Die symbolische Bedeutung des Brotes erklärt der Herr Jesus in Johannes 6, wo Er sich selbst als das Brot des Lebens bezeichnet, das aus dem Himmel herabgekommen ist. Das Brot ist also ein Bild vom Herrn Jesus, der als vollkommener Mensch auf die Erde gekommen ist und Gott in seinem Leben als Mensch durch bedingungslosen Gehorsam und vollkommene Hingabe verherrlicht hat. Damit möchte Er uns beschäftigen und uns so für unseren Wandel auf der Erde innerlich ausrüsten. In diesem Sinn fordert uns der Schreiber des Hebräer-Briefs auf: «Betrachtet den, der so grossen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet» (Heb 12,3). Diese Speise brauchen wir, um dem Herrn Jesus auf der Erde nachfolgen und in seinen Fussspuren gehen zu können. Er ist unser grosses Vorbild.

Geröstete Körner

Boas hatte allerdings noch etwas anderes für Ruth: Er gab ihr auch geröstete Körner. Sie waren die charakteristische Speise des Landes Kanaan. Nachdem die Israeliten durch den Jordan gezogen und in das verheissene Land gekommen waren, hörte das Manna auf. Nun assen sie die Speise des Landes: geröstete Körner (Jos 5,11). Sie weisen ebenfalls auf den Herrn Jesus hin, aber in einem anderen Charakter als das Brot. Sie sprechen von Ihm, wie Er durch das Feuer des Todes gegangen, auferstanden und nun verherrlicht im Himmel ist. Auch damit möchte uns der Herr Jesus beschäftigen. Als der verherrlichte Christus im Himmel will Er der Anziehungspunkt unserer Herzen sein, damit wir auf das sinnen, was droben ist, wo der Christus ist (Phil 3; Kol 3,2).

Mit dem verherrlichten Christus im Himmel sind wir heute schon verbunden. Alle geistlichen Segnungen, die Gott uns geschenkt hat, besitzen wir in Ihm und durch Ihn. Mit Ihm sind wir lebendig gemacht und auferweckt worden. In Ihm und mit Ihm sitzen wir in den himmlischen Örtern (Eph 2,5.6). Deshalb sollen wir auch von den gerösteten Körnern nehmen und uns von der Speise des Landes ernähren. Gott möchte, dass wir uns vom verherrlichten Christus nähren und uns mit den Segnungen beschäftigen, die wir in Ihm und durch Ihn empfangen haben.

Zur Essenszeit

Das alles spielte sich zur Essenszeit ab. Es gab also auch damals schon festgelegte Zeiten, wo man Nahrung zu sich nahm. Solche festen Zeiten sind wichtig, nicht nur im natürlichen Bereich, wo wir sie uns so schnell nicht nehmen lassen, sondern auch im geistlichen Bereich. Haben wir solche fixen Zeiten, wo wir persönlich geistliche Nahrung zu uns nehmen, wo wir die Bibel lesen und uns mit dem Herrn Jesus beschäftigen? Versammeln wir uns regelmässig an dem Ort, wo Er in der Mitte der Seinen ist und durch sein Wort geistliche Nahrung austeilt? Das sind Zeiten der Gemeinschaft mit «Boas», wo wir etwas von Ihm empfangen, wo wir innerlich zu Ihm hingeführt werden und Er gross für uns wird. Das machte das gute Teil aus, das Maria von Bethanien erwählt hatte, als sie sich zu den Füssen des Herrn Jesus niedersetzte und seinem Wort zuhörte.

Auswirkungen aus der Gemeinschaft mit dem Herrn

Persönlicher Segen

Die Beschäftigung mit dem Herrn Jesus hat bei uns persönlich zwei Auswirkungen. Zum einen sind wir das, was wir essen. Die Nahrung, die wir zu uns nehmen, prägt uns, sie wird zu einem Teil von uns selbst. Das ist im Natürlichen wie im Geistlichen der Fall. Wenn wir den Herrn Jesus als Speise in uns aufnehmen, wenn wir uns von Ihm ernähren, wird das nicht ohne Auswirkungen bleiben: Christus wird in unserem Leben sichtbar werden. Wir schauen die Herrlichkeit des Herrn an und werden in sein Bild verwandelt (2. Kor 3,18). Wir werden Ihn ausstrahlen und seine Tugenden hier verkündigen (Phil 2,16; 1. Pet 2,9). Das Leben Jesu wird in meinem sterblichen Leib sichtbar (2. Kor 4,10).

Zum anderen wachsen wir durch die Beschäftigung mit dem Herrn Jesus in der Erkenntnis seiner Person. Er selbst wird uns grösser und wir werden von Ihm überwältigt. Das ist eine Voraussetzung für echte Anbetung. Dieser Gedanke führt uns wieder zu Maria von Bethanien. Sie hatte sich von den Worten des Herrn Jesus ernährt. Dadurch war sie in der Erkenntnis seiner Person gewachsen. Er war ihr über alles gross geworden. So konnte sie Ihm bei passender Gelegenheit das Beste geben – das sehr kostbare Salböl, das sie für Ihn aufbewahrt hatte und mit dem sie zum Ausdruck brachte, was Er ihr bedeutete (Joh 12,3).

Segen für andere

Die dritte Auswirkung betrifft nicht uns, sondern Menschen in unserem Umfeld. Weil Ruth bei Boas aufgelesen hatte, weil sie sich in seiner Nähe aufgehalten und von ihm einen Segen empfangen hatte, war sie in der Lage, anderen etwas mitzuteilen und dadurch anderen zum Segen zu sein. Als sie Noomi von Boas erzählte, lebte das Herz ihrer Schwiegermutter auf (Rt 2,20). So können auch wir, wenn wir uns beim Herrn Jesus aufgehalten haben, anderen seine Person gross machen.

Bei Boas sein

In Kapitel 3 finden wir noch eine vierte Auswirkung davon, dass Ruth auf dem Feld von Boas aufgelesen hatte. Weil sie eine Begegnung mit ihm hatte und er ihr gross geworden war, bekam Ruth das Verlangen, für immer bei Boas sein. Sie wollte zu ihm gehören und seine Frau werden, denn sie fühlte sich von ihm angezogen.

Uns wird es nicht anders ergehen: Wenn wir uns mit dem Herrn Jesus beschäftigen, wird Er uns gross. Als Folge davon wünschen wir, noch näher bei Ihm zu sein. Im Gegensatz zu Ruth (und dem zukünftigen Überrest aus Israel) sind wir zwar heute schon mit Ihm verbunden. Wir sind keine Fremdlinge, die darauf hoffen, dass «unser Boas» als Löser für uns eintritt. Nein, wir sind bereits erlöste Kinder Gottes. Wir sind solche, die durch das Blut des Christus nahe geworden sind. Dennoch warten wir auf den grossen Moment, wenn Er kommt, um uns zu sich zu holen. Dann werden wir Ihn sehen, wie Er ist, und für immer bei Ihm sein.

Haben wir auch dieses brennende Verlangen wie Ruth, bei Christus zu sein? Sind unsere Herzen vom Gedanken an das Kommen des Herrn Jesus erfüllt? Denken wir jeden Tag daran und reden wir davon? Die Christen in Thessalonich lebten in dieser Erwartung (1. Thes 1,10). Ist diese Hoffnung auch für uns lebendig und macht sie uns glücklich? Wenn nicht – liegt es vielleicht daran, dass wir uns zu wenig mit dem Herrn Jesus beschäftigen? Wir wollen uns Ruth zum Vorbild nehmen und fleissig auf dem Feld des wahren Boas auflesen, damit wir immer wieder Begegnungen mit Ihm haben und Er uns grösser wird!