Es gibt drei Dinge, die manchen Kindern Gottes viel zu schaffen machen und die man in Wahrheit «schlimme Übel» nennen kann.
Ein gesetzlicher Geist
Dieses Übel kommt sehr häufig vor und ist schwer zu beseitigen. In vielen Fällen ist es so hartnäckig, dass es dem Gläubigen bis ans Ende anhaftet und ihm jenen Frieden und jene Freiheit raubt, die das eigentliche Teil aller Kinder Gottes sind.
Es tritt in verschiedenerlei Weise zu Tage. Es stört die Seele im Genuss der freien, unumschränkten Gnade Gottes und der Errettung, die jene Gnade vollbracht hat, und stimmt den ganzen Ton des Lebens und Charakters herab. Auch verfälscht es den Charakter Gottes, indem es Ihn als einen strengen Forderer hinstellt, der unerbittlich die Leistung einer gewissen Anzahl von Pflichten verlangt, anstatt Ihn als einen gütigen Geber erscheinen zu lassen, der an der dankbaren Anbetung glücklicher Kinder seine Wonne hat. Mit einem Wort, ein gesetzlicher Geist türmt eine schwere, dunkle Wolke zwischen der Seele und Gott auf, und bringt damit alles in Verwirrung. Ohne Zweifel ist es gut und Gott wohlgefällig, dem Buchstaben der Schrift die gewissenhafteste Beachtung zu schenken und den ernsten Wunsch im Herzen zu haben, sich so zu bewegen, wie jener Buchstabe es einschärft. Aber ein gesetzlicher Geist macht alles kalt, förmlich, unfreundlich. Der Dienst wird als eine schwere Pflicht betrachtet und nicht als eine Quelle der Freude. So durchkältet der gesetzliche Geist die Gefühle und behindert ihr Ausströmen, selbst zu Gott hin.
Was ist nun das Heilmittel für dieses Übel? Es ist, mit einem Wort gesagt, die Gnade. Ja, Gnade ist das grosse, sichere Heilmittel für einen gesetzlichen Geist. Verschaffen wir der freien Gnade Gottes in all ihrer Lieblichkeit und himmlischen Kraft Eingang in die Seele. Trachten wir danach, Gott kennen und geniessen zu lernen in seinem wahren Charakter als Geber, als den, der unter den Lobgesängen seines erlösten Volkes wohnt. Lasst uns im Glauben die Tatsache verwirklichen, dass wir nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade sind, dass jedes Joch zerbrochen, jede Fessel zerrissen ist, dass Gott uns in Christus sieht, dass wir geliebt sind wie Er, gewaschen und Gott nahegebracht durch sein Blut. Lasst uns diese göttlichen Wirklichkeiten in der Kraft eines einfältigen, kindlichen Lebens ergreifen, und die Schatten eines gesetzlichen Geistes werden entfliehen. Ein in der Gnade gegründetes Herz ist nicht nur glücklich, sondern auch eifrig im Dienst des Herrn.
Wenden wir uns zu dem zweiten Übel, dem
krankhaften Gewissen
Auch dieses tritt in verschiedenerlei Weise auf und bereitet der Seele viel niederdrückende, kummervolle Arbeit. Unaufhörlich schafft es Schwierigkeiten und weckt Zweifel und Befürchtungen. Anstatt sich von den klaren Geboten des Wortes Gottes leiten zu lassen, steht es unter der Wirkung seiner eigenen törichten Eingebungen und Befürchtungen. Wer nicht selbst schon mit diesem Übel zu tun gehabt hat, kann sich keinen Begriff von der Zahl der Leiden machen, die es dem bereitet, der an ihm leidet. Verbindet sich nun gar – und das ist nicht selten der Fall – ein krankhaftes Gewissen mit einem gesetzlichen Geist, dann steht die arme, gequälte Seele dem Frieden und der Freude im Glauben als eine völlig Fremde gegenüber.
Nun, und was ist das Heilmittel für dieses grosse Übel? Es ist die Wahrheit, die einfache, lautere Wahrheit Gottes, die Autorität der Heiligen Schrift, das in unmittelbare Berührung mit dem Wort gebrachte Gewissen, die Unterwerfung unter dieses Wort allein. Auf diesem Weg wird die Seele ausschliesslich von den Ansprüchen der göttlichen Wahrheit beherrscht und von ihren eigenen Gedanken und ängstlichen Befürchtungen befreit.
Die Wirkungen des dritten Übels, des
Beschäftigtseins mit sich selbst
zu verfolgen, ist unmöglich, so mannigfaltig und verschieden sind sie. Es gibt wohl keinen Menschen, dem dieses Übel gänzlich unbekannt wäre. Ein mit sich selbst beschäftigtes Herz bringt den Menschen dahin, Dinge und Personen zu betrachten und zu werten nach dem Verhältnis, in dem sie zu ihm stehen. Man beurteilt den Wert anderer danach, wie sie einem angenehm sind. Man neigt zu Personen hin, die einem in Geschmacksrichtung, Gefühlen und Meinungen passen, während man sich gegen andere ablehnend verhält. Man liebt solche, die mit den eigenen Ansichten übereinstimmen. Mit einem Wort, man beurteilt Menschen und Dinge nicht etwa nach ihrem Verhältnis zu Christus und seinen Interessen, sondern nach dem Verhältnis, in dem sie zu dem eigenen armen Ich und dessen engem Interessenkreis stehen.
Das ist wiederum ein schlimmes Übel, das aller Gemeinschaft den Todesstoss versetzt, mag es sich um die Gemeinschaft mit Gott selbst oder mit den Seinen handeln. Und was ist das göttliche Heilmittel für dieses Übel? Es heisst: die Person Christi. Ein anderes gibt es nicht; aber dieses hilft auch unfehlbar.
So ist denn Gnade das Heilmittel für einen gesetzlichen Geist, Wahrheit das Heilmittel für ein krankhaftes Gewissen, und die Vereinigung von Gnade und Wahrheit, das heisst Christus selbst, das Heilmittel für ein mit sich selbst beschäftigtes Herz.