Wenn wir jetzt den Herrn Jesus betrachten, so sehen wir Ihn verherrlicht und vollendet vor uns, wenn ich so sagen darf. Er hat sich zur Rechten Gottes gesetzt, nachdem Er das Werk unserer Errettung vollbracht hat und aus den Toten auferweckt worden ist. Wir kennen Ihn als auferstanden, wir sehen Ihn in der Herrlichkeit, wir kennen Ihn als den, der wiederkehren wird, um uns zu sich zu nehmen. Zu der Kenntnis, die Gott uns vom Herrn Jesus gegeben hat, muss nichts mehr hinzugefügt werden.
Aber wenn uns die Erkenntnis seiner Person geschenkt ist, wenn Er sich uns in seiner ganzen göttlichen Schönheit, in seiner göttlichen Vollkommenheit vorstellt, so gibt es etwas, das uns beschämt: Wir geniessen diese Person immer in unvollständiger Weise. Wir haben Ihn in Gedanken von seinen ersten Schritten an, die Er auf dieser Erde getan hat, begleiten können, bis zum Augenblick seiner Erhöhung auf den Platz, den Er jetzt einnimmt und von woher wir Ihn erwarten.
Die Heiligen des Alten Testaments hatten dieses Vorrecht nicht. Wie vieles war den Söhnen Korahs, die diesen Psalm als «ein Lied von dem Geliebten» geschrieben haben, noch verborgen! Denn die Herrlichkeiten Christi waren ihnen nur für die Erde offenbart worden. Dieser ganze Psalm – den wir heute auf eine ganz andere Weise anwenden können als ein gläubiger Jude es zu tun vermochte – überschreitet nicht die Grenzen dessen, was ein frommer Jude über die Person Christi aussagen konnte. Daher ist es demütigend für uns, wahrzunehmen, welch tiefen Eindruck diese Person schon auf die Söhne Korahs machte.
Können auch wir sagen: «Es wallt (kocht) mein Herz von gutem Wort. Ich sage: Meine Gedichte dem König»? Ist meine Zunge der Griffel eines geübten Schreibers, um auszusprechen, was ich im Blick auf den König sehe? Ist mein Herz wie ein Gefäss auf dem Feuer (die Erkenntnis Christi), das kocht und überfliesst?
Als der Psalmist dieses sagte, brachte er lediglich zum Ausdruck, in welcher Weise der Herr Jesus, dieser Mensch, dieser einst erniedrigte Messias, dessen ganzes Leben Gnade, Sanftmut und Gerechtigkeit gewesen war, sich von neuem in dieser Welt dem Volk darstellen wird. Er sieht Ihn auf dem Wagen des Siegers, gezogen von davonjagenden Streitrossen. Er sieht Ihn als Haupt über alle Herrscher, über alle Fürstentümer der Erde, wenn Er die Herrschaft an die Hand nimmt. Er richtet die Augen auf Ihn und sagt: «Du bist schöner als die Menschensöhne.»
Für uns hat dieser einst verworfene König, dieser zukünftige König Israels, der sich zu seiner Zeit zeigen und die Zügel der Regierung in seine Hände nehmen wird, eine wunderbare Schönheit. Sie hebt unsere Herzen in einer solchen Weise empor, dass wir nicht genügend rasch, nicht genügend reichlich die Worte finden können, die den Strömen göttlicher Beredsamkeit entsprechen, die durch den Heiligen Geist über unsere Seelen fliessen, um mit unseren Zungen auszudrücken, was wir in diesem König der Herrlichkeit finden, wenn Er sich auf der Erde vorstellt.
Ja, was sollten unsere Empfindungen sein, liebe Freunde, denen dieser Teil seiner Herrlichkeiten, wovon in diesem Psalm gesprochen wird, völlig kundgemacht ist? Und man kann sagen, dass gegenüber den Teilen dieser Herrlichkeiten, die in Verbindung mit der Erde stehen, die Herrlichkeiten, die wir kennen, nämlich die Herrlichkeiten des dritten Himmels, noch viel erhabener sind. Wir können mit aufgedecktem Angesicht vor Ihm stehen, ohne eine Wolke, ohne einen Vorhang, ganz anders als die Söhne Korahs. Wenn wir uns vor dieser Herrlichkeit befinden, was sagen wir dann, liebe Freunde? Was geschieht dann? Wenn auch auf seinem Angesicht kein Vorhang ist, so lassen wir doch so oft einen Schleier sich auf unsere Augen legen, der uns hindert, Ihn zu betrachten! Die Dinge dieser Welt, die wir durchschreiten, sind wie ein Schleier, wie Wolken, die uns die Strahlen der Sonne verdecken. Ein weltlicher Gedanke, der unseren Geist durchzieht, genügt, dass sich ein solcher Schleier auf unseren Herzen ausbreitet. Bei den Söhnen Korahs war es nicht so, und auch bei uns sollte es nicht so sein.
Der Zentralpunkt unseres ganzen persönlichen Christentums ist diese Person, die unser Herz mit den Wahrheiten beschäftigt, die Gott uns enthüllt. Möchten wir es verstehen, sie zusammenzufügen, aber möchten alle zusammen unsere Herzen zu diesem Zentrum ziehen, zu dem, dem alles entspringt, zu der Person des Geliebten!
Ich will nur noch ein Ding hinzufügen: In Vers 11 wird zu der Braut gesagt: «Höre Tochter, und sieh …» Die Geleitzüge des Bräutigams und der Braut, die jeder von einem anderen Ort ausgehen, begegnen sich, und da hört die Braut dieses Wort: «Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr; und vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters! Und der König wird deine Schönheit begehren, denn er ist dein Herr: So huldige ihm!» (Verse 11,12). Wie manchmal haben wir diese schöne Stelle gelesen, die sich an unsere Herzen richtet, als eine stets neue Erbauung für unsere Seelen! Aber was uns oft hindert, den Herrn Jesus so zu betrachten, wie die Söhne Korahs es taten, in seiner Schönheit, die viel grösser ist, als die der Menschensöhne, ist einfach das, dass wir als seine Braut nicht unser Volk und das Haus unserer Väter vergessen haben, also unsere irdischen Beziehungen, unsere Bindungen mit der Erde. Wenn das unser Zustand ist, wird die Seele in grossem Mass gehemmt, den zu geniessen, dem sie begegnet und dem sie angehört. Ein Teil der Segnung, wenn nicht die ganze, ist dann verloren. Beachte, es ist nötig, die Braut daran zu erinnern, dass sie vergessen soll. Gewiss hat sie Liebe zu ihrem Bräutigam, doch wird ihr zugerufen: «Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr; und vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters!» Wenn du das befolgst, wirst du besser in die Gefühle des Herzens Christi für dich eindringen, die hier mit den Worten umschrieben werden: «Und der König wird deine Schönheit begehren.» Du hast seine Schönheit gesehen und sagst mit Überzeugung: «Du bist schöner als die Menschensöhne.» Und dann geht es darum, dass auch du dieser Schönheit würdig bist. «Der König wird deine Schönheit begehren, denn Er ist dein Herr.»
Er ist alles für uns, liebe Freunde. Ohne Ihn tauchen wir in die Finsternis; mit Ihm werden wir in das volle Licht eingeführt. Vergessen wir alles andere, lassen wir uns nicht an die Erde binden durch irgendwelche Bande, selbst nicht durch Bande, die Gott geschaffen hat – unsere Familie, unser Volk, das Haus unseres Vaters. Keines dieser Bande soll unsere Seele hindern, sich Ihm ganz hinzugeben. Nichts anderes hat irgendein Recht, über uns zu herrschen. Aus einer solchen Haltung entsteht ein Leben der Anbetung: «Er ist dein Herr, so huldige ihm.» Er ist alles für die Braut. Möchte Er auch für das Herz eines jeden einzelnen von uns alles sein; vergessen wir alles andere, unbedingt alles, was unsere Seelen zurückhalten und hindern könnte, in Verbindung mit dem zu bleiben, der «schöner ist als die Menschensöhne». Er ist Gott selbst, der «Gott mit uns», den wir hier auf der Erde auf seinen Wegen als Sohn des Menschen kennengelernt haben und den wir droben als Sohn Gottes kennen.